Sonnencent

Kommunale Klimaentscheide sind ein wichtiges Instrument, um mit direkter Beteiligung der Bürger:innen möglichst schnell die Klimaneutralität in Deutschland zu erreichen. Unser Förderprogramm «Sonnencent» fördert diese Initiativen auf mehreren Ebenen.

Klimaneutralität von unten

Es ist nicht von der Hand zu weisen: Unserem neuen Klimaschutzminister ist ernst mit der Klimawende. Schon in den ersten Tagen hat er viele Maßnahmen benannt und angestoßen, die den Klimaschutz in Deutschland voranbringen sollen. Etwas anderes ist aber auch klar: Auf dieser Flughöhe lässt sich nicht alles ins Werk setzen und schon gar nicht so schnell, wie es angesichts der drängenden Klimakrise notwendig ist. 

Ein großer Teil der notwendigen Maßnahmen muss nämlich auf kommunaler Ebene umgesetzt werden: der Solarausbau, Effizienzmaßnahmen im Gebäudesektor, die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung, die Weiterentwicklung von Stadtwerken zu reinen Ökostromversorgern und nicht zuletzt eine Verkehrswende mit Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und dem Ausbau des ÖPNV liegen in den Händen von Kommunen und Landkreisen. Das ist eine Herkulesaufgabe. Viele Kommunen haben auch schon Klimaschutzpläne, die in Richtung Klimaneutralität weisen, aber häufig greifen diese zu kurz oder sind zu langfristig angelegt. In immer mehr Städten ergreifen deswegen die Bürger:innen selbst die Initiative und stoßen Bürgerbegehren an, mit denen wirksamere und schnellere Klimaschutzmaßnahmen durchgesetzt werden sollen. In München wurde 2017 beispielsweise mit einem Bürgerentscheid die vorzeitige Abschaltung eines Kohlekraftwerks durchgesetzt. 
 

Das Förderprogramm «Sonnencent» unterstützt derzeit Klimaentscheid-Initiativen in Aachen, Ulm und Freiburg. «Dass Bürger:innen den Klimaschutz selbst in die Hand nehmen, gehört von je her zur DNA der EWS, deswegen ist es uns ein besonderes Anliegen, diese sehr arbeitsintensiven Initiativen zu unterstützen», sagt Tanja Gaudian vom Förderprogramm. Für die einzelnen Projekte sind Förderbeträge zwischen 4.000 und 10.000 Euro ausgezahlt worden.

Ein verbesserter Klimaschutzplan für Aachen

In Aachen geht es auch schon richtig zur Sache. Dort hat die Initiative «Klimaentscheid Aachen» einen Einwohnerantrag auf den Weg gebracht, um zu erreichen, dass die Stadt mit einem geeigneten Maßnahmenplan bereits 2030 klimaneutral wird. Im derzeitigen Klimaschutzplan der Stadt ist nur eine Halbierung der Emissionen verglichen mit dem Wert von 1990 festgeschrieben. «Wir haben bereits mehr als 10.000 Unterschriften gesammelt, das sind schon 2000 mehr als notwendig», erzählt Rebecca Dick  von der Initiative. Die Initiative ist gleichzeitig auch mit den Mitgliedern des Stadtrates im Gespräch, um dort um Zustimmung für den verbesserten Klimaschutzplan zu werben. «Es ist wichtig, alle mitzunehmen, deshalb nutzen wir natürlich auch die Unterschriftensammlung, um mit den Bürger:innen ins Gespräch zu kommen und unser Projekt bekannt zu machen», so Dick. Rechtlich ist jede Stadt in Bezug auf bürgerschaftliches Engagement unterschiedlich aufgestellt. So ist in Aachen kein Bürgerbegehren möglich. Die Initiative muss hier einen Einwohnerantrag einreichen. Die Unterschriften sollen im März übergeben werden. Dann muss der Rat darüber entscheiden. Aus dem Rat gibt es aber schon viele Stimmen, die Zustimmung signalisieren. 

Wichtige Hilfestellungen für einen Klimaentscheid

Ein Bürgerbegehren auf die Beine zu stellen ist kein leichtes Unterfangen, denn vor allem auf rechtlicher Ebene erfordert dies erhebliches Fachwissen. Aber auch organisatorisch ist es eine Herausforderung. Das Umweltinstitut München hat deshalb gemeinsam mit den Vereinen «Mehr Demokratie» und «BürgerBegehren Klimaschutz» das Buch «Klimawende von unten» herausgegeben, aus dem lokale Initiativen viele nützliche Informationen für ihre Klimaentscheid-Vorhaben ziehen können.

2021 ist eine zweite aktualisierte Auflage erschienen, die vom Förderprogramm «Sonnencent» mitfinanziert wurde. «Wir liefern in der neuen Auflage einige Beispiele von erfolgreichen Klimaentscheid-Projekten wie in Köln. Diese inspirieren hoffentlich viele weitere Initiativen, in ihrer Stadt aktiv zu werden», sagt Eric Häublein von «BürgerBegehren Klimaschutz«. Die Initiative «Klimawende Köln», hat durchgesetzt, dass das kommunale Stadtwerk bis die Strom- und Wärmeversorgung bis 2035 vollständig auf erneuerbare Energien umstellt. Weil nicht alle Stadtwerke in kommunaler Hand sind, ist das nicht in jeder Stadt möglich, aber es gibt sehr viele unterschiedliche Möglichkeiten wie bürgerschaftliche Klimagruppen in ihrer Kommune für einen Klimaentscheid ansetzen können. Dafür liefert das Buch viele Hilfestellungen und die herausgebenden Vereine beraten und unterstützen natürlich auch selbst aktiv. 

Die Klimaentscheid-Bewegung wächst

Die erste Auflage mit 15.000 Exemplaren ist vergriffen. Von der zweiten Auflage wurden bislang 12.000 Exemplare gedruckt. «Wir erhalten oft Rückmeldungen, dass die Anregungen aus dem Buch für lokale Kampagnen oder auch Stadtratsanträge genutzt werden», sagt Franziska Buch vom Umweltinstitut. Inzwischen gibt es auch eine Webseite, damit sich Bürger:innen unkompliziert zum Thema Klimaentscheide informieren können. Auf einer interaktiven Karte sind inzwischen über 50 Städte verzeichnet, in denen Klimaentscheide angestoßen wurden. «Die Bewegung ist schneller gewachsen als wir zu Anfang gedacht hätten», sagt Franziska Buch. Ihre Stoßrichtung ist es nun, dass sich die Aktivist:innen, auch über die Webseite, untereinander vernetzen und sich gegenseitig Hilfestellung bei ihren Klimaentscheiden geben. Mit einem weiteren von den EWS geförderten Projekt will das Umweltinstitut nun selbst in geeigneten Städten aktiv werden und dortige Klimagruppen über für ihre Stadt passende Ansätze für Klimaentscheide informieren und sie unterstützen. 

In Freiburg liegt die Latte hoch

In Freiburg liegt die Latte, was Klimaschutz angeht, schon ziemlich hoch, denn die Stadt hat bereits viele Maßnahmen umgesetzt. Die Kommune hat sich Klimaneutralität bis 2038 zum Ziel gesetzt. Dennoch hat sich auch hier die Initiative «Klimaentscheid Freiburg» vorgenommen, die Sache zu beschleunigen. «Trotz der der ambitionierten Ziele der Stadt sehen wir weiterhin eine große Lücke zwischen dem CO2-Reduktionspfad der Stadt und den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens», sagt Aktivist Julian Kolbe. Mit dem Geld des Förderprogramms «Sonnencent» hat die Gruppe Bürger:innen-Workshops und eine Podiumsdiskussion mit Gemeinderäten durchgeführt, um mögliche Maßnahmen in die öffentliche Diskussion zu bringen. «In allen Bereichen muss noch deutlich mehr getan werden, beispielsweise mehr Anreize zur Reduzierung des individuellen Autoverkehrs durch Verkehrsflächenumwidmungen», sagt Julian Kolbe. 

Nachholbedarf in Ulm

In Ulm gibt es noch mehr Handlungsbedarf. «Die Stadt hat zwar einen Maßnahmenplan «Zukunftsstadt Ulm 2030», aber der bezieht sich auf die Digitalisierung und nicht auf Klimaneutralität», sagt Martin Korzeczek von der Initiative «Klimaentscheid Ulm/Neu-Ulm» mit einem Augenzwinkern. Die Stadt Ulm liegt mit ihrem Ziel Klimaneutralität bis 2050 inzwischen sogar hinter dem Ziel der Bundesregierung. «Es gibt zwar Klimaschutzmaßnahmen, aber nur in Einzelprojekten. Wir wollen mit unserem Bürgerbegehren nun durchsetzen, dass Ulm und Neu-Ulm mit einem systematischen Maßnahmenplan bis 2030 klimaneutral werden», so Korzeczek. In den benachbarten Städten sind inzwischen 2.000 von benötigten 10.000 Unterschriften zusammengekommen. Mit dem Geld des Förderprogramms wollen die Aktivisten jetzt noch einmal richtig die Werbetrommel rühren, um in diesem Jahr die Unterschriften zusammenzukriegen. Martin Korzeczek ist da sehr zuversichtlich.

Das Förderprogramm «Sonnencent»

Das Förderprogramm «Sonnencent» steht für Bürgerenergiewende, Energiegerechtigkeit und Klimaschutz. Denn alle Tarife der EWS enthalten den «Sonnencent» als Förderanteil. Damit unterstützen wir Vereine und Initiativen bei ihren vielfältigen Projekten zur Energiewende. Sie haben einen konkreten Projektvorschlag? Dann bewerben Sie sich! Alle Informationen zu unserer Projektförderung finden Sie auf unserer Webseite:

ews-schoenau.de/sonnencent