Blick auf eine Bühne mit bunten Panels, auf der vier Menschen im Halbrund nebeneinander sitzen
Stromseminar

Schon zum 24. Mal laden wir Ende Juni zum Schönauer Stromseminar. Aber was hat es damit eigentlich auf sich? Ein kurzer Rückblick.

Warum gibt es das Stromseminar?

Wer die EWS kennt und bereits länger verfolgt, weiß: Das Schönauer Stromseminar gehört fest zu den Highlights eines jeden Jahres der EWS. Alljährlich treffen sich Genossenschaftsmitglieder, Kund:innen, interessiertes Publikum und Vertreter:innen von Energiewirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik für ein intensives Wochenende im schönen Schwarzwald und sprechen über aktuelle und Zukunftsthemen rund um Klimaschutz, Bürgerenergie und Energiewende. Seit einigen Jahren wird das Ereignis an einem Wochenende mit der Generalversammlung der Genossenschaft zusammengelegt – doch die Tradition der Stromseminare reicht noch viel weiter zurück als die fünfzehnjährige Geschichte der genossenschaftlichen Organisationsform. Es gab sie sogar schon, bevor es die Elektrizitätswerke Schönau gab.

Wie wird man ein Elektrizitätswerk?

Ein kleiner Rückblick ins Jahr 1991: Die Bürger:inneninitiative aus Schönau, die sich vorgenommen hat, das lokale Stromnetz zu übernehmen, hat es geschafft: Sie hatte den Bürgerentscheid für sich entschieden, die Gemeinde muss den bereits gefassten Beschluss, dem bisherigen Betreiber KWR eine vorzeitige Zusage zum Weiterbetrieb zu erteilen, wieder rückgängig machen. Somit scheint das ambitionierte Vorhaben, das eigene Stromnetz zu betreiben, immer realistischer zu werden. 

Für die Netzkauf Schönau GbR, die die Initiative zu diesem Zweck gegründet hatte, wird es ernst. Binnen vier Jahren, bis final über die Netzkonzession entschieden wird, muss ein zugelassenes Energieunternehmen stehen, das konkrete Pläne für den Netzbetrieb vorweisen kann. Technische, wirtschaftliche und juristische Herausforderungen sind zu bewältigen. 

Die Schönauer gehen diese Herausforderung in bewährter Manier an – nämlich gemeinschaftlich. Mit dem Stromseminar wird ein Format geboren, zu dem sie öffentlichkeitswirksam Expert:innen aus dem ganzen Land einlädt, um von deren Fachwissen zu profitieren. 

Das erste Stromseminar

Vom 22. bis 24. Mai 1992 fand das erste Schönauer Stromseminar statt. Überschrieben war es mit dem Titel «Neue Wege in eine ökologische kommunale Energiepolitik». Zu den Referenten zählen Verbündete wie Klimaforscher Prof. Hartmut Graßl, der schon seit den 80er Jahren vor den Gefahren der menschengemachten Erderwärmung warnt – und sich daher aus voller Überzeugung für das Vorhaben, die Energieversorgung ökologisch neu zu denken, einsetzt. Er brachte den Schönauern das Thema Klimaschutz nahe, lange bevor es in aller Munde war. Weitere Referenten sind unter anderem Finanzwirt Walter Bolz und der Freiburger Solar-Architekt Rolf Disch. Nach den angeregten Gesprächen sorgte die hauseigene Kabarettgruppe «Wattkiller» für einen leichten Ausklang. Diese Kombination von Diskussion und Kulturteil sollte sich als feste Konstante der Schönauer Stromseminare etablieren. 

Ein Unterfangen mit Strahlkraft

Mitgründerin Ursula Sladek wird sich später erinnern: «Auf den ersten Stromseminaren mit Experten aus ganz Deutschland haben wir in erster Linie selbst etwas gelernt. Das andere war aber auch die emotionale Unterstützung von den Leuten, die von überall herkamen. Und das dritte war, dass wir dadurch wussten: Wir wirken über Schönau hinaus. Es ist nicht nur etwas, das in Schönau passiert, sondern eine Bedeutung für ganz Deutschland hat.»

Die Überzeugung, dass es beim Projekt Netzübernahme um mehr handelt als eine lokalpolitische Kuriosität, dass hier ein Modell mit Vorbild- und Beispielcharakter entstehen könnte, teilte auch der Schriftsteller und Umweltaktivist Carl Amery: 

«Die Zukunft der Welt kann nur gesichert werden in kleinen, fehlerfreundlichen Gemeinschaften. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für Ihre Arbeit in Schönau!»

Carl Amery, Schriftsteller (1922 – 2005) 

Die Stromseminare werden zur Instanz 

1994 wurden die Elektrizitätswerke Schönau EWS gegründet, 1997 nahmen sie den Betrieb als Netzbetreiber auf – erfolgreich und ohne größere Zwischenfälle. An diesem Punkt haben die Stromrebell:innen nicht nur ihre Durchsetzungskraft gezeigt, sondern auch, dass sie auch an der tätlichen Umsetzung ihres Plans nicht scheitern. 

Die Stromseminare wurden als liebgewonnene Tradition beibehalten, da der Austausch mit vielen engagierten und kundigen Menschen auf dem Weg bis dahin große Dienste geleistet hatte. Mit der Zeit jedoch standen sie unter leicht veränderten Vorzeichen. So kamen weiterhin jedes Jahr Fachleute und Interessierte nach Schönau, um über aktuelle und zukunftsträchtige Themen zu diskutieren, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und Impulse weiterzutragen. Und natürlich auch, um das bisher Erreichte gemeinsam zu feiern. 

Seit Bestehen der Genossenschaft wird das Stromseminar mit der jährlichen Generalversammlung zusammen abgehalten. So gibt es für die Mitstreiter:innen einen guten Grund mehr, ein inspirierendes Wochenende in Schönau zu verbringen. 

Über die Jahre hat die Veranstaltung zahlreiche namhafte Vertreter:innen von Wissenschaft, Politik, Kunst, Journalismus und Aktivismus in dem Schwarzwaldstädtchen versammelt: Prof. Ernst-Ulrich von Weizsäcker, Hermann Scheer, Dr. Franz Alt, Dr. Fritz Vorholz, die EU-Abgeordneten Jutta Paulus und Michael Bloss, Prof. Stefan Rahmstorf, Bärbel Höhn, Vladimir Slivyak, Katja Diehl, Ulrike Herrmann, Prof. Andreas Knie, Annika Brockschmidt und Payal Parekh seien hier nur stellvertretend für die vielen Menschen mit wertvollen Einsichten genannt.

Auszeichnung für verdiente Stromrebell:innen 

2001 wurde auf dem Stromseminar erstmals der Preis des «Stromrebellen» verliehen –  ein Ehrenpreis, mit dem Menschen ausgezeichnet werden, die engagiert Visionen umsetzen, Widerstände überwinden und sich aus vollem Herzen für die Umwelt und eine nachhaltige Wirtschaftsweise einsetzen. Die Liste der Ausgezeichneten ist mittlerweile lange und umfasst prominente Köpfe wie Alfred Ritter, Luise Neumann-Cosel (Mitgründerin BürgerEnergie Berlin), REScoop-Gründer Dirk Vansintjan, Klima-Anwältin Roda Verheyen, Verkehrswenderin Katja Diehl und zuletzt den jungen Aktivisten Jakob Springfeld. Sogar nach Japan wurde er bereits vergeben.

Eine ausführliche Vorstellung aller bisherigen Stromrebell:innen finden Sie im EWS Energiewende-Magazin.

«Durch die emotionale Unterstützung von den Leuten, die von überall herkamen, wussten wir: Wir wirken über Schönau hinaus.»

Ursula Sladek, Gründungsmitglied der EWS

Kulturelle Highlights

Tagsüber über Klimaschutz, Bürgerenergie, Politik und Energiewende sprechen – abends dann gemeinsam lachen. Dieses Prinzip wird seit dem ersten Stromseminar beibehalten. Darum ist die Schönauer Stromnacht, bei der mit Kabarett und Musik der erste Tag beschlossen wird, unverzichtbarer Bestandteil eines jeden Stromseminars. So haben schon Kabarett-Größen wie Georg Schramm, Jess Jochimsen, Anni Hartmann, Christoph Sieber und Friedemann Weise den Weg in den Schwarzwald angetreten, um die Seminarteilnehmer:innen zu unterhalten. Und dank des EWS-YouTube-Kanals auch noch weitaus mehr Menschen. Der Auftritt von Georg Schramm beim Stromseminar 2015 wurde inzwischen über 1,3 Millionen Mal angesehen – die scharfzüngigen Worte des Kabarettisten zu Atomkraft und Finanzkrise treffen bis heute einen Nerv. 

Und übrigens: Auf dem YouTube-Kanal der EWS können Sie sich einen guten Eindruck der letzten Stromseminare verschaffen und eine große Anzahl von inspirierenden Vorträgen und spannenden Diskussionen ansehen. 

Ebenso können Sie im Energiewende-Magazin Fotos und Videos der Stromseminare seit 2015 nachschauen. 

Von hier aus in die Zukunft

Aus dem Workshop für angehende Netzbetreiber ist über die Jahre ein Klassentreffen der Zivilgesellschaft geworden, mit lieb gewonnenen Traditionen, aber auch immer wieder neuen Impulsen. Das Stromseminar ist eine jährliche Standortbestimmung: Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Und wie schaffen wir das? 

Genau diese Fragen werden zum EWS-Jubiläums-Stromseminar am 28. und 29. Juni 2025 im Mittelpunkt stehen. Und wie immer freuen wir uns auf ein prall gefülltes Wochenende mit vielen engagierten Menschen, alten und neuen Freunden, Austausch, Begegnungen und geteilter Freude. 

Stromseminar 2025

Wir freuen uns auf Ihren Besuch beim 24. Schönauer Stromseminar! In diesem Jahr möchten wir gemeinsam mit vielen neuen und alten Mitstreiter:innen 30 Jahre EWS und 15 Jahre Genossenschaft feiern – und natürlich wie immer den Blick auf die Herausforderungen und Chancen in turbulenten Zeiten richten.

Jetzt buchen