Buntes Gedöns
Energiepolitik

Eine neue Studie für die EWS untersucht, wie Energy Sharing ausgestaltet werden kann, um die Effekte für System-, Markt- und Netzdienlichkeit zu steigern.

Energy Sharing als Chance fürs Stromnetz

Sich zusammenschließen, selbst grünen Strom erzeugen und diesen kostengünstig untereinander handeln – Energy Sharing ist eine großartige Möglichkeit, die bürger:innengetriebene Energiewende voranzubringen. 

Darum sind wir auch große Fans der Idee und setzen uns seit Längerem politisch dafür ein, dass dies auch hierzulande endlich gängige Praxis wird. Im EU-Recht gibt es Richtlinien für die Ausgestaltung für Energy Sharing. Auf Bundesebene müssen diese jedoch noch in Gesetze gegossen werden sollen, damit in der Praxis Status, Abläufe, Rechten und Pflichten dieser lokalen Stromgemeinschaften geregelt sind. Dies ist – trotz des Vorhabens im Koalitionsvertrag – immer noch nicht abgeschlossen. 

Um weitere Impulse für das Energy Sharing zu setzen, und auch als Ansporn für die nächste Bundesregierung, hat die politische Abteilung der EWS bei der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) eine Studie in Auftrag gegeben, die Potenziale und Vorschläge zur Ausgestaltung benennt. 

Reemt Heuke, Senior Manager Public Affairs in unserem Politikteam, hat das Projekt betreut und erzählt hier, was die Studienergebnisse für Energy Sharing in Deutschland bedeuten:

Interview

Reemt, die EWS mahnen seit Jahren an, dass die Regierung sich um eine Umsetzung der EU-Richtlinien kümmern soll, damit Energy Sharing auch in Deutschland einen gesetzlichen Rahmen bekommt. Nun steht schon die nächste Bundestagswahl an. Wie ist der aktuelle Stand, hat die Ampelkoalition wenigstens Schritte dazu unternommen?

Ja, die Ampelkoalition hat tatsächlich Schritte unternommen, um Energy Sharing in Deutschland voranzubringen. Im November 2024 wurde ein Gesetzentwurf zur Änderung des Energiewirtschafts-Gesetzes (EnWG) vorgeschlagen, der Energy Sharing unter Nutzung des öffentlichen Netzes ermöglichen soll. Dieser Entwurf enthält den neuen § 42c, der am 1. Juni 2026 in Kraft treten sollte. Doch durch den Bruch der Ampelregierung konnte dieser Gesetzentwurf nicht mehr verabschiedet werden und wird es in dieser Legislaturperiode wahrscheinlich auch nicht mehr. Jetzt kommt es auf die nächste Bundesregierung an. 

Nichtsdestotrotz hat die Ampelregierung im Frühling 2024 mit dem Solarpaket I Modelle wie Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung eingeführt. Es gibt also Fortschritte, aber es bleibt abzuwarten, wie schnell und effektiv Energy Sharing umgesetzt wird.

Die EWS haben eine Studie zum Thema in Auftrag gegeben. Was sollte diese untersuchen?

Die Studie sollte insbesondere analysieren, wie Energy Sharing ausgestaltet werden sollte, um die Netz-, Markt- und Systemdienlichkeit zu erhöhen. Dabei ging es darum, wie Energy Sharing zur Entlastung des Stromnetzes beitragen kann, und wie es auf Marktsignale reagiert. Dass es zu Akzeptanz und Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger beiträgt, ist in der energiepolitischen Diskussion mittlerweile Konsens.

Was waren die Ergebnisse?

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Energy Sharing mehrere positive Effekte haben kann. Erstens trägt es bei richtiger Ausgestaltung zur Entlastung des Stromnetzes bei, indem es Anreize für netzdienliches Verhalten schafft. Hierdurch würden lokale Erzeugung und Verbrauch besser aufeinander abgestimmt werden. Besonders effektiv ist dies, wenn auch kleine und mittlere Unternehmen sowie reine Verbraucher teilnehmen können, Erzeugung und Verbrauch anteilig abgebildet werden und es einen engen Lokalitätsbezug gibt.

Zweitens kann Energy Sharing vor allem mit Wind-Genossenschaften die Strompreise senken und die Preissicherheit erhöhen. Dies ist diesen Zeiten von hoher Bedeutung. Durch die gemeinschaftliche Nutzung von Erneuerbaren Energien können die Kosten für alle Beteiligten gesenkt werden.

 Drittens fördert Energy Sharing die Akzeptanz und Teilhabe der Bevölkerung an der Energiewende. Wenn Menschen aktiv an der Energieerzeugung und -nutzung beteiligt sind, steigt ihre Bereitschaft, die Energiewende zu unterstützen.

«Die Transformation des Energiesystems kann nur gelingen, wenn die Menschen vor Ort mit einbezogen und alle verfügbaren Flexibilitätspotenziale genutzt werden. Energy Sharing setzt genau dort an.»

Alexander Sladek, Vorstandsmitglied der EWS

 Die Studie hebt auch hervor, dass eine intelligente Steuerung und die Einbindung von flexiblen Lasten und Speichern entscheidend sind, um die vollen Vorteile von Energy Sharing zu realisieren. Das bedeutet, dass Technologien und Systeme benötigt werden, die es ermöglichen, den Energieverbrauch und die -erzeugung in Echtzeit zu steuern und anzupassen.

Gab es bei den Ergebnissen etwas, was dich persönlich überrascht hat?

Was mich persönlich überrascht hat, war die Erkenntnis, wie stark Energy Sharing die Strompreise beeinflussen kann. Die Studie zeigt, dass durch gemeinschaftliche Nutzung von erneuerbaren Energien, vor allem wenn Wind-Genossenschaften einbezogen werden, die Kosten für alle Beteiligten gesenkt werden können und die Preissicherheit erhöht wird. Das hatte ich in diesem Ausmaß nicht erwartet, besonders weil es auch für vulnerable Verbraucher von großem Vorteil ist.

Falls Entscheidungsträger:innen aus der Politik hier mitlesen: Was ist die eine Botschaft, die du aus der Studie gerne mitgeben möchtest?

Eine zentrale Botschaft aus der Studie ist, dass Energy Sharing zur Netzdienlichkeit beitragen kann. Besonders wichtig ist dabei, dass lokale Erzeugung und Verbrauch anteilig abgebildet werden. Das bedeutet, dass auch kleine und mittlere Unternehmen sowie reine Verbraucher teilnehmen sollten.

Eine wichtige Handlungsempfehlung zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Energy Sharing ist die Anpassung der Stromsteuer und der Netzentgelte. Die Reduzierung der Stromsteuer für gemeinschaftlich genutzten Strom aus erneuerbaren Quellen würde die Wirtschaftlichkeit von Energy Sharing weiter verbessern. Dies würde die finanziellen Anreize für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen erhöhen, sich an diesen Projekten zu beteiligen. Bei den Netzentgelten empfiehlt es sich, diese zeitvariabel zu gestalten. Sie sollten an die lokale Erzeugung und den Verbrauch in der Region angepasst sein, um die Anreize für die Netzentlastung zu erhöhen. Diese Maßnahmen sind wichtig, um die Vorteile von Energy Sharing auszuschöpfen.

Studie herunterladen

Die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) hat im Auftrag der EWS eine neue Studie unter dem Titel «Flexibilisierung des Stromsystems: Beitrag von Energy Sharing für Netz-, System- und Marktdienlichkeit – Neun Thesen zur Ausgestaltung» erstellt. Unter diesem Link können Sie das Papier kostenlos herunterladen: 

Zum Download