Ab 2027 startet der zweite europaweite Emissionshandel im Verkehrs- und Gebäudebereich. Damit dieses Instrument richtig wirkt und dabei Haushalte nicht überfordert, sondern diesen beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien hilft, gibt es noch einiges zu tun. Die wichtigsten Punkte schildern wir in unserem Positionspapier.
Warum die CO₂-Bepreisung für faire Märkte sorgt
Ein essenzieller Baustein für die Klimaneutralität sind faire Marktbedingungen, die es allen ermöglichen, sich aktiv zu beteiligen – von der Bürgerenergiegenossenschaft bis zum einzelnen Haushalt. Genau hier setzt die CO₂-Bepreisung an. Schon 2021 haben wir in einer Studie aufgezeigt, dass der weitere Einsatz von Erdgas in der Wärmeversorgung ein Irrweg ist. Die CO₂-Bepreisung ist das folgerichtige marktwirtschaftliche Instrument, um diesen Umstieg zu beschleunigen und Anreize für zukunftsfähige Investitionen zu setzen.
Sie schafft einen fairen Wettbewerb, indem fossile Energien zunehmend einen Preis erhalten, der ihre wahren Umwelt- und Klimaschäden widerspiegelt. Saubere Technologien wie Windkraft, Photovoltaik oder Wärmepumpen können sich in diesem Fall zunehmend ohne Förderung am Markt durchsetzen. So entsteht für alle ein klarer Anreiz, in eine klimaneutrale Zukunft zu investieren. Damit dieses Instrument seine volle positive Wirkung entfalten kann und finanzschwache Haushalte nicht überfordert, braucht es jedoch ambitionierte und verbindliche Entscheidungen, die eine gute Planbarkeit für Bürger:innen und Unternehmen schaffen. Um fossile Lock-ins von vulnerablen Gruppen zu vermeiden, sind sozial gestaffelte Förderprogramme, beispielsweise für Wärmepumpen, nötig.
EU-CO₂-Preis sozialverträglich gestalten
Ab 2027 läutet das EU-Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr (EU-ETS 2) eine neue Phase der Klimapolitik ein. Dadurch werden die Kosten für CO₂-Emissionen beim Heizen mit Gas und Öl sowie beim Tanken von Benzin und Diesel europaweit stärker steigen. Hierzulande ist das bereits seit 2021 durch den nationalen CO₂-Preis (BEHG) spürbar, der derzeit bei 55 Euro pro Tonne liegt. Diese Entwicklung ist grundsätzlich richtig, birgt jedoch auch eine erhebliche soziale Gefahr: Ohne einen durchdachten Ausgleichsmechanismus drohen die steigenden Preise vor allem vulnerable Gruppen zu überfordern.
Insbesondere Haushalte mit geringerem und mittlerem Einkommen, die oft zur Miete wohnen oder kaum Mittel für eine neue Heizung oder ein E-Auto haben, wären überproportional belastet. Es droht ein «fossiler Lock-in»: Wer sich den Umstieg nicht leisten kann, bleibt in der Kostenfalle steigender Energiepreise gefangen. Dadurch könnte die breite gesellschaftliche Zustimmung für die Energiewende bröckeln – ein Nährboden für Populismus und Klimaschutz-Skepsis, den wir bereits heute beobachten. Politisch steht der CO₂-Preis auf EU-Ebene stark unter Druck.
Die Bundesregierung muss sich daher jetzt vehement für den Start des EU-ETS 2 ab 2027 einsetzen, ohne dass dieser verwässert wird. Denn genau das fordern einige EU-Länder, teilweise aus der berechtigten Sorge vor Preissteigerungen und sozialen Spannungen. Deswegen liegt der Schlüssel zum Kompromiss darin, schon vor dem Start des EU-ETS 2 Mittel für Investitionen in klimafreundliche Lösungen und sozialen Ausgleich zu verwenden. So werden die positiven Wirkungen spürbar, bevor die Preise zunächst steigen.
Wie schaffen wir Planungssicherheit?
Damit Bürger:innen und Unternehmen in klimafreundliche Alternativen investieren, brauchen sie vor allem Verlässlichkeit. Wer heute eine Wärmepumpe einbaut oder sein Haus dämmt, muss sich darauf verlassen können, dass sich diese Investition auch morgen noch rechnet. Unvorhersehbare Preissprünge oder ein politisch motiviertes Aussetzen des CO₂-Preises schaffen massive Unsicherheit und bremsen die Transformation aus. Je langsamer die Emissionen im Verkehrs- und Gebäudebereich sinken, desto höher wird der CO₂-Preis.
Das beste Mittel gegen Preissteigerungen im EU-ETS 2 ist, frühzeitige Investitionen in klimafreundliche Wärme und Mobilität zu ermöglichen, anzureizen oder zu fördern, beispielsweise durch das kreditbasierte Vorziehen der Einnahmen aus den EU-Emissionszertifikaten.
«Deutschland ist für rund ein Viertel der EU-weiten Emissionen aus dem Gebäude- und Verkehrssektor verantwortlich. Diese Verantwortung verlangt entschlossenes Handeln: Die Bundesregierung sollte sich jetzt dafür einsetzen, dass der EU-ETS 2 ab 2027 mit einem verlässlichen Preispfad startet und sozialer Ausgleich durch gezielte Förderung erfolgt. Nur so gibt es Planungssicherheit, stabile Preise und einen nachhaltigen Schub für die Transformation.»
Deshalb fordern wir als EWS:
- Einen ambitionierten und stetig steigenden Preispfad für CO₂: Nur ein klarer Kurs gibt die nötige Planungssicherheit für private und unternehmerische Investitionen. Um einen Preisschock 2027 zu vermeiden, muss der nationale CO₂-Preis schon vorher schrittweise angehoben werden.
- Einen nationalen CO₂-Mindestpreis: Ein Mindestpreis im EU-ETS 1 und zukünftig im EU-ETS 2 sorgt für Stabilität, verhindert Preiseinbrüche und garantiert einen kontinuierlichen Klimaschutz-Anreiz.
- Einen ausgewogenen Mix aus Anreizen, Förderung und Ordnungsrecht: Würde die Politik alleine auf CO₂-Bepreisung setzen, wären erhebliche soziale Belastungen die Folge, da der nötige Lenkungseffekt nur bei sehr hohen Preisen eintritt. Deshalb sind zusätzliche Instrumente notwendig, etwa ordnungsrechtliche Maßnahmen (z. B. Effizienzstandards), gezielte Anreize (z. B. für klimafreundliche Mobilität und Sanierungen) sowie Förderprogramme.
Einnahmen gerecht und wirksam für die Transformation nutzen
Faire Marktbedingungen durch die CO₂-Bepreisung entstehen zunächst, weil fossile Emissionen ein Preisschild bekommen. Gleichzeitig entstehen Einnahmen, um die Transformation zu finanzieren und die Bürger:innen fair zu entlasten. Die aktuelle Bundesregierung plant, fossile Energieträger mit Mitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zu finanzieren, womit sie deren Zweck und Ziele konterkariert. Für die Verwendung der Einnahmen aus dem EU-ETS 2 gibt es hingegen Vorgaben der EU. Die Mittel sollen klimafreundlichen Zwecken dienen und für sozialen Ausgleich sorgen.
Unsere zentralen Forderungen zur Verwendung der Einnahmen:
- Sozial gestaffeltes Klimageld einführen: Die Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung müssen direkt an die Bevölkerung zurückfließen. Ein pro Kopf ausgezahltes Klimageld entlastet vor allem Menschen mit geringem Einkommen, die tendenziell einen kleineren CO₂-Fußabdruck haben. Die nötige Infrastruktur dafür würde den Staat zudem krisenfester machen.
- Klima-Sozialplan schnellstmöglich nachreichen: Deutschland hat die EU-Einreichungsfrist am 30.06.2025 verpasst und muss seinen Klima-Sozialplan dringend nachreichen, um ab 2026 Zugriff auf Milliardenhilfen zu erhalten. Der Plan ist entscheidend, um finanziell benachteiligte Haushalte beim Umstieg zu unterstützen.
- EU-Klimasozialfonds stärken: Die Bundesregierung sollte sich für die Ausweitung des Fonds einsetzen. Die aktuelle Obergrenze von 65 Mrd. Euro (2026–2032) kann nur ein Mindestvolumen sein, das mit steigenden CO₂-Einnahmen wächst.
Download (PDF): EWS-Positionspapier CO₂-Bepreisung für faire Märkte
Fazit: Chance für eine gerechte und bürgernahe Transformation
Eine klug ausgestaltete CO₂-Bepreisung ist eines der wirksamsten Instrumente für den Klimaschutz. Sie schafft faire Wettbewerbsbedingungen, beschleunigt den Umstieg auf erneuerbare Energien und befähigt alle Menschen, die Energiewende aktiv mitzugestalten. Voraussetzung dafür ist, dass die Politik jetzt die richtigen Rahmenbedingungen schafft: einen verlässlichen Preispfad, der Sicherheit gibt, und einen sozialen Ausgleich, der niemanden zurücklässt. Der CO₂-Preis darf dabei nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss in ein Gesamtkonzept eingebettet sein, das bezahlbare saubere Energie, gezielte Förderungen und echte Bürgerbeteiligung umfasst. Dann wird der CO₂-Preis zu einem Motor für eine erfolgreiche, bürgernahe und sozial gerechte Energiewende. Was die CO₂-Bepreisung konkret für Sie als Verbraucher:in bedeutet, können Sie in diesem Artikel nachlesen.
Titelbild: Adobe Stock (Asset-ID-Nr.: 41158685)