Eine Vergewaltigung, Korruption, Verbrechen auf höchster politischer und wirtschaftlicher Ebene – alles Zutaten für einen Politthriller. Das Erschütternde: Es ist bittere Wahrheit.
Das Buch, aus dem Eva Stegen im EWS-Store in Freiburg vorgelesen, das sie mit Fotos zu den handelnden Personen unterlegt und die Verflechtungen untereinander erklärt hat, ist so schockierend wie unglaublich. Das Atomkartell in Frankreich, bei dem der verstaatlichte Energiekonzern EdF (Electricité de France), der frühere und zwischenzeitlich zerschlagene Reaktorbauer Areva, Politiker auf höchster Ebene bis zum früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy sowie zahlreiche Wirtschaftsbosse und dubiose Unterhändler eine tragende Rolle spiel(t)en, hält das Publikum für zwei Stunden in Atem.
Die Krakenarme der Atommafia
Eva Stegen versteht es, die Leute mitzunehmen, sie zeigt das Kartell auf, das man mit Fug und Recht Atommafia nennen darf, mit seiner Bereitschaft, all diejenigen auszuschalten oder eiskalt zu vernichten, die sich ihnen in den Weg stellen. Die Krakenarme reichen bis nach Deutschland und auch deutsche Politiker (wie z. B. die damalige baden-württembergische Landesregierung unter Stefan Mappus) und der Energiekonzern EnBW wollten im Atompoker um Macht und Geld mitspielen.

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Es ist aber auch eine Geschichte über eine Frau, die sich nicht von männlichen Alphatieren korrumpieren lassen wollte, eine Gewerkschaftsvorsitzende, die für ihre Mitarbeiter:innen gekämpft hat und die Interessen ihres Landes nicht den Machtspielen von einzelnen Konzernbossen, die sich persönlich riesige Profite versprachen, unterwerfen wollte. Gleichwohl zeigt sie das Bild einer immer noch stark patriarchal durchsetzten Struktur in Politik und Wirtschaft auf und hinterlässt ein ungutes Gefühl, wenn man über die zivil-militärische Abhängigkeit nachdenkt. Nicht nur, aber auch gerade in der heutigen Zeit, wo Säbelrasseln wieder zum guten Ton der Politik gehört.
Wider die Ohnmacht
Temporeich, mit vielen Wendungen und Finten erzählt Eva Stegen eine Geschichte aus der Gegenwart, wenn zu viel Macht in falschen Händen liegt. Man mag sich angesichts der Brutalität und Macht dieser Menschen manchmal ohnmächtig fühlen. Doch schon im Buch beginnt die Wendung zum Guten. Es ist nämlich auch eine Hommage an Zivilcourage und Aufrichtigkeit. Und es setzte einen Domino-Effekt in Gang, der womöglich irgendwann dazu führt, dass das teuflische Kommando hinter diesen Verbrechen irgendwann enttarnt wird und ihm das Handwerk gelegt werden kann.
Eine tolle Lesung, danke Eva!
Titelfoto: Urs Egger