Cem Özdemir hält ein T-Shirt mit der Aufschrift "Ich bin ein Störfall" hoch
30 Jahre EWS

Auf unserem Stromseminar hat Cem Özdemir, Spitzenkandidat der baden-württembergischen Grünen für die Landtagswahl 2026, eine Festrede zum 30. Geburtstag der EWS gehalten.

Festrede von Cem Özdemir zum EWS-Jubiläum: «Ich beziehe meinen Ökostrom von den EWS»

Unser diesjähriges «Schönauer Stromseminar» fand unter dem Motto «Die Zukunft liebt Rebell:innen» ganz im Zeichen von gleich zwei Jubiläen statt – 30 Jahre EWS und 15 Jahre Genossenschaft. Anlässlich unseres runden Geburtstages hat Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) dort zu Beginn der Jubiläumsnacht am 28. Juni eine bewegende Festrede gehalten, in der er den rebellischen Geist der EWS würdigte und offenbarte, langjähriger Stromkunde der EWS zu sein. Die Festrede stellen wir Ihnen etwas weiter unten zur Verfügung. 

Zur Person Cem Özdemir

Cem Özdemir zählt zu den prägendsten Persönlichkeiten der deutschen Umweltpolitik. Bereits mit 15 Jahren begann sein Engagement bei Bündnis 90/Die Grünen. 1994 schrieb er Geschichte, als er als erster Abgeordneter mit türkischen Wurzeln in den Deutschen Bundestag einzog. 

Von 2008 bis 2018 führte er als Bundesvorsitzender die Grünen durch eine Zeit des politischen Aufschwungs. Ein weiterer politischer Erfolg gelang ihm 2021, als er das Direktmandat in seinem Wahlkreis Stuttgart errang. Seine Erfahrung in der Bundespolitik vertiefte Cem Özdemir von 2021 bis 2025 als Minister für Ernährung und Landwirtschaft, wo er sich besonders für nachhaltige Landwirtschaft und Klimaschutz einsetzte. Aktuell kandidiert er als Ministerpräsident für Baden-Württemberg.

Interview mit Cem Özdemir vor seiner Festrede

Was meinen Sie, wie sich die Welt in den nächsten 30 Jahren entwickeln wird?

Ich hoffe, dass es eine Welt wird mit weniger Kriegen, mit weniger Unfreiheit, weniger Diktatoren. Dass die Trumps, die Putins, die Erdogans und wie sie alle heißen, oder die Orbans, der Vergangenheit angehören. Dass die Demokratien einen Siegeszug antreten. Ich hoffe aber auch, dass es uns gelingt, die Wende hinzukriegen. Was das Thema Klimawandel angeht, aber auch das Biodiversitätssterben, dass wir es schaffen, dass wir bis dahin 100 Prozent erneuerbar sind. Und zwar nicht nur hier bei uns, sondern weltweit. Dass Sonne, Wind, Biomasse, Wasserkraft, dass erneuerbare Energien sich bis dahin durchgesetzt haben.

Warum braucht es dafür und auch in Zukunft mehr denn je Rebell:innen?

Es braucht immer Rebell:innen, damit man eingetretene Pfade verlässt. Denn dieses «Das geht nicht, das haben wir noch nie so gemacht. Wird das überhaupt funktionieren?» ist immer das Erste, was man hört. Und es braucht manchmal welche, die sagen: «Ich probiere es, aber wir machen es anders. Wir suchen nicht nach Gründen, warum etwas nicht geht. Wir suchen nach Wegen, wie man es macht.» Und das haben die Schönauer Stromrebellen vorgemacht – gegen alle Widerstände. Und jetzt feiern wir 30 Jahre. Wer hätte das damals für möglich gehalten. Diesen rebellischen Geist brauchen wir auch heute!

Was bedeutet denn für Sie die sozial-ökologische Transformation?

Das Wort Transformation wird ja leider von rechts in einen etwas anderen Kontext zu bringen versucht. Was meint es? Es meint ja im Prinzip erst mal nur eine Modernisierung. Das meint das, was es ja immer in der menschlichen Entwicklung gab: Dass man irgendwann neue Erkenntnisse hatte. Auf einmal gab es die industrielle Revolution. Und wir haben die Digitalisierung, wir haben die Industrie 4.0, wir haben die Künstliche Intelligenz. Und wir sind jetzt an einem anderen Punkt, wo wir eben gemerkt haben, wir haben auf einem begrenzten Planeten nicht unbegrenzt alles zur Verfügung. Das heißt: Wir müssen so leben, so wirtschaften, so haushalten, dass auch künftige Generationen noch was zu entscheiden haben. Das heißt, eine Landwirtschaft, die dafür sorgt, dass die Grundlage, der Boden, nicht kaputtgeht. Das heißt aber auch eine Stromversorgung, die sicherstellt, dass wir nicht künftigen Generationen für Ewigkeiten strahlenden Müll hinterlassen und mit Blick auf die Klimaveränderung eine Stromversorgung, die ohne Kohle und fossile Energieträger auskommt. Die gute Nachricht ist: Wir haben alles, was es dafür braucht. Wir haben unseren Verstand. Wir haben großartige Forschungseinrichtungen, Wissenschaftseinrichtungen, Universitäten, Start-ups. Wir können das alles, wir müssen es nur anwenden. Und da seid Ihr ein tolles Vorbild dafür.

Und Sie beziehen auch Ökostrom?

Ich beziehe nicht nur Ökostrom, sondern ich beziehe den Strom tatsächlich von den EWS Schönau. Und das schon seit vielen Jahren. Und bitte nicht weitersagen: Ich habe mit meinen Kindern immer so einen kleinen Wettbewerb – weil auf der Rechnung steht ja immer drauf, wie viel man quasi durchschnittlich verbraucht, ob das sehr gut ist und wie viel man tatsächlich verbraucht. Jahrelang lag ich immer knapp unter dem sehr gut. Das hat mich natürlich gefuchst. Als Baden-Württemberger willst Du immer der Beste sein. Und wir haben es jetzt tatsächlich geschafft: Wir sind im sehr guten Bereich. Obwohl wir jetzt über meine Partnerin eigentlich bei vier Personen sind, schaffen wir es tatsächlich, bei drei Personen sehr gut zu sein. Wann wasche ich, wann betätige ich die Spülmaschine mit dem Programm über viereinhalb Stunden und nicht schnell – bei der Waschmaschine auch. Wir kriegen es hin und es macht sogar Spaß.

 

Video der Festrede von Cem Özdemir vom 28. Juni 2025

Festrede von Cem Özdemir im Wortlaut

Liebe Ursula Sladek, lieber Alexander Sladek, lieber Sebastian Sladek, liebe Anja Burde, lieber Armin Komenda, lieber Thomas Jorberg, liebe Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, vor allem aber liebe Rebellinnen, liebe Rebellen.

Sie können sich vorstellen, dass man als Politiker in diesen Zeiten oft mit Menschen konfrontiert ist, die was von einem wollen, die viele Forderungen haben. Es ist ja auch berechtigt, dass man Wünsche an die Politik hat, was alles anders, was alles schneller, was alles besser laufen soll. Doch in der Demokratie ist es leider oft so, dass es nicht ganz so schnell geht, wie man es sich vielleicht auch manchmal selber wünscht. Deshalb tut es gut, wenn man es mit Menschen zu tun hat, die nicht einfach nur abwarten, dass andere für einen die Kohlen aus dem Feuer holen, sondern selber aktiv werden, selber vom Reden ins Handeln kommen. Die nicht nur reden, sondern sprichwörtlich ihre Energie bündeln und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Sie wissen, ich bin bei der Partei Bündnis 90/Die Grünen aktiv und wenn ich die Geschichte der Grünen betrachte, fallen einem viele Stationen ein. Bundesweit würde einem Gorleben einfallen, bundesweit würde einem sicherlich die Bonner Hofgartenwiese einfallen. Wenn man es etwas konkreter macht in Baden-Württemberg, dann würde einem Mutlangen einfallen, unweit von hier würde einem Wyhl einfallen, aber eben auch Schönau. Auch dieses Kapitel Ihrer Erfolgsgeschichte hat auch ein bisschen was mit dem zu tun, wofür meine Partei steht. Und darum gestatten Sie mir an der Stelle, dass ich auch ausdrücklich die Parteifreundinnen und Parteifreunde, die anwesend sind, hier begrüße.

 

Und bei der Gelegenheit vielleicht jetzt wieder parteiübergreifend, denn das gehört sich ja so, sage ich auch, dass der rebellische Geist, ich glaube, allen Parteien durchaus gut tut. Gerade bei dem Zustand der Welt, wenn man sich umschaut, die Nachrichten einschaltet, die Trumps, die Erdogans, die Putins, wie sie alle heißen, autoritäre Herrscher, diktatorische Herrscher, braucht man, glaube ich, nicht weniger, sondern eher mehr rebellischen Geist, der sich für den Erhalt der liberalen Demokratie, für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, für eine gerechtere Welt mit weniger Krieg, mit weniger Unterdrückung einsetzt. Die Rebellion allerdings, von der wir hier reden, ich nehme an, ich rede im Namen von allen, das ist nicht die Rebellion der Zerstörung, sondern es ist die Rebellion der Selbstermächtigung.

Nicht das Dagegensein um des Dagegenseinwillens, sondern das Für-etwas-Eintreten, für eine bessere, für eine lebenswerte Zukunft, lokal als auch gemeinsam. Und wie das geht, das habt Ihr hier vor Ort auf wunderbare Art und Weise gezeigt und Ihr beweist es bis heute. Aus dem Willen einzelner kann eine ganze Bewegung entstehen, die dann Dinge verändert, die man einem nie zugetraut hätte und wo man vielleicht auch selber gar nicht sicher war, ob es wirklich am Ende von Erfolg gekrönt wird. Ich habe das vorher schon erwähnt, die Anti-AKW-Bewegung hat in Wyhl ihren Ursprung. Ich glaube, das muss ich jetzt einfach neidlos zugestehen. Ich komme ja bekanntermaßen aus dem anderen Teil von Baden-Württemberg. Aber ich bemühe mich übrigens sehr mit dem Schwäbisch. Ich hoffe, man merkt es. Also das ist schon wirklich hart an der Grenze, ohne Selbstverleugnung, was ich hier gerade mache.

«Der rebellische Geist tut allen Parteien durchaus gut. Die Rebellion allerdings, von der wir hier reden, das ist nicht die Rebellion der Zerstörung, sondern die Rebellion der Selbstermächtigung. Nicht das Dagegensein um des Dagegenseinwillens, sondern das Für-etwas-Eintreten, für eine bessere, für eine lebenswerte Zukunft.»

Cem Özdemir

Aber ich muss einfach eines zugeben, Ihr seid hier schon aus einem besonderen Holz geschnitzt. Es war, glaube ich, kein Zufall, dass 1848 die Revolution hier ihren Ursprung hatte und nicht woanders. Auch diesen Geist, der zum guten Geist unseres Landes gehört, mit dem Hambacher Fest, mit der Badischen Revolution, mit allem, was dazugehört, mit der Paulskirche, auch diesen Geist. Wäre der damals erfolgreich gewesen – wer weiß, wie die Geschichte unseres Landes verlaufen würde. Aber das ist eine andere Geschichte. Jedenfalls steht kaum ein Ort so sehr für die kreative Form der Rebellion mit Verantwortung wie die Schönauer Energie-Initiativen, die EWS. Die Bürgerinitiative hat damals, vor mehr als über 30 Jahren, beschlossen, das städtische Stromnetz sich wieder zu erkämpfen, selbst zu entscheiden, woher der Strom kommt. Sie, heute die Kinder, die Enkelkinder, führen diesen Kampf für die Erneuerbaren fort.

Mittlerweile haben sich Tausende angeschlossen, und ich darf stolz verkünden, ich bin stolzer Kunde der EWS Schönau. Obacht, auch als ich Bundesminister war in Berlin, am Schluss ja sogar Doppelminister, ganz die baden-württembergische Lösung – zwei Ministerien, ein Gehalt, so sind wir in Baden-Württemberg, das machen wir mit links. Aber jedenfalls, auch in Berlin, als ich dort als Abgeordneter und Bundesminister tätig war, habe ich natürlich meinen Strom woher bezogen? Logischerweise von den EWS in Schönau. Und wir sind ja hier unter uns, ich kann das sagen: Ich hatte mit meinen Kindern immer so einen Wettbewerb, weil sie auf der Rechnung immer draufschreiben, wie viel der Stromverbrauch durchschnittlich sein sollte, um sehr gut zu sein. Und als Baden-Württemberger ist natürlich ein gut oder ein befriedigend nicht ausreichend, das überlassen wir den Bayern und den anderen. Wir wollen sehr gut sein, wir sind hier in Baden-Württemberg.

Und ich hatte immer den Ehrgeiz, ich will sehr gut sein. Und als ich die Einladung gesehen habe, hier von Schönau, habe ich gesagt, ich kann hier nicht vorbeikommen, ohne dass ich im Sehr-gut-Bereich bin. Also, ich habe es geschafft. Meine Kinder und ich, wir haben es geschafft. Wir sind mittlerweile beim Energieverbrauch bei sehr gut. Also, das war nicht ganz einfach. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass meine Kinder nicht hier und da auch etwas genervt waren vom Ehrgeiz des Vaters, wann man die Waschmaschine einschaltet, wie lange man das Spülprogramm bei der Spülmaschine laufen lässt, wo überall Licht ausgeschaltet werden kann, wo die Kinder nicht sofort drauf kommen und der Papa, der dann immer beim Lichtschalter rummacht. Aber mittlerweile haben sie es selber als Sport entdeckt und es macht jetzt richtig Spaß.

Ja, meine Damen, meine Herren: Uns eint das Ziel, die Energiewende noch schneller voranzubringen. Seit der Umwandlung der EWS in eine Genossenschaft ist die Zahl der Mitglieder rasant gestiegen. Es ist geradezu begeisternd. Frau Sladek, Sie und Ihr Mann standen am Anfang einer unglaublichen Bewegung. Sie haben gesagt, die Atomkatastrophe von Tschernobyl sei hier wie eine Bombe eingeschlagen. Auf einmal hat man gesehen, dass in einer Entfernung von 2.000 Kilometern so gut wie gar nichts ist, dass die Radioaktivität in Dosen, die wirklich schädlich sind, bis zu uns hierherkommen kann. Niemand hätte das vorher gedacht. Mit Ihrem Mann Michael, einem Arzt, haben sie sich entschieden, gemeinsam mit anderen aktiv zu werden und einen Beitrag zu leisten und kommenden Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.

Michael Sladek ist im vergangenen Jahr gestorben. Ich glaube, auch da spreche ich im Namen von allen hier: Es ist unser gemeinsamer Auftrag, sein Erbe, uns dem würdig zu zeigen und dafür zu kämpfen, dass diese Welt nicht weiter aus den Fugen gerät. Jeder und jede an seiner, an ihrer Stelle. Ich verstehe das Erbe von Michael Sladek als Auftrag, dass ich mich und wir alle uns dafür einzusetzen, dass uns die ökologische Modernisierung unseres Landes gelingt. Und da wir überzeugte Europäer sind: Wir haben ja vorher Freunde aus der Schweiz hier gehabt, die zählen zwar nicht zur Europäischen Union, selbst gewählt, ich bedauere das, weil ein bisschen was von der Schweizer Verkehrspolitik würde uns guttun. Das musste ich jetzt einfach sagen, mit Blick auf Rheintalbahn, mit Blick auf Gäubahn, mit Blick auf Südbahn und so weiter. Man hat ja das Gefühl, man verlässt die erste Welt, wenn man von der Schweiz in die Bundesrepublik Deutschland kommt und geht in ein Entwicklungsland.

Das muss sich ändern, meine Damen und Herren. Und ich gebe Ihnen mit Brief und Siegel, sollte ich ab dem 8. März Ministerpräsident werden, werde ich alles dafür tun, dass die Witze der Schweizer über die Deutsche Bahn ein Ende haben. Weil wir zeigen, wir können es auch – ganz auf den Kopf gefallen sind wir auch nicht. Wir hatten halt das Pech – dafür können Sie nichts, ich übrigens auch nicht –, dass die Verkehrsminister der letzten 16 Jahre halt Ramsauer, Scheuer und Dobrindt hießen. Damit ist eigentlich alles gesagt. Wenn ich das an der Stelle auch noch loswerden kann, es muss nicht unbedingt ein zwingendes Hindernis sein, um Bundesminister zu werden, wenn man Qualifikationen mitbringt. Auch das wäre vielleicht nicht schlecht. Ich denke mir so, ich habe zwei Kinder und ich versuche ja meine Kinder immer zu motivieren, dass sie Hausaufgaben machen, dass sie sich auf ihren Allerwertesten setzen, fleißig sind. Und jetzt stellen Sie sich mal vor, was meine Kinder sagen: wieso? Der Scheuer durfte doch auch Minister werden. Warum soll ich fleißig sein? Warum soll ich mich anstrengen? Also, auch ein geplagter Vater würde sich einfach sehr freuen, wenn sich daran was ändert.

Aber zurück zu unserem Thema des heutigen Tages. Und umgekehrt wäre es eben auch gut, wenn wir in Europa und darüber hinaus mit den Alliierten und Verbündeten, die wir haben, denn nur so werden wir unseren Planeten lebenswert erhalten können für unsere Kinder und Kindeskinder, wenn wir möglichst viele Verbündete finden. Darum ist eigentlich jeder, dem es um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen geht, immer auch Internationalist, immer auch überzeugter Europäer und kann gar nicht Nationalist sein, weil wir wissen, die Verschmutzung unserer Erde, die Zerstörung unserer Erde macht eben keinen Halt an nationalen Grenzen.

Die Geschichte der Energiewende in Deutschland, vor allem auch bei uns in Baden-Württemberg, kann nicht ohne die EWS Schönau erzählt werden, denn sie selber haben Geschichte geschrieben: Die Geschichte der Stromrebellen, Ihre Pionierarbeit für die Energiewende, Ihre Funktion als Vorbild, auch für viele Initiativen im Land, die davon inspiriert wurden, die von Ihrer Geschichte sich haben ermutigen lassen, nicht aufzugeben, wenn man manchmal mit Beharrungskräften, mit Widerstand zu tun hat. Und so sind die Erfolge der Energiewende, auf die wir heute gemeinsam zurückblicken, auch Ihre Erfolge. Fast alle, die sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt haben, hatten dafür einen überragenden Grund, sie wollen nämlich den Abschied aus den fossilen Energieträgern, von Kohle, Erdöl, Erdgas, vorantreiben. Und sie wollen sie durch Sonne, durch Wind, durch Biomasse ersetzen.

«Die Geschichte der Energiewende in Deutschland, vor allem auch bei uns in Baden-Württemberg, kann nicht ohne die EWS Schönau erzählt werden.»

Cem Özdemir

Weil wir nur so hoffen können, dass wir die Erhitzung des Erdklimas bremsen – aber leider nicht stoppen können. Das wäre unehrlich. Es wird auf jeden Fall eine Klimaveränderung geben. Aber das Maß, wie hoch die Klimaveränderung sein wird, das können wir noch gemeinsam beeinflussen, ob es ein Bereich ist, dass wir es noch halbwegs beherrschen können. Oder ob es außer Kontrolle gerät. Und deshalb sind erneuerbare Energien vor allem eins: Es sind Klimaschutzenergien. Es sind längst mehr geworden. Erneuerbare Energien schaffen Arbeitsplätze. Sie schaffen neue Unternehmen. Sie schaffen neue Geschäftsmodelle. Sie schaffen Wirtschaftswachstum. Die Gestehungskosten sind mittlerweile niedrig. Erneuerbare Energien sind deshalb längst auch Wohlstandsenergien.

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine haben wir schmerzlich erfahren müssen, was es bedeutet, von einem Land mit einem autokratischen, aggressiven Diktator an der Spitze abhängig zu sein. Vergessen wir mal nicht, wo wir mal standen. Mehr als die Hälfte des Erdgases kam Anfang 2022 aus Russland. Und mit Nord Stream 2 hätte sich die Abhängigkeit noch mal drastisch erhöht. Ich glaube, ich übertreibe nicht, wenn ich rückblickend sage, welcher Irrsinn. Auf die Idee muss man erst mal kommen, dass man sich beim Gas von einem Diktator namens Putin abhängig macht. Und insofern, bei aller Kritik, und ich gehöre wirklich nicht zu denjenigen, die alles schönreden, was in der vorherigen Bundesregierung war, da gibt es viel selbstkritisch aufzuarbeiten. Aber dass es uns gelungen ist, die Abhängigkeit von russischem Erdgas in so kurzer Zeit hinzukriegen, das verdient durchaus auch mal Anerkennung. Das könnten auch diejenigen sagen, die jetzt an der Regierung sind, meine Damen und Herren.

Der Preis dafür, auch das gehört zur Wahrheit, waren steigende Energiekosten. Wir spüren die Auswirkungen bis heute. Wir hätten weiter sein können, wäre der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Ausbau der Netze nicht immer wieder aufgrund von politischen Entscheidungen bewusst und absichtsvoll gebremst worden. Ich komme da gleich zurück. Und wenn dieser schmerzhafte Prozess ein Gutes hat, dann doch die Erkenntnis, dass die Erneuerbaren uns resilienter machen. Sie machen uns unabhängiger von autokratischen Regierungen, die aus ihren Energieexporten ja nicht irgendwelche Wohltaten finanzieren, sondern oft verbrecherische Politik. Unabhängiger vor politischer Erpressung. Resilienter auch gegenüber den Preisschwankungen auf den Weltmärkten. Deshalb sind erneuerbare Energien, ja, ich will das so pathetisch formulieren, auch ein Zeichen von Patriotismus.

Dass wir beim Import von PV-Modulen und bei seltenen Erden für Windkraftanlagen noch zu stark von China abhängig sind, trübt die Bilanz. Aber wir sollten es als Ansporn verstehen, auch da besser zu werden und zu schauen, dass wir auch da die Abhängigkeiten reduzieren. Und noch ein Viertes kommt dazu. Etwas, was nur die erneuerbaren Energien schaffen können. Diese Kraft ist noch nicht so bekannt, aber sie kann unglaublich stark sein. Ich meine den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Eine Gesellschaft hat nur so viel Macht, wie sie im gemeinsamen Handeln praktizieren kann – und nur in dem Maß, in dem es ihr gelingt, ihren Zusammenhalt in gemeinsamem Handeln zu festigen. Das war jetzt sinngemäß ein Zitat von Hannah Arendt, angewandt auf die Stromrebellen in Schönau. Ich glaube, wenn Hannah Arendt leben würde, sie hätte ihre wahre Freude an Euch.

Ich sehe, hier gibt es Hannah Arendt-Fans, sehr gut. Ich dachte, in Baden-Württemberg hast du keine Chance, Ministerpräsident zu werden, wenn du nicht mindestens ein Zitat von Hannah Arendt einbaust. Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg hat die Latte da so hochgelegt. Aber so ist das halt. Wir sind ja auch das Land der Dichter und Denker. Und genau dieses gemeinsame Handeln, um das geht es, wenn die Bürgerinnen und Bürger ihren Strom und ihre Wärme selbst erzeugen, mit Photovoltaik, mit Windrädern, mit Biogasanlagen. Und dann auch noch die eigenen Netze dafür selbstständig in die Hand nehmen. Etwa in der Genossenschaft, wo jeder gleich viel zählt. Unabhängig davon, ob er reich oder arm ist. Gemeinsam was schaffen, was vielleicht die Welt ein kleines Stück besser macht. Aber auf jeden Fall den Ort, in dem man lebt, ein großes Stück besser macht. Das können die erneuerbaren Energien als Bürgerenergie. So wie es die EWS Schönau schon lange praktizieren. Deshalb sind die erneuerbaren Energien, wenn man es richtig anpackt, so wie Sie es machen, so wie Ihr es macht, zusammenhaltende Energien.

Wo stehen wir heute? Die Energiewende ist viel mehr als der Ersatz alter durch neue Technologien. Sie ist gelebte Verantwortung für unsere Zukunft, aber auch für die Gegenwart von Wirtschaft und von Gesellschaft. Und sie ist noch etwas: Sie ist viel erfolgreicher, als manche uns glauben lassen wollten. Ich habe noch im Erdkundeunterricht gelernt, wenn es super gut läuft, bekommen wir vielleicht drei, dreieinhalb, vier Prozent erneuerbare Energien. Es gibt eine ehemalige Bundeskanzlerin, die mal Umweltministerin war. Viele wissen das nicht mehr. Die hat mal gesagt, ich zitiere: «Sonne, Wasser und Wind können auch langfristig nicht mehr als vier Prozent unseres Strombedarfs decken.»

Sie sehen, auch große Geister können sich irren, meine Damen und Herren. Deshalb, meine Damen und Herren, die Wirklichkeit erzählt wie so oft eine andere Geschichte. 2024 stammten fast 63 Prozent des in Deutschland öffentlich erzeugten Stroms aus erneuerbaren Quellen. Gleichzeitig sank der Anteil von Kohlestrom auf unter 23 Prozent. Und das trotz des Ausstiegs aus der Atomenergie. Noch 2007 wurden durch die Stromerzeugung in Deutschland 351 Millionen Tonnen CO₂ in die Atmosphäre gepustet. Im letzten Jahr waren es 160 Millionen Tonnen, also weniger als die Hälfte. Das sind Zahlen, die sich sehen lassen können. Und die gibt es auch dank Ihnen. Aber wir sind Baden-Württemberger und ehrgeizig. Wir sind längst noch nicht am Ende der Entwicklung. Das ist ein Zwischenschritt und an dessen Ende muss die klimaneutrale Energieversorgung stehen. Und zwar nicht irgendwann, sondern spätestens bis 2045.

«Die Energiewende ist viel mehr als der Ersatz alter durch neue Technologien. Sie ist gelebte Verantwortung für unsere Zukunft, aber auch für die Gegenwart von Wirtschaft und Gesellschaft.»

Cem Özdemir

Das Wachstum der Erneuerbaren beruht auch darauf, dass sie eben so viele Vorteile haben. Ich habe eingangs einige erwähnt. Aber, auch das will ich sehr deutlich sagen, wir haben keinen Anlass zu glauben, das läuft automatisch so weiter. Denn es hängt immer von politischen Entscheidungen ab. Die politischen Entscheidungen können den Ausbau empfindlich bremsen. Manche werden sich vielleicht noch an die Siggi-Senke erinnern oder den Altmaier-Knick, benannt nach den früheren Wirtschaftsministern Sigmar Gabriel und Peter Altmaier, die leider dafür sorgten, dass ab 2012 der Ausbau der Photovoltaik und ab 2018 der Ausbau der Windenergie stark ausgebremst wurde.

Ich wünsche mir, und ich meine das jetzt wirklich ohne Häme, dass Katharina Reiche, die neue Bundeswirtschaftsministerin, sich nicht einreiht in diese Reihung, die ich da gerade aufgeführt habe, sondern die Stafette übernimmt, gerade im Sinne der Planungs- und Investitionssicherheit und den Ausbau der Erneuerbaren und der Netze entschieden voranführt. Ich darf zitieren, damit wir wissen, wo wir herkommen. Überschrift aus der Schlagzeile des Nachrichtensenders ntv vom 11. September 2012: «Altmaier freut sich. Einbruch bei der Photovoltaik. Die Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren sollten sinken.» Die Überförderung, die es gab, das muss man ehrlich einräumen, sollte beendet werden. Aber tatsächlich ist die Bundesregierung weit übers Ziel hinausgeschossen. Die Quittung haben wir dann 2022 bekommen, als wir die Abhängigkeit vom russischen Gas schlagartig beenden und eben leider auch teuer bezahlen mussten.

Übrigens ging die Abhängigkeit so weit, dass wir nicht nur die Hälfte des Erdgases aus Russland bezogen haben. Nein, wir haben gleichzeitig noch zugelassen, dass der größte Gasspeicher – und man muss verstehen, Gasspeicher sind ja dazu da, dass man für den Fall, dass es ein Problem mit dem Beziehen des Gases gibt, eine einheimische Alternative hat – zufälligerweise Gazprom Germania gehörte. Auf die Idee muss man erst mal kommen. Du beziehst 50 Prozent deines Gases vom Verbrecher Putin. Du willst es noch zusätzlich mit Nord Stream 2 erhöhen. Du verkaufst deinen größten Gasspeicher auch an Putin. Und jetzt kommt es: Zum Beginn des Krieges, Zufall natürlich, mussten wir feststellen, dass der Gasspeicher leer war. Das war die Situation, die man vorgefunden hat. Also es macht schon einen Unterschied, wer die Verantwortung trägt und ob man eben auch auf solche Dinge achtet.

Und da wir auch in einer Zeit leben, wo das Bashing ja sehr populär ist gegenüber den Ökos und auch den Vertretern meiner Partei, will ich mal sagen, ich kritisiere vieles an meiner Partei. Und da gibt es auch sicherlich vieles, was man besser machen kann, anders machen kann. Das ist ja das Schöne in der Demokratie. Das darf man, soll man und das müssen wir aushalten. Aber eins will ich schon mal zur Ehrenrettung sagen. Ich habe noch nie was von Russland-Connection gehört in meiner Partei. Ich habe noch nie was von einer Aserbaidschan-Connection gehört in meiner Partei. Bei uns gibt es auch Connections, aber Deutschland-Connections, Europa-Connections und keine Connections, die sich an Verbrechern ausrichten und deren Interessen hier vertreten. Das gehört sich nicht, meine Damen und Herren. Das sollten wir bitte schön lassen.

Und vergessen wir mal nicht, die sind nicht alle weg, diejenigen, die die Moskau-Connection oder die Baku-Connection vertreten haben. Manche davon sitzen nach wie vor im Deutschen Bundestag. Kleine Bitte an die Kollegen von den anderen demokratischen Parteien, passen Sie da auf, weil die sitzen da nicht einfach, weil es so schön ist, sondern die vertreten politische Interessen. Also, meine Damen und Herren, politische Entscheidungen können bremsen, sie können aber auch das Gegenteil. Sie können den Ausbau der Erneuerbaren energisch vorantreiben. Ich will nur einige Beispiele nennen. Die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen durch die Bundes- und die Landespolitik. Sie wissen, das dauerte früher bis zu sieben Jahre. Das muss man sich mal vorstellen. Wir haben das in Baden-Württemberg auf unter zwei Jahre verkürzt. Das ist der Weg, der uns in die Zukunft führt. Mit dem Geschwindigkeitstempo bitte schön auch in anderen Fällen, dann kriegt man das hin. Im Landkreis Schwäbisch Hall werden Genehmigungsverfahren jetzt in acht Monaten abgeschlossen. Also, das geht doch.

Dieses Baden-Württemberg-Tempo darf es gerne künftig überall haben. Ich will, dass die Bilder von Transportern mit gefüllten Aktenkoffern und Aktenordnern, die man für den Antrag für ein Windrad stellen musste, dass die der Vergangenheit angehören. Auch das muss künftig so laufen, dass es zügig vorangeht, damit wir beim Ausbau vorankommen. Die Solarpflicht, die wir in Baden-Württemberg für neue Gebäude eingeführt haben, bei grundlegenden Dachsanierungen, das ist genau der Weg, den wir brauchen. Der schnellere Ausbau des Übertragungsnetzes. Voraussichtlich im kommenden Jahr geht mit Ultranet die erste HGÜ-Leitung in Betrieb. Dadurch kann der Windstrom aus dem Norden zu uns transportiert werden. Und der Solarstrom von uns gerne auch in den Norden.

Was steht an? Politische Entscheidungen können den Ausbau bremsen, sie können ihn voranbringen. Die neue Bundesregierung, ich begrüße das ausdrücklich, hat sich im Koalitionsvertrag zu den Pariser Klimazielen zur Energiewende bekannt. Das ist gut. Wir können das nicht mit 51 Prozent gegen 49 Prozent durchsetzen. Für diese Fragen braucht es breite Mehrheiten, damit sie sich darauf verlassen können, unabhängig davon, wenn die Regierungen wechseln, dass die Richtung bleibt. Aber wir müssen genau hinschauen, dass den großen Bekenntnissen auch konkrete Taten folgen. Und da haben wir ein paar Probleme, wenn man ins Kleingedruckte schaut. Das Referenzertragsmodell soll überprüft werden. Jetzt kann man sich denken, na ja, was hat es damit auf sich? Dahinter verbirgt sich nichts anderes als ein Bonus für die Orte, an denen die Windkraft mit einem höheren Aufwand zu kämpfen hat. Es dürfte nachvollziehbar sein, dass ein Windrad in der Mittelgebirgslandschaft aufwendiger zu erstellen ist, als beispielsweise in der Küstennähe. Fällt der Bonus weg, dann wird es für uns in Baden-Württemberg massiv schwer, neue Windkraftanlagen zu bauen.

Also, auch da meine Bitte an die Kollegen der demokratischen Parteien, kämpft mit uns gemeinsam in Berlin dafür, dass das Referenzertragsmodell bleibt und nicht geändert wird. Wir brauchen mehr und nicht weniger Windenergie in Baden-Württemberg, wenn wir unsere Ziele gemeinsam erreichen wollen. Und ich will auch noch mal deutlich sagen, anders als geplant müssen die neuen Kraftwerke, die geplant sind, künftig nicht mehr wasserstofffähig sein, wie es Berlin jetzt vorsieht. Sie sollen nicht nur zur Vermeidung von Engpässen, sondern auch zur Stabilisierung des Strompreises laufen. Statt wie bislang 10 Gigawatt neuen Gaskraftwerken wird jetzt mit 20 Gigawatt geplant. Sie alle wissen, dass neue Gaskraftwerke mit die höchsten Gestehungskosten haben. Ich habe noch nicht so richtig verstanden, wie damit der Strompreis stabilisiert werden soll. Unmittelbar einleuchtend ist es für jemanden aus Baden-Württemberg, der Mathe nicht abwählen konnte, nicht zwingend, von den Folgen für den Klimaschutz mal ganz zu schweigen. Deshalb, liebe Gäste der Jubiläumsfeier, der Ausbau der Erneuerbaren ist das Rückgrat der Energiewende. Er muss so organisiert werden, dass natürlich unsere Industrie wettbewerbsfähig bleibt, dass natürlich die Energie für die Haushalte bezahlbar ist. Dass Strom wie bislang verlässlich zur Verfügung steht. Ein alter Spruch lautet: Sonne und Wind schicken uns keine Rechnung. Das stimmt ja auch.

«Sie haben vor 30 Jahren das Bestehende hinterfragt, weil Sie gesehen haben, dass der Weg in die Zukunft jenseits der existierenden Pfade liegt.»

Cem Özdemir

Aber es gehört leider auch dazu, wo wir früher wenige Kraftwerke hatten, die rund um die Uhr liefen, haben wir heute eine hohe Anzahl von Kraftwerken, vom großen Windpark bis zum kleinen Solardach. Und die liefern halt nicht immer kontinuierlich Strom. Deshalb müssen wir das gesamte System umbauen. Mit Netzen, mit Speichern, mit Kraftwerken, die schnell einspringen, wenn wir nicht genug Wind- und Sonnenstrom haben, mit der Digitalisierung, mit flexiblen Preisen. Alles das gehört dazu und alles das ist machbar. Aber, das gibt es nicht zum Nulltarif. Wir sehen es in der Stromrechnung, wenn wir uns die Netzentgelte anschauen, die immer weiter steigen. Darum rate ich uns dazu, dass wir nicht einfach drauflosbauen, sondern dass wir die Energiewende so ökonomisch und ökologisch wie möglich machen, indem wir den Ausbau der Erneuerbaren und den Ausbau der Netze optimal aufeinander abstimmen. Indem wir neue Stromleitungen, wo immer möglich, als Freileitungen bauen, statt sie für viele Milliarden in der Erde zu verbuddeln.

Das ist wahnsinnig teuer und auch ökologisch nicht ohne. An dieser Stelle einen schönen Gruß an die Nachbarn aus Bayern, die das leider durchgesetzt haben. Ich nenne Ihnen mal die Zahl. 35,3 Milliarden Euro kostet das Erdkabel zusätzlich zu den Freileitungen. Das in einer Zeit, wo wir Schulden aufnehmen müssen, als ob es kein Morgen gäbe. Die Dauer ist zwei- bis fünfmal so lang, wenn wir die Freileitungen nicht machen, sondern die Erdkabel machen. Also, wo immer möglich, sollten wir Freileitungen statt Erdkabel machen, damit wir im Geschwindigkeitstempo nicht nachlassen. Und wir müssen uns überlegen, wie wir den Umbau sinnvoll finanzieren. Es muss gerecht sein, unter uns heutigen und zwischen den Generationen. Darum ist der Umbau der Stromversorgung ein Generationenprojekt. Damit er wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleibt, damit die Wirtschaft und die Zustimmung der Leute nicht flöten geht, brauchen wir den Umbau der Stromversorgung.

Das muss man ähnlich finanzieren wie den Ausbau des Schienennetzes oder den Anschluss damals an die Wasserversorgung. Sie wissen, das waren Generationenprojekte. Die waren anfangs teuer, aber sie haben sich eben bezahlt gemacht, weil dadurch das Leben sicherer und besser wurde. Darum ist mein Vorschlag, dass wir den Umbau der Stromversorgung weg von den fossilen Energieträgern hin zu den vielen erneuerbaren Kraftwerken ähnlich gestalten. Wir müssen das als ein Generationenprojekt finanzieren, dann überfordert es uns wirtschaftlich nicht. Und ich halte es auch für gerechtfertigt, weil die Vorteile werden wir viele Jahrzehnte gemeinsam haben.

Liebe Gäste, innerhalb der Energiewende gibt es viele Alternativen. Ich habe einiges skizziert. Es gilt jetzt, klug zu wählen, um dieses Generationenprojekt voranzubringen. Zur Energiewende gibt es meines Erachtens keine vernünftigen Alternativen. Denn die Erneuerbaren, sie sind unschlagbar. Sie sind gut fürs Klima. Sie sind auf Dauerkosten günstig. Sie machen uns unabhängig. Sie bieten die Möglichkeit, dass wir als Gemeinschaft, so wie Sie es vorleben, davon profitieren. Die EWS Schönau haben als Pionier unschätzbare Arbeit geleistet. Sie haben vor 30 Jahren das Bestehende hinterfragt, weil Sie gesehen haben, dass der Weg in die Zukunft jenseits der existierenden Pfade liegt. Weil Sie wussten, wir brauchen Veränderung, damit wir erhalten, was uns lieb und was uns teuer ist. Dass Sie dabei gegen scheinbar übermächtige Gegner gekämpft haben, davon haben Sie sich nicht entmutigen lassen. Und auch Sie haben sich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen, sondern sie sind Ihren Überzeugungen treu geblieben.

Heute sind wir auf diesem Weg in die Zukunft und wir wollen ihn gemeinsam weitergehen. Wir wollen nicht zurück in die Vergangenheit, zu Kohle, zu Atom oder zu russischem Gas. Was wir dafür brauchen, sind kreative und mutige Menschen wie Sie. Die anpacken, weil Sie wissen, es geht um unsere gemeinsame Zukunft. Deshalb verbinde ich das Ende meiner Rede mit einem herzlichen Dank für Ihre Arbeit, aber auch mit einem Wunsch. Sorry, jetzt kommt halt doch der Schwabe durch. Feiern Sie, was das Zeug hält. Aber ab morgen machen wir uns wieder an die Arbeit, denn Sie werden dringend benötigt. Herzlichen Dank.

Fotos: Albert Josef Schmidt

30 Jahre gemeinsam für die Energiewende

Alter ist bekanntlich nur eine Zahl – außer beim Kampf für den Klimaschutz: Die EWS feiern dieses Jahr ihr 30. Jubiläum und den 15. Geburtstag ihrer Genossenschaft. Wir wünschen uns zum Geburtstag etwas, das die Macht hat, erstarkten rechten Kräften und autokratischen Mächten die Stirn zu bieten. Wir wünschen uns: Zusammenhalt. Ohne ihn gäbe es uns nicht. Darum feiern wir zu unserem Jubiläum die Macht der Gemeinschaft – und laden alle Menschen, in denen ein Rebell:innenherz schlägt, dazu ein.

Mach mit!