Unser diesjähriges Schönauer Stromseminar fand unter dem Motto «Die Zukunft liebt Rebell:innen» ganz im Zeichen von gleich zwei Jubiläen statt – 30 Jahre EWS und 15 Jahre Genossenschaft. Zu diesem feierlichen Anlass hielt dort Dr. Simone Peter, noch amtierende Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) und langjährige Energiewende-Expertin, eine Festrede. Darin unterstrich sie, dass die Schönauer Geschichte exemplarisch für die Bürgerenergiewende in Deutschland steht: «Ich bin sehr, sehr froh, dass mit den Elektrizitätswerken Schönau, mit den Schönauer Stromrebellen vor 30 Jahren dieser Weg beschritten und jetzt dieser wahnsinnige Erfolg, den wir heute schon haben und als industrielle Größe bezeichnen können, sich in Deutschland durchgesetzt hat.» Die Festrede von Dr. Simone Peter stellen wir Ihnen etwas weiter unten zur Verfügung.
Zur Person Dr. Simone Peter

Dr. Simone Peter gehört zu den profiliertesten Stimmen der deutschen Energiewende-Politik. Als promovierte Biologin begann sie ihre Laufbahn im Bereich der erneuerbaren Energien an der Seite des visionären Solar-Pioniers Hermann Scheer bei EUROSOLAR. Ihr Engagement führte 2004 zur Gründung der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). In ihrer politischen Karriere setzte sie als Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes (2009–2012) wichtige Impulse für die regionale Energiewende.
Nach einer Station als stellvertretende Fraktionsvorsitzende im saarländischen Landtag prägte sie als Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen (2013–2018) die bundespolitische Debatte um die Energiewende maßgeblich mit. Seit März 2018 steht Dr. Simone Peter als Präsidentin dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) vor, wo sie die Interessen der gesamten Branche der erneuerbaren Energien vertritt.
Video der Festrede von Dr. Simone Peter vom 28. Juni 2025

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Festrede von Dr. Simone Peter im Wortlaut
Ja, ganz herzlichen Dank für die Einladung, lieber Sebastian Sladek, lieber Alexander Sladek. Ich hätte jetzt noch Stunden zuhören können, also ich gebe gerne was von meiner Redezeit ab, weil diese Geschichte – wow. Man kennt ja vieles und ich bin auch fast schon so lange unterwegs für die Erneuerbaren und für die Energiewende und auch ähnlich sozialisiert, dazu werde ich noch ein paar Sätze sagen. Aber diese Geschichte steht einfach für die Bürgerenergiewende in Deutschland wie kaum eine andere. Und es ist ein Überzeugungsmoment. Das hat man, glaube ich, gestern in der Genossenschaftsversammlung gesehen, von der ich gehört habe, und heute auch.
Es überzeugt, es überzeugt die Region und es überzeugt immer mehr Menschen. Das ist genau das Beispiel, was wir brauchen. Deswegen ist es wunderbar, hier zu sein. Ich freue mich auch sehr, die liebe Eva [Stegen] zu sehen. Auch wir sind über viele Jahre eigentlich eher im Anti-Atom als pro-Erneuerbaren-Kontext immer wieder zusammengekommen, weil sie eine Kämpferin für die Sache gegen die Atomkraft ist. Und wir brauchten diese Bewegung zeitgleich in Deutschland, in Europa, um gleichermaßen klarzumachen, wir brauchen keine gefährlichen Energieträger mehr, sondern wir haben die erneuerbaren Energien, die leisten den Ersatz und noch viel mehr, um die Energieversorgung zu sichern. Deswegen bin ich auch sehr, sehr froh, dich heute hier zu sehen. Andreas Wieg haben wir schon im Hotel heute Morgen getroffen. Ich freue mich auch. Es ist wie ein Familientreffen hier. Wunderschön, heute hier zu sein. Und zunächst mal ganz, ganz herzlichen Glückwunsch zu drei Jahrzehnten EWS Schönau und 15 Jahren Genossenschaft!
Liebe Schönauer, das ist wirklich ein riesiger Erfolg. Deswegen danke für Ihr Engagement hier von dieser Stelle zuerst mal. Und natürlich bewegt auch der Rückblick von Alexander Sladek, auch, weil die Treiber und Initiatoren, natürlich die Eltern, Michael und Ursula Sladek, ich durfte sie auch kennenlernen, auch in meiner früheren Geschichte von EUROSOLAR aus. Hermann Scheer war ein enger Begleiter der Bürgerenergiebewegung in Deutschland, und dass die Treiber und Initiatoren hier vor Ort als Mitbegründer und Michael Sladek, auch langjähriger Vorstand, diese Geschichte hier geprägt haben. Das ist was ganz Besonderes und ich kann mir sehr gut vorstellen, wie groß der Verlust ist, nicht nur für die Familie, sondern auch für die Freunde, aber auch für die gesamte Bürgerenergiebewegung, wenn ein solcher Pionier geht. Und ich freue mich, dass wir diese Erinnerung hier so deutlich ins Leben rufen.
Die Begegnungen sind, habe ich eben gesagt, auch schon einige Jahre her, aber sie bleiben in Erinnerung, weil diese Menschen, die die Bürgerenergiebewegung vor drei, ja manche sogar vier Jahrzehnten aufgebaut haben als Pioniere, einfach der Stein des Anstoßes waren, die gesamte Energiewende hervorzubringen. Das waren eben die Sladeks, das war Hermann Scheer, das war Franz Alt, das waren andere, die das auch früh in ihren Mahnungen, das war Hartmut Graßl, wie eben gezeigt, auch deutlich gemacht haben, vor vier, fünf, sechs Jahrzehnten eigentlich schon. Erstens, es gibt die Klimakrise. Zweitens, es gibt die atomare Bedrohung. Und drittens, es gibt Alternativen. Das waren die ersten, die Solaranlagen auf ihre Dächer gesetzt haben und das ausgebaut haben. Bürgerinnen und Bürger waren mit viel Engagement dabei und haben mit diesem Engagement auch dafür geworben, dass man in der Nachbarschaft dann auch Menschen angesteckt hat und eben so weit ging, wie hier, dass man sogar einen ganzen Ort mitnimmt, um die Energiewende zu organisieren.
Und ich will auch nochmal die Geschichte Revue passieren lassen. Nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl 1986 haben sich viele überlegt: Ist das jetzt wirklich, in diesem akuten Moment der Bedrohung, nicht eine Zeit, in der wir umsteuern müssen? Und deswegen war es gut und wichtig, dass Michael und Ursula Sladek hier mit den Schönauer Bürgerinnen und Bürgern die Schönauer Energie-Initiativen gegründet haben, sich klar gegen die Atomkraft gestellt haben und sich für – und das ist immer genau das, was wir brauchen, die Geschichte, dass es nach vorne geht – eine menschen- und umweltfreundliche Energieversorgung einsetzten. Das war auch meine energiepolitische Sozialisation.
Ich will jetzt weniger über mich reden, aber das muss ich hier einpflocken, weil es genau auch 1986 war. Meine Mutter war damals Gesundheitsministerin im Saarland. Da wurden die Spielplätze gesperrt, da wurden die Sportplätze gesperrt, da wurden Nahrungsempfehlungen rausgegeben. Ich war da gerade so kurz nach dem Abitur. Wir haben uns alle überlegt, wie verhalten wir uns in der aktuellen Situation. Bei mir kam vor Ort dazu, im gleichen Jahr ist diese riesige Atomzentrale Cattenom in der Nachbarschaft im Saarland ans Netz gegangen. Und das war wie hier in Baden-Württemberg die Nähe zu Fessenheim ein ständiger, jahrzehntelanger Kampf im Saarland gegen diese Atomzentrale, der in dem Moment «verloren» war, als die Atomzentrale ans Netz ging, gegen die wir uns als Familie über Jahre eingesetzt haben – im Prinzip bis heute und sie läuft immer noch dramatisch. Sie hat auch mit Fessenheim eine der schlechtesten Ergebnisse im Stresstest der EU bekommen.
«Es war gut und wichtig, dass Michael und Ursula Sladek hier mit den Schönauer Bürgerinnen und Bürgern die Schönauer Energie-Initiativen gegründet haben, sich klar gegen die Atomkraft und für eine menschen- und umweltfreundliche Energieversorgung einsetzten. Das war auch meine energiepolitische Sozialisation.»
Aber das war so ein Moment zu sagen, man muss etwas tun. Man muss sich für die Umwelt, für den Klimaschutz, für die Erneuerbaren, gegen die Atomkraft engagieren. Das war auch das Engagement zu Hause bei meinen Eltern mit meinem Vater, der Solarrennen, Elektromobilrennen, Energiesparmessen, Solarberatungen auf den Weg gebracht hat, in einer ähnlichen Zeit. Nicht mit der Größenordnung, wie das dann hier bei den Elektrizitätswerken entstanden ist, aber doch so, dass man mitgerissen war. Und dass ich sein kleines Elektroauto, das er mit 88 Jahren vor zehn Jahren gekauft hat, heute noch fahre, ist auch so ein Zeichen, dass man manche Dinge mitnimmt. Das war auch schon der kleine Exkurs ins Private.
In Schönau passierte noch viel, viel mehr. Eben mit dem Entschluss, das Schönauer Stromnetz selbst zu übernehmen, unabhängig vom Atomstrom zu sein – die Geschichte wiederhole ich jetzt nicht. 1997 war es dann so weit, dass man es geschafft hat und mit der Umwandlung der Gründungsgesellschaft in eine Genossenschaft im Jahr 2009 war eben auch nochmal ein weiterer Schritt gegangen, um tatsächlich die aktive Gestaltung und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in der Genossenschaft zu manifestieren und die Menschen hier mitzunehmen. Das genau, habe ich eben gesagt, war auch der Grundstein für viele in der Republik. Andere Ökostromanbieter haben sich gegründet. Ich war bei der 30-Jahr-Feier von Naturstrom – letztes Jahr war die in Düsseldorf – mit dabei. Greenpeace hatte sich überlegt, in die Energieversorgung einzusteigen, heute Green Planet Energy, auch bei uns im Verband sehr aktiv.
Bündnis Bürgerenergie war ja auch, wie ich gelesen habe, ein Bestandteil oder sogar eine frühe Gründungsinitiative von Michael Sladek. Das Bündnis Bürgerenergie ist heute noch im Bundesverband Erneuerbare Energie Mitglied und wir bei ihnen. Also diese Geschichte der Ökostromer, die auch heute weit mehr machen, weil sie ja eben Netze, Wärme, die Sektorenkopplung mitnehmen. Das ist etwas, was viele begleitet hat und was sehr, sehr wichtig war, um in Deutschland die Energiewende voranzubringen. Und genau das ist es auch, wie es weitergehen muss. Wir haben in den letzten Jahren, gerade in den letzten drei, vier Jahren, nochmal viel Rückenwind für die Erneuerbaren bekommen, gerade für die Wind- und Solarenergie. Das hatte mit dem Engagement der letzten Ampelregierung zu tun.
Das hatte aber natürlich auch damit zu tun, dass wir einen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine erlebt haben, der innerhalb von wenigen Wochen die Gaspreise nach oben getrieben hat aufgrund einer einseitigen Abhängigkeit von russischem Erdgas und der auch wieder deutlich gemacht hat, diese Importabhängigkeit, egal jetzt ob von Kohle, Atom, Öl oder Gas, das ist etwas, was wir ablegen müssen, was uns nicht nur aus Klima- und Umweltgründen bewegen muss, die Energiewende zu vollziehen, sondern eben auch aus volkswirtschaftlichen Gründen, dass es nicht einfach zu teuer ist und dass wir es uns schlicht nicht leisten können, auf fossile und atomare Energieträger zu setzen. Und deswegen war das sehr, sehr gut und richtig. Manches hat gefehlt, aber das ist auch genau das, was wir jetzt in einer Diskussion, wo wir eine neue Bundesregierung haben, intensiv mit der Bundesregierung diskutieren müssen, dass wir keinen Neustart der Energiewende brauchen, sondern dass es darum gehen muss, die Energiewende in die nächste Entwicklung hineinzubringen.
Die Erneuerbaren sind mittlerweile systemsetzend, vor allen Dingen im Strombereich. Wir haben im letzten Jahr schon über 50 Prozent Anteil an der Bruttostromerzeugung, über 60 Prozent an der Nettostromerzeugung durch erneuerbare Energien. Es ist der Großteil der Versorgung gesichert durch erneuerbare Energien, ohne dass ein Blackout, große Kostenberge oder sonst irgendwas passiert wäre, sondern sie arbeiten stabil und zuverlässig. In der Wärme ist noch ein großer Berg zu stemmen, aber wichtig sind eben diese Weichen, die gestellt wurden. Und das muss jetzt auch der Rahmen sein, der mit der neuen Regierung die Energiewende weiter begleitet. Man kann vielleicht sagen, dass SPD, CDU, CSU im Koalitionsvertrag schon eine klare Ausrichtung auf Innovation, Investitionen in einen starken Wirtschaftsstandort, eingebettet im europäischen Binnenmarkt, vorgelegt haben, auch dort ein klares Bekenntnis zu den nationalen und europäischen Klimazielen festgelegt haben, auch mit der Betonung auf die Bedeutung der erneuerbaren Energien als Schlüsseltechnologien und dass die Energiewende Wirtschaft und Verbraucherinnen und Verbrauchern so nutzen soll, dass sie zu Mitgestalterinnen und Mitgestaltern werden.
«Wir brauchen keinen Neustart der Energiewende, sondern den nächsten Entwicklungsschritt!»
Entbürokratisierung, Mieterstrom, Bürgerenergie, Energy Sharing, die Begriffe sind im Koalitionsvertrag zu finden und das ist auch gut so, weil es wichtig ist, dass das unterfüttert werden muss, auch mit Rahmenbedingungen, um die Bürgerenergie und das Energy Sharing weiter voranzubringen. Natürlich irritiert es dann, wenn eine Ministerin gerade ein paar Wochen im Amt sagt, na ja, bei den Klimazielen ist es jetzt nicht ganz so relevant, ob wir 2045 oder 2050 die Klimaziele erreichen. Die Erneuerbaren brauchen noch einen starken Partner an der Seite. Wir kommen nicht klar ohne das Erdgas. Wir brauchen große Kraftwerkskapazitäten. Wir müssen auch gucken, dass die Erneuerbaren nicht überfordern, dass wir erst mal den Netzausbau hinkriegen, dann die Erneuerbaren wieder ins System bringen. Das darf auch alles nicht so viel kosten. Das lässt so ein bisschen die Alarmglocken schrillen.
Dennoch, glaube ich, ist klar, auch in der Gesamtregierung, und es gibt ja mehrere Ressorts, die dafür verantwortlich sind, dass die Möglichkeiten, die die erneuerbaren Energien haben, und dass vor allem die Marktsituation – vor ein paar Jahren wäre man vielleicht belächelt worden, zu sagen, wir fokussieren uns auf den Markt – so sind, dass im letzten Jahr über 90 Prozent aller Investitionen in Energietechnologien global in erneuerbare Energien gegangen sind. Das lässt deutlich den Weg der Zukunft zeigen, dass diejenigen, die investieren, egal aus welchen Gründen, viele investieren gar nicht aus Klimaschutzgründen, dass die, die global investieren, wissen, die Stromgestehungskosten sind mittlerweile so günstig für erneuerbare Energien, also gerade speziell für Sonne und Wind, dass eben in diese Technologien investiert wird. Das ist auch die Hoffnung, dass, ich will nicht sagen, egal welche Regierung kommt, aber jetzt die Möglichkeiten bestehen, hier weiterzugehen und die Potenziale der erneuerbaren Energien zu nutzen.
Das sage ich auch deswegen, weil in den letzten Jahren war es mit der Vorgängerregierung etwas schwieriger, über die flexiblen steuerbaren Erneuerbaren zu reden, weil wir haben große Potenziale dann durchaus auch noch bei der Bioenergie, bei Biogasanlagen sehr regional verankert, die auch noch viel Potenzial für Rest- und Abfallstoffe haben. Die Wasserkraftanlagen, gerade hier auch im Süden und Südwesten, die Geothermie, die Speicher, die gerade boomen. Man muss ja schon erstaunt sein, dass nicht nur die Bürgerinnen und Bürger, sondern auch diejenigen, die in Freiflächen-Solar investieren, die Batterien zusätzlich ohne weitere Förderung installieren. Da kommt ja keine Förderung aus dem EEG oder sonst wo, sondern da sind die Kosten so weit gesunken, dass eben diese Potenziale zu heben sind und dass wir daraus die Energiewende weiter voranbringen können.
Ganz klar ist, dass es einen gesicherten Investitionsrahmen braucht. Auch hier sind wir gerade intensiv in Berlin in der Diskussion mit der Bundesregierung, weil es ja eine große Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes braucht. Wenn man eins sagen kann, wir haben am 1. April 25 Jahre Erneuerbare-Energien-Gesetz gefeiert, das war ein maßgebliches Instrument für die Energiewende in Deutschland. Man kann sagen, es war nur für den Strombereich. Wir wissen, wir sind jetzt quasi bei 60 Prozent erneuerbarer Energien beim Strom, wir werden viel Elektrifizierung erfahren, weil ich ganz fest davon überzeugt bin, dass wir die Elektrifizierung im Wärmebereich haben werden. Im ländlichen Raum natürlich auch noch die Bioenergie, die Holzpellets, die Holzenergie, die Solarthermie, die Geothermie wird kommen.
Aber es werden Wärmepumpen kommen. Im Neubau sind die Wärmepumpen einfach die vorrangige Wahl oder die vorrangige Technologie der Bürgerinnen und Bürger. Wir sehen auch zunehmend Fluss- und Abwasserwärmepumpen. Wir werden die Elektrifizierung im Verkehr bekommen und natürlich auch für die Moleküle brauchen, für grünen Wasserstoff oder E-Fuels, wenn dieser Verkehr nicht elektrifiziert werden kann, aber auch für die Industrie. Und deswegen ist dieses Instrument so wichtig gewesen. Und es war eine enorme Erfolgsgeschichte, dass wir von 2 bis 3 Prozent vor 25 Jahren eben jetzt bei 60 Prozent gelandet sind. Die großen Energieversorger haben damals gesagt, wir werden nie über drei, vier Prozent Erneuerbarer-Energien-Anteil im Stromsystem kommen. Und hier eines Besseren belehrt zu haben, glaube ich, das war ein riesiger Erfolg.
Von daher würde ich hier auch nochmal sagen, ganz, ganz herzlichen Glückwunsch Erneuerbares-Energien-Gesetz und an diejenigen, die das damals auch vorangebracht haben. Ich sage das auch, weil wir alle da gegenüber den Landespolitikern in der Bundespolitik deutlich machen müssen – und das fand ich auch wichtig in dem Seminar, was am 1. April in Berlin stattgefunden hat von der Stiftung Umweltenergierecht, die sich intensiv über diesen Erfolg des EEG unterhalten haben und wie führt man es jetzt in die Zukunft vor dem Hintergrund, dass die EU einen anderen Rahmen sieht –, dass das EEG nach wie vor auch gerade von den Bankern, also von den Finanzierern, als Goldstandard bezeichnet wurde, weil es eine sichere Finanzierung gibt. Und das ist natürlich auch so, und das sage ich deswegen hier, weil es die Akteursvielfalt in Deutschland vorangebracht hat.

Natürlich investieren heute auch viele über PPAs, also förderunabhängige Instrumente, in die erneuerbaren Energien. Aber gerade das EEG hat dazu geführt, dass wir weltweit so eine große Akteursvielfalt haben, die eben von den Bürgerinnen und Bürgern bis über die Stadtwerke und großen Gesellschaften die Energiewende und den Ausbau der erneuerbaren Energien zulässt. Deswegen ist es wichtig, dieses Höchstmaß an Finanzierungssicherheit auch in die Zukunft zu führen mit dem gesetzlichen Zahlungsanspruch und dem gesetzlichen Anschluss- und Abnahmeanspruch. Es ist ein effizientes, ein effektives, verlässliches Instrument, hat enorme Wertschöpfung gebracht und eine enorme Kostendegression verursacht. Die Kosten für das Solardach wurden eben benannt, 200.000 Euro, heute kriegt man es für weniger als ein Zehntel, ein Fünfzehntel wahrscheinlich, inklusive Wechselrichter.
In diesen 25 Jahren hat sich die installierte Leistung der erneuerbaren Energien verfünfzehnfacht, die Stromerzeugung aus Erneuerbaren verfünfzehnfacht, die Investitionen haben eine Summe von 316,5 Milliarden Euro gebracht. Das wird oft vergessen, es wird oft nur von den Kosten der Energiewende und des EEG gesprochen. Aber dass man Investitionen ausgelöst hat, die ja auch vor Ort Wertschöpfung bringen. Umsätze aus dem Anlagenbetrieb in Höhe von 143,5 Milliarden Euro, Senkung der Stromgestehungskosten, die sich eben auch da widerspiegeln, von 58 Cent pro Kilowattstunde. Das muss man sich vorstellen, das waren die ersten Beiträge auf weniger als 5,8 Cent pro Kilowattstunde bei der Photovoltaik heute und im ähnlichen Bereich ja auch bei der Windenergie.
Wir haben in der Spitze allein durch das EEG 316.000 Menschen in Beschäftigung gebracht, über 400.000 in der Branche insgesamt und seit 2004 den Einsatz – und das finde ich auch sehr, sehr wichtig – von über 7.000 Terrawattstunden Primärenergie, 7.360 Terrawattstunden Primärenergie aus fossilen Energieträgern und entsprechenden Energieimporten vermieden und gleichzeitig auch die Treibhausgasemissionen in Höhe von 2,2 Milliarden Euro Tonnen CO₂-Äquivalenten vermieden. Das muss man erst mal können. Das ist die Erfolgsgeschichte des Erneuerbare-Energien-Gesetzes.
Was wir in der letzten Regierung in der Ampel schon diskutiert haben, was aber jetzt dringend kommen muss, weil systemsetzende Erneuerbare heißt nicht, dass wir jetzt die Erneuerbaren nach dem alten System ausrichten müssen. Auch das ist eine Debatte, wo wir, glaube ich, im Moment noch ziemlich rangeln müssen. Wenn man jetzt nochmal in Gaskraftwerke geht und den Gedanken groß zu denken, den muss man ein Stück weit ablegen, wenn man eine dezentrale Erzeugungsstruktur hat. Es geht jetzt darum, dass wir den Strommarkt nach den erneuerbaren Energien ausrichten. Das ist was völlig anderes. Also, das Energiemarktdesign muss den dezentralen erneuerbaren Energien und deren Bedürfnissen folgen. Es braucht einen Rechtsrahmen, um die Verteilnetze stärker auszubauen, zu digitalisieren, das ganze Thema Verbraucherflexibilität voranzubringen. Und da ist es eben neben der Absicherung eines Finanzierungsrahmens für den weiteren Ausbau wichtig, dass wir die Energiewende so weiter organisieren, dass der Strommarkt jetzt nach den Richtlinien der erneuerbaren Energien vorangebracht wird.
«Es geht jetzt darum, dass wir den Strommarkt nach den erneuerbaren Energien ausrichten. Das Energiemarktdesign muss den dezentralen erneuerbaren Energien und deren Bedürfnissen folgen!»
Vielleicht noch zwei Spitzenwerte, bevor ich zur Marktintegration komme. Wenn man von den günstigen erneuerbaren Quellen Photovoltaik und Wind spricht, dann muss man auch wissen, dass wir jetzt im Mai schon nicht mehr nur bei 60 Prozent, sondern bei über 70 Prozent erneuerbare Energien gewesen sind, weil die Sonne so stark geschienen hat. Die Windinstallation ist durch die Möglichkeiten, die die Ampel gegeben hat – starke Genehmigungen, aber auch starker Zubau –, jetzt auch auf 65 Gigawatt installierte Leistungen – das ist jetzt gerade die aktuelle Zahl des Bundesverbandes Windenergie – angestiegen. Auch im Süden kriegen wir langsamen Zuwachs, immerhin, dringend notwendig. Es lohnt sich, die Kommunen zu beteiligen. Das ist, glaube ich, auch eine Folge der Gesetzgebung aus der letzten Periode.
Und die Genehmigungsdauer nimmt ab. Das heißt, bei der Windenergie ist ganz klar: Die Ziele, die jetzt im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegt sind, die sind zu erreichen. Wir haben bei der Photovoltaik einen Einspeiserekord im Mai gehabt, mit 9,8 Terawattstunden. Übrigens ist kein Blackout und kein Netzzusammenbruch bisher zu sehen. Ich halte, oder wir als BEE, halten diese Debatte auch ein Stück weit für überzogen. Wir sind jetzt mal sehr gespannt, wie Analysen in Spanien aussehen, die eine vollkommen andere Struktur haben, jenseits dessen, dass Spanien eine Randlage hat und wir im europäischen Netz wunderbar einbezogen sind, sodass Netzschwankungen besser ausgeglichen werden.
Aber wenn es hohe Einspeisesituationen gibt, dann kann es lokale Probleme geben. Aber das Problem als ein bundesweites Problem darzustellen, weshalb man jetzt in großem Stile Photovoltaikanlagen abregeln sollte, das wäre völlig absurd. Es ist völlig richtig, bei weiterem Ausbau der Photovoltaik die Steuerung, die Speicherung stärker in den Blick zu nehmen. Aber das wird ja auch schon gemacht. Also mit dem Solarspitzengesetz sind jetzt Rahmenbedingungen gegeben, dass wir in Zukunft die Anlagen besser steuern, dass wir sie aber vor allen Dingen nutzen, statt die kostbare Energie abzuregeln. Mit der Sektorenkopplung in den Wärmepumpen, in den E-Autos, im größeren Stil in Norddeutschland mit grünem Wasserstoff, mit den Möglichkeiten, sie in Großwärmepumpen zu packen. Also wir haben genügend Bedarfe, um diesen Ökostrom zu nutzen.
Und wenn man diese Anforderungen stellt, dann muss man auch die Bedingungen erfüllen, dass man überhaupt eben steuern oder speichern kann. Das heißt, wir brauchen endlich eine Offensive bei den Smart Metern. Warum schafft es Dänemark, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher im großen Stil mit dazu beitragen können, dass wir gar keine Solarspitzen in dem Sinne haben, sondern dass Batterien, Elektroautos und Wärmepumpen in dem Moment anspringen, in dem die Spitzen da wären? Die federn heute schon ab. Es ist also technisch gezeigt und es ist technisch möglich, und dazu muss auch Deutschland endlich kommen.
Wenn man nämlich dann sieht, dass heute der durchschnittliche Börsenstrompreis, also heute meint, das war der Schnitt von 2024, bei 6 Cent pro Kilowattstunde liegt, dann wissen wir, wir haben enorme Möglichkeiten als Verbraucherinnen und Verbraucher, aber eben auch bei der Erzeugung und auch mit der Speicherung, diese Kostengünstigkeit der erneuerbaren Energien zu nutzen. Es kommt ja auch nicht umsonst, dass wir gerade bei der Kohleverstromung auf Minimum sind, weil eben die Erneuerbaren in den Markt reinkommen, andere Technologien verdrängen, weil sie so günstig sind. Die weitere Marktintegration ist jetzt ein riesiges Thema. Also besser nutzen statt abregeln, Flexibilität, Systemdienlichkeit in den Vordergrund bringen – wir sagen, das sind die neuen Leitprinzipien des Strommarktes – und damit den Erneuerbaren auch eine Verantwortung übertragen.
Da will ich kurz nochmal umreißen, wie wir das sehen mit der Erzeuger- und Speicherflexibilität. Ich habe eben schon gesagt, wir haben Bioenergie, wir haben Wasserkraft, wir haben die Kraft-Wärme-Kopplung, Speicher, Power-to-X, also die Sektorenkopplung in andere Segmente, in andere Sektoren, die Geothermie. Das ist das dezentral steuerbare Backup, was hervorragend zu dezentralen Erzeugungen von Wind und Sonne existiert. Wir haben ausgerechnet, dass wir mit der Überbauung von Biogasanlagen zum Beispiel – also Überbauung heißt einfach die Speicherleistung, die Motorenleistung zu erhöhen, man muss gar nicht mehr Biomasse reinbringen – und mit den anderen Technologien, die ich eben nannte, 38 Gigawatt gesicherte Leistung bis 2030 durch dieses bestehende dezentrale Backup bereitstellen können. Und das würde auch durch weitere Überbauung in den nächsten Jahren noch mehr gesicherte Leistung bringen.
Auch mit den Batterien, die zur Verfügung stehen und die jetzt einen enormen Boom bringen, wenn man die Großspeicher zum Beispiel privilegiert oder Elektrolyseure und Großspeicher von Netzentgelten befreit. Da besteht Handlungsbedarf. Das würde auch zum Beispiel den Bedarf an Großkraftwerken und Gaskraftwerken reduzieren. Auch hier ist die Ministerin ein Stück weit in der Realität angekommen. Es war im Koalitionsvertrag die Planung von 20 Gigawatt Gaskraftwerken. Jetzt sollen in einem ersten Schritt rund fünf Gigawatt Gaskraftwerke ausgeschrieben werden. Da ist die EU-Beihilfe bzw. rechtliche Genehmigung noch ausstehend. Das ist schwierig, weil Robert Habeck hat damals die Genehmigung bekommen, weil er sie H2-ready ausgeschrieben hat. Das heißt, da war eine Klimaschutzkomponente drin. Jetzt sollen die erst mal rein fossil ausgeschrieben werden. Man weiß nicht, wie es ausgeht. Auch ist das Versprechen, dass man technologieoffen in diese Ausschreibung reingeht, bisher nicht erfüllt.
Unser Wunsch, unsere Forderung ist, dass wir von Anfang an, wenn jetzt Kraftwerkskapazität als gesicherte Leistung ausgeschrieben werden muss, und das ist kein Dissens, dass wir dann aber als Erneuerbare und Speicher mitbieten dürfen, dass wir gleich mit in die Ausschreibungen reingehen, um dann zu zeigen, wenn wir mitbieten mit den Biogasanlagen, mit Wasserkraft und all den anderen Technologien, dass wir dann wesentlich kostengünstiger, wesentlich schneller, wesentlich sauberer und sicherer, weil wir die heimischen Energieträger hierzulande haben, dieses Backup zur Verfügung stellen können statt den Gaskraftwerken. Und genau da muss es in den nächsten Wochen hingehen.

Wir haben ganz viele Möglichkeiten. Auf der Verbraucherseite, die Verbraucherflexibilität habe ich schon gesagt, da entstehen ganz viele neue Geschäftsmodelle. Wenn wir denn Digitalisierung und smarte Vernetzung, Smart Meter vorankriegen, auch mit dynamischen Stromtarifen, mit variablen Netzentgelten, da ist viel, viel drin, wenn der Flaschenhals, Netzanschluss und Netzausbau geweitet wird. Im Moment stecken 70 Gigawatt an Erneuerbaren und Speicherprojekten in der Anschlusswarteschleife, was deutlich macht, was da für ein Bedarf ist, um den Netzausbau voranzubringen. Es geht um die Ertüchtigung der Verteilnetze, direkte Nutzung. Das möchte ich noch mal klarmachen, darüber wollte ich eigentlich ein bisschen länger referieren: Energy-Sharing im örtlichen Raum oder auch Direktbelieferung von Unternehmen.
Auf uns kommen immer mehr Unternehmen zu, die sagen, baut uns doch den Windpark vor die Tür, dann brauchen wir gar kein großes Netz, sondern wir wollen den Strom direkt für unser Unternehmen haben. Ich glaube, dass wir damit einen riesigen Konjunkturbooster auch für die nächsten Jahre aufbauen können, die erneuerbaren Energien, die fluktuierenden, die flexibel steuerbaren, die Batterien, die Sektorenkopplung weiter voranzubringen. Und das muss sich auch in der Wahrnehmung der neuen Bundesregierung festsetzen. Es wird jetzt ein Monitoring beauftragt, um den Strombedarf, den Erneuerbaren-Ausbau, die Netze ungefähr zu quantifizieren. Da ist unser klarer Appell, man muss von realistischen Annahmen ausgehen.
«Wir brauchen die erneuerbaren Technologien, um die Energieversorgung, die Kommunen, die Bürgerinnen und Bürger, die Industrie in die Zukunft zu führen.»
Wir hören von den Netzbetreibern, dass derzeit wöchentlich Rechenzentren, vor allen Dingen KI-gestützte Rechenzentren, Anschlussbegehren stellen. Allein deren Bedarf wird in den nächsten Jahren enorm wachsen. Wir werden das auch brauchen, um Europa resilient zu halten und alles, was mit Intelligenz und Künstlicher Intelligenz zu tun hat, auch ein Stück weit bei uns zu sichern. Das heißt, der Strombedarf darf auf keinen Fall unterschätzt werden, weil dann würde man den Netzausbau wieder drosseln, die Erneuerbaren drosseln. Das würde zu Einbrüchen führen. Wir brauchen die Technologien, die erneuerbaren Technologien, um die Energieversorgung, die Kommunen, die Bürgerinnen und Bürger, die Industrie in die Zukunft zu führen. Ich bin ganz sicher, dass wir damit eine enorme Leistung bringen, um den Standort zu sichern. Und ich spreche da auch nicht von Deutschland, sondern es geht um ganz Europa.
Wir haben in Deutschland gezeigt, dass vieles geht. Mittlerweile zeigen uns viele, viele Länder, dass sie es sogar schon besser können. Das ist auch gut so, weil dann kann man diese Erfahrung wieder zurückholen und sagen, auch wir haben die Möglichkeiten, mit den erneuerbaren Energien, mit der Energiewende und am besten in Bürgerinnen- und Bürgerhand die Energiewende zu stemmen. Ich bin sehr, sehr froh, dass mit den Elektrizitätswerken Schönau, mit den Schönauer Stromrebellen vor 30 Jahren dieser Weg beschritten und jetzt dieser wahnsinnige Erfolg, den wir heute schon haben und als industrielle Größe bezeichnen können, sich in Deutschland durchgesetzt hat.
Jetzt muss man diese Regierung dahin bringen, dass sie die nächsten Schritte geht, um das System umzustellen. Und vor allen Dingen auch beim großen Sektor Wärme, den ich jetzt gar nicht mehr adressiert habe, der aber ein riesengroßes Projekt ist, auch die richtigen Weichen stellt, die Wärmewende in den Netzen und in den Gebäuden hinzubekommen mit der gesamten Wertschöpfung, die das auch für alle bietet, mit der Möglichkeit, soziale Härten abzufedern. Aber dann stellen wir das Land, stellen wir Europa auf die Zukunft ein. Und in diesem Sinne wünsche ich heute noch ganz, ganz viele gute Einblicke mit vielen spannenden Vorträgen. Grüßen Sie herzlich den Cem Özdemir heute Abend.
Das ist jetzt ein wunderbarer Übergang, dass ich die Festrede am Morgen und mein früherer Co-Vorsitzender bei der Grünen Partei am Abend hält. Aber war nicht geplant. An diesem Tag wird viel passieren. Andreas Wieg wird viel erzählen über das, was Genossenschaften stemmen können. In diesem Sinne wünsche ich einen guten Tag und auf jeden Fall auf die nächsten 30. Wir werden dann 100 Prozent in allen Sektoren geschafft haben. Wir werden Europa komplett dekarbonisiert haben müssen, weil wir wollen unseren Kindern und Kindeskindern eine Zukunft geben. Vielen Dank.
Fotos: Bernd Schumacher