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Von hier direkt in die Zukunft

Ein Bericht von Tom Jost

Mit den «Insights» gaben die EWS auf dem «Schönauer Stromseminar» Einblicke in verschiedene Tätigkeitsbereiche – und eröffneten dabei vielerlei Ausblicke.

Die Mitglieder der EWS-Genossenschaft erfahren es meist aus den Geschäftsberichten von Vorstand und Aufsichtsrat. Aber auch die interessierte Kundschaft fragt gerne:« Auf welchen Ebenen sind die EWS tätig – und mit welchem Erfolg»? Beim Stromseminar Anfang Juli 2022 – nach langer Coronapause endlich wieder als Präsenzveranstaltung möglich – präsentierten unter dem Titel «Von hier direkt in die Zukunft» Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der EWS in spannenden Dialogvorträgen die Arbeit in ihren Tätigkeitsbereichen.

Klare Kante zeigen

Auf einer Bühne stehen zwei Männer vor den bunten Stelen der Veranstaltung Schönauer Stromseminar.
Peter Ugolini-Schmidt und Sebastian Sladek Foto: Bernd Schumacher

Peter Ugolini-Schmidt, Energiepolitischer Sprecher der EWS eG, und Sebastian Sladek, Vorstand der EWS eG

Kenner des politischen Betriebs in Berlin und den Landeshauptstädten wissen, dass sich im Umfeld der Parlamente und Regierungen Tausende von Interessenvertretern tummeln. Sie haben stets ein Ohr auf der Gesetzgebungsschiene, beraten im Sinne ihrer Entsender und versuchen, Einfluss zu nehmen. Allein aus der Energiewirtschaft sollen etwa 350 Personen in Berlin Lobbyismus betreiben, überwiegend aus dem Bereich der konventionellen, sprich: fossilen und atomaren Energiewirtschaft. Vertreter der Erneuerbaren Energien bilden hier aktuell ein viel zu geringes Gegengewicht.

Auch die EWS haben seit 2019 einen Energiepolitischen Sprecher in Berlin: Peter Ugolini-Schmidt. «Das ist der Mann, der bei Gesetzentwürfen und Stellungnahmen der Parteien das Kleingedruckte lesen muss», erklärt EWS-Vorstand Sebastian Sladek. Früh mitzubekommen, was genau in den Bundestagsfraktionen, Gremien und Ministerien diskutiert wird, gehört ebenso dazu. In der zweiten Jahreshälfte werde es um ein neues Strommarkt-Design gehen und um die Frage, wie man darin einen 80-Prozent-Anteil von Sonne, Wind & Co. bis 2030 versorgungssicher einbinden kann. Diese Vorhaben ordnet Ugolini-Schmidt genauer ein: «Die ‹Klimaschmutzlobby› hat die ganzen Jahre behauptet, dass sich die Erneuerbaren in einen Markt zu integrieren haben, der für die Fossilen und die Großkonzerne geschaffen worden sei. Wir sagen, es muss genau umgekehrt sein!»

Der ausladend gestikulierende Sebastian Sladek auf der Bühne.
Sebastian Sladek, Vorstand der EWS Foto: Bernd Schumacher
Blick auf das auf Stühlen sitzende Publikum, in dessen Mitte ein Mann in ein Mikrofon spricht.
Nach den Vorträgen gab es jeweils Gelegenheit, Fragen zu stellen. Foto: Bernd Schumacher
Peter Ugolinie Schmidt mit Headset auf der Bühne, hält das Ohr ins Publikum hinein.
Peter Ugolini-Schmidt, Energiepolitischer Sprecher der EWS Foto: Bernd Schumacher

Themen platzieren, Impulse setzen

Die EWS geben im parlamentarischen Umfeld nicht bloß Stellungnahmen ab, sondern versuchen zudem, eigene Themen zu setzen – zum Beispiel vor einem Jahr mit der Studie «Was Erdgas wirklich kostet: Roadmap für den fossilen Gasausstieg im Wärmesektor». Vor der Bundestagswahl habe man mit dem Thema überhaupt nicht durchdringen können, erinnert sich Sebastian Sladek. «Da galt Erdgas noch als das kleinere Übel.»

Besser läuft es für die Solarenergie: Auch da hatten die EWS 2020 belegt, dass mit Solarmodulen vollgepackte Dächer einen Zuwachs auf 170 Gigawatt Stromleistung bedeuten würden. Zu Zeiten der Großen Koalition sah das die Politik noch als unrealistisch an. Inzwischen schraubte allerdings die Ampel-Regierung das Ausbauziel sogar auf 215 Gigawatt bis 2030 hoch. Sie ist freilich nicht der einzige Adressat der Schönauer Überzeugungsinitiativen: Den Dialog-Einladungen folgen nun auch CDU/CSU-Politiker. Damit öffnen sich bisher fest verschlossene Türen, hinter denen Diskussionen etwa über einen Erdgasausstieg in der Vergangenheit nicht vorstellbar gewesen sind. «Und schwupps: Im Bundestag hat die CDU/CSU die Regierung sogar aufgefordert, die Ziele zu erhöhen», schmunzelt Peter Ugolini-Schmidt. «Da freuen wir uns natürlich drüber!»

Hier finden Sie die Videoaufzeichnung des Vortrags «Klare Kante zeigen».

Nah am Menschen

Vor der leuchtend blaugrünen Stele stehen die drei Vortragenden auf der Bühne.
v.l.n.r.: Philipp Appenzeller, Martin Halm und Eva Stegen, Energiereferentin der EWS, die durch die Veranstaltung führte Foto: Bernd Schumacher

Martin Halm, Geschäftsführer der EWS Netze GmbH, und Philipp Appenzeller, Regionalmanager der EWS eG

Die Nähe zur Politik ist für die EWS immer wichtiger geworden. Die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern hingegen liegt in der DNA der EWS wie sonst kaum etwas. «Denn die EWS sind und bleiben eine Bürgerinitiative», bekräftigt Martin Halm. «Wir sind schließlich das erste deutsche Energieversorgungsunternehmen, das aus einer Initiative hervorgegangen ist.»

Martin Halm war auch der erste bezahlte Mitarbeiter, den sich die damalige Trägergesellschaft Netzkauf GbR leistete, als man daran ging, zum 1. Juli 1997 das gemeindeeigene Stromnetz zu übernehmen. Er erinnert sich vor allem an das intensive Miteinander von bezahlten und ehrenamtlichen Kräften, das es bis zur Genossenschaftsgründung gab: «Es war ganz selbstverständlich, dass man nach dem Achtstundentag abends noch mit der Bürgerinitiative weiterarbeitete.»

Impulse für die Bürgerenergie setzen

Dieser gewisse Ruf, besonders nah an den Menschen zu sein, macht die EWS auch 25 Jahre nach der Netzübernahme zum gefragten Gesprächspartner. Philipp Appenzeller war erst letzten Juni wieder beim «Klima-Bürger:innenrat» in Emmendingen, wo Aktive aus mittlerweile 19 Gemeinden daran arbeiten, den Klimaschutz überkommunal voranzubringen. Auch dort traf er auf Interessierte, die eine Bürgerenergiegenossenschaft gründen und von den Schönauer Stromrebellen erfahren wollen, wie man das am geschicktesten hinbekommt. Allen wurde aber schnell klar, dass sich die heutige Situation anders als früher darstellt, weil die Gemeinden sich dieses Bürgerengagement heute selbst wünschen. «Damals hat ja keine Kommune gerufen: ‹Kommt doch her, liebe Bürgerinnen und Bürger, und übernehmt bitte unser Netz!› Obwohl wir also andere Erfahrungen haben, können wir ganz viel Wissen teilen und uns gegenseitig unterstützen.»

Martin Halm, nah fotografiert, spricht konzentriert ins Publikum.
Martin Halm, Geschäftsführer Netze Foto: Bernd Schumacher
Philipp Appenzeller gestikulierend auf der Bühne.
Philipp Appenzeller, Regionalmanager der EWS Foto: Bernd Schumacher

Immer präsent bei Nachhaltigkeitsprojekten

Ein enger Bürgerkontakt ist auf jeden Fall das A und O, wenn beispielsweise in einer der Nachbargemeinden wieder einmal ein neues Nahwärmenetz angelegt werden soll. Die Kommunen seien wichtig, weil man ja auf deren Grund und Boden tätig werde, erklärt Martin Halm. Aber es sei noch viel bedeutender als vorher, mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern in Dialog zu treten. «In Hausen im Wiesental, wo in Kürze eine Entscheidung ansteht, haben wir allein zehn Infoveranstaltungen gemacht und waren vier- oder fünfmal mit Infoständen auf der Straße.»

In Freiburg geht es dagegen um eine Kooperation etwas anderer Art: Dort kam die Stadt auf die EWS zu und fragte, ob man in einem Nachhaltigkeitsprojekt der freien Kulturszene das eigene Know-how einbringen wolle. Natürlich habe man zugesagt, berichtet Philipp Appenzeller, und unterstütze nun die dortigen Kulturschaffenden: «Wir sind da auf breiter Basis interessiert.»

Hier finden Sie die Videoaufzeichnung des Vortrags «Nah am Menschen».

Erneuerbare zubauen!

Die beiden Vortragenden stehen in sommerlichen Shorts auf der Bühne und sprechen miteinander.
Lena Kircheisen und Ralf Meyer Foto: Bernd Schumacher

Lena Kircheisen, Projektleiterin Photovoltaik der EWS Energie GmbH, und Ralf Meyer, Leiter Finanzen, Geschäftsführer der EWS-Projekt GmbH

Wenn die Energiewende Flügel bekommen soll, müssen die Erneuerbaren viel stärker und schneller wachsen als bisher. Das haben auch endlich die Regierungen in Bund und Ländern verstanden und sind auf den Pfad eingeschwenkt, den die EWS schon seit geraumer Zeit beschreiten: «Wir betreiben im Moment 26 Solarstromanlagen zwischen 15 Kilowatt und drei Megawatt Leistung», beschreibt Lena Kircheisen den aktuellen Stand. Und die Zeichen stünden gut für einen weiteren und hoffentlich zügigen Ausbau.

Vor drei Jahren hatten die EWS ihre Mitglieder gebeten, nach geeigneten Flächen für Freiland-Photovoltaikanlagen Ausschau zu halten, denn nur mit Kleinanlagen auf den Dächern wäre die Energiewende nicht zu schaffen. Daraus entstanden zunächst zwei Freilandprojekte in Bräunlingen im Südschwarzwald, eines dort um die Ecke in Fröhnd und eines im niedersächsischen Lauenbrück. Sie werden eine Gesamtleistung von 40 Megawatt ans Netz bringen und somit das solare Portfolio der EWS erheblich ausweiten.

Erneuerbare werden stärker sichtbar

Allerdings sind auch solche Freilandanlagen nicht immer ganz ohne Hürden. Die geschützte Feldlerche beispielsweise hat auf der Suche nach Brutplätzen ebenfalls eine Vorliebe für das offene Gelände – dafür muss ein Ausgleich gefunden werden. Die Kulturlandschaft werde sich verändern, meint die Projektleiterin Lena Kircheisen: «Diese Anlagen werden stärker sichtbar. Sie sind nicht abgelegen oder hinter Hecken versteckt.» Die EWS stießen bei solchen Photovoltaikprojekten allerdings auf immer mehr Offenheit, Akzeptanz und Zuspruch.

Auch die Windkraft stehe vor großen Aufgaben, so Ralf Meyer. Um bundesweit die Versäumnisse aufzuholen, brauche man eine Verdreifachung des aktuellen Stands und einen Zubau von zehn Gigawatt Leistung im Jahr. Neben den immer noch langwierigen Genehmigungsverfahren seien die benötigten Flächen ein Problem – dafür könnten nicht bloß Wälder herhalten.

Lena Kircheisen, nah fotografiert, auf der Bühne
Lena Kircheisen, Projektleiterin Photovoltaik der EWS Foto: Bernd Schumacher
Etwa 25 Stuhlreihen sind zu über der Hälfte mit Zuschauern besetzt.
Blick in den Saal der neuen Schönauer Mehrzweckhalle Foto: Bernd Schumacher
Ralf Meyer auf der Bühne, spricht lächelnd zu deiner Bühnenpartnerin herüber.
Ralf Meyer, Leiter Finanzen der EWS Foto: Bernd Schumacher

EWS treiben Windkraftprojekte voran

So bauen die EWS derzeit in der Nähe von Lüneburg den Windpark «Thomasburg». Bis Ende 2022 sollen dort drei Windräder mit insgesamt 16,5 Megawatt Leistung in Betrieb gehen und fortan etwa 34 Millionen Kilowattstunden Ökostrom pro Jahr erzeugen – ausreichend für rund 15.000 sparsame EWS-Kundenhaushalte. Als «Finanzmensch» hofft Meyer, dass die neuen Anlagen ähnlich gut laufen wie der 2017 errichtete Windpark «Rohrenkopf» in der Schönauer Nachbarschaft: «2021 war ein leicht unterdurchschnittliches Windjahr, dennoch haben die Anlagen 400.000 Euro mehr Gewinn erzielt als geplant.»

Wie könne es sein – so eine Frage beim Stromseminar aus dem Publikum –, dass zwar kostengünstige Wind- und Solarstromanlagen gebaut werden, der Strompreis aber dennoch steige? Es läge doch an der Strombörse, so der Fragesteller, an der «bekanntlich immer das letzte und teuerste zugeschaltete Kraftwerk den Preis setzt» – dieser Mechanismus müsse doch durchbrochen werden. «Ich glaube, wir können das nur lösen, indem wir eigene Anlagen bauen und langfristige Stromlieferverträge mit diesen Anlagen schließen», so Ralf Meyer. Allerdings gebe es auch unter dem EWS-Dach eine gewisse Konkurrenz: Die Windpark-Gesellschaft würde im Direktverkauf an den EWS-Vertrieb gerne höhere Erlöse erzielen, um die Investition schneller zu refinanzieren und Mittel für neue Anlagen zu gewinnen, während der Vertrieb günstige Preise für die -Kundinnen und Kunden anstrebe.

Hier finden Sie die Videoaufzeichnung des Vortrags «Erneuerbare zubauen!».

Gemeinsam was bewegen

Zwei Frauen auf der Bühne, sprechen ins Publikum.
Marissa Walzer und Stefanie Janssen Foto: Bernd Schumacher

Marissa Walzer, Leiterin Vertrieb der EWS Vertriebs GmbH, und Stefanie Janssen, Leiterin Förderprogramm der EWS Vertriebs GmbH

Was wären die EWS ohne ihre Mitglieder und vor allem ohne die überzeugten Kundinnen und Kunden? Die melden nicht nur Freiflächen, auf denen man sich eine neue Solaranlage vorstellen könne, sondern bauen sie sich auch gleich selbst aufs heimische Dach: 25.000 von ihnen sollen nach jüngster Erhebung über eine kleine oder auch größere PV-Anlage verfügen. Jede fünfte davon ist ein «Rebellenkraftwerk» – denn sie wurde durch das Förderprogramm «Sonnencent» gefördert. «Zusammen könnten diese Anlagen fast eine ganze Kleinstadt versorgen», vermeldet Stefanie Janssen erfreut.

EWS-Kundschaft fördert die Energiewende nach Kräften

Der «Sonnencent» ist Bestandteil aller EWS-Energietarife – mindestens einen halben Cent, auf Wunsch auch bis zu zwei Cent pro Kilowattstunde, fließen direkt in die Förderung. Als die EWS den Vorschlag machten, den Fortfall der EEG-Umlage ab Juli 2022 in Höhe von 4,43 Bruttocent in eine Erhöhung des Fördercents umzuwandeln, waren in kürzester Zeit über 2.000 Kundinnen und Kunden mit von der Partie. «Damit schenken sie dem Förderprogramm für die Energiewende noch mehr Wirkmacht», freut sich Marissa Walzer. Doch auch das ist vielen noch nicht genug: Im Publikum wurde moniert, dass eine Erhöhung auf mehr als zwei Cent derzeit nicht möglich sei. Das sei korrekt, so Janssen, die diesen wichtigen Impuls aber sehr gerne mit in die weitere interne Diskussion nehme.

Wem genau kommt nun das gesammelte Geld zugute? Neben neuen Solaranlagen – die Zahl der Anträge hat sich zuletzt verdoppelt und wird 2022 wohl in einen Rekord von 1.500 zusätzlichen «Rebellenkraftwerken» münden – profitieren davon «ganz viele Organisationen und Initiativen, die unsere Ziele teilen», erläutert Stefanie Janssen. «Diese unterstützen wir sehr gerne in den Bereichen nachhaltige Mobilität, Beratung und Information, bei technischen Innovationen oder auch bei ihren weltweiten Projekten zur Energiegerechtigkeit. Wir wirken damit auf allen Ebenen der Gesellschaft.» Ausführliche Informationen zum Förderprogramm findet man auf der neu eingerichteten Website Sonnencent-Report.

Marissa Walzer nah fotografiert, spricht ins Publikum.
Marissa Walzer, Leiterin Vertrieb Foto: Bernd Schumacher
Stefanie Janssen nah fotografiert, spricht ins Publikum.
Stefanie Janssen, Leiterin Förderprogramm «Sonnencent» der EWS Foto: Bernd Schumacher

«Gassparinitiative» belegt Engagement der Kundinnen und Kunden

Einen weiteren Beleg des Zusammenhalts liefert die aktuelle «Gassparinitiative», von den EWS per Mailing an ihre Kundinnen und Kunden gestartet: Innerhalb kürzester Zeit erklärten sich 1.750 Haushalte bereit, ihren Gasverbrauch um durchschnittlich 18 Prozent zu senken. Grundtenor: So wenig Gas verbrauchen wie überhaupt möglich. «Dieser Zusammenhalt ist wirklich bewegend», berichtet Marissa Walzer. «Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass man nicht allein dasteht – auch wenn es mal wackelt und schwierig wird.» Die EWS unterstützen die Kampagne mit einer Spende von 20 Euro pro Sparzusage an die Initiative «Ärzte der Welt».

Hier finden Sie die Videoaufzeichnung des Vortrags «Gemeinsam was bewegen».

Das Energiesystem der Zukunft

Thies Stillahn auf der Bühne, vor den hell leuchtenden Stelen.
Thies Stillahn Foto: Bernd Schumacher

Thies Stillahn, Leiter Strategische Geschäftsfeldentwicklung der EWS eG

Möglichst viel Erneuerbare, Erdgas als «unvermeidliche Brücke», Kohle als «Reservestütze» – und dann womöglich noch Atomkraftwerke länger laufen lassen: Die Energie-Kristallkugel beschwört aktuell einige Szenarien. Nicht alles ist im Sinne der EWS und ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die sich als Ziel seit Langem eine gemeinschaftlich organisierte Energiezukunft mit 100 Prozent Erneuerbaren auf die Fahne geschrieben haben. «Dafür braucht es aber Flexibilität», sagt Thies Stillahn. Beispiel Elektroautos: Zu großen virtuellen Verbünden zusammengeschaltet, könnten sie laden, während die Menschen schlafen und wieder Energie ins Stromnetz abgeben, um Verbrauchsspitzen abzupuffern.

Intelligente Systeme für eine dynamische Energiezukunft

Was man neben vielen Speichern benötige, seien vor allem «Daten und Informationen über das, was passiert». Die Versorgungssicherheit sei bisher hervorragend, in der Vergangenheit aber auch besser planbar gewesen. Oft wäre heute selbst auf eine oder zwei Stunden im Voraus nicht absehbar, wie genau das Wetter sich wo entwickelt. Stillahn: «Wir müssen dann wissen, wie sich Kunden, Industrie und Erzeugeranlagen genau verhalten. Dafür brauchen wir wiederum intelligente Messsysteme, sogenannte ‹Smart Meter›.» Das sei aus dem Blickwinkel der Datensicherheit ein kritisches Thema – andererseits habe man sich in Deutschland in puncto Datensicherheit auch maximale Standards gesetzt.

Was schwebt den EWS vor, woran wollen sie zukünftig weiterarbeiten? Beispielsweise an dynamischen Tarifen – sie sorgen beim Stromverbrauch immer dann für einen günstigen Preis, wenn gerade viel Wind- und Solarstrom ins Netz gespeist wird. Mit einer Einschränkung: Auch hierfür benötige man «Smart Meter». Zum anderen sei da die Idee des «Energie-Sharing», also der gezielten Abgabe von selbst nicht genutztem Solarstrom aus der eigenen Hausdachanlage. Die EWS könnten dabei das Bindeglied sein, welches die Weitergabe sichert und damit lokale Versorgungslücken schließt. Das entsprechende EWS-Projekt befinde sich bereits in der Testphase.

Vor der Küche der Mehrzweckhalle spricht Herr Stillahn mit einem, dem Fotografen abgewandten, grauhaarigen Mann.
Nach den Vorträgen gab es Gelegenheit zum persönlichen Austausch: Thies Stillahn im Gespräch. Foto: Bernd Schumacher

Transparenz als Schlüssel für gesellschaftliche Akzeptanz

Unternehmensseitig verlange dies auch eine Weiterentwicklung, um solche Bereiche abdecken zu können. «Es geht nicht mehr nur um Stromlieferung, sondern zusätzlich um Messstellenbetrieb, um Energiemanagement und Stromvermarktung, auch um Speicher und Ladeboxen für Elektroautos» – das seien neue Anforderungen, denen man zu begegnen habe. Essenziell sei dabei, alles möglichst transparent zu gestalten, damit Kundinnen und Kunden jederzeit wüssten, was bei ihnen vor sich geht. Man habe zu diesen Themen einiges «in der Schublade», müsse aber darauf warten, dass es auch im Markt funktioniere. Wichtig sei, dass sich die Dinge Schritt für Schritt entwickeln können, erläutert Stillahn. Man baue nach und nach weitere Kompetenzen auf, die wie Puzzleteile ineinandergreifen: «Das muss eine Qualität besitzen, die Sie und auch andere begeistert.»

Hier finden Sie die Videoaufzeichnung des Vortrags «Das Energiesystem der Zukunft».

 

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09. August 2022 | Energiewende-Magazin