Der Solarbäcker hebt den Deckel seines Ofens – Dampf steigt auf.
Mitstreiter:innen

Hermann Barth nutzt Sonnenkraft, um elektrischen Strom und warmes Wasser zu produzieren. Und um Brot zu backen. Der Tüftler sieht in der Energiewende eine Aufforderung, aktiv zu werden.

Der Solarbäcker

Erleichtert blickt Hermann Barth in den Himmel. Die Sonne scheint strahlend herab. Endlich. Denn schon zweimal mussten wir unser Treffen verschieben, weil die Sonne keinen Weg durch die dichten Wolken gefunden hatte. Und beide Male blieb der Ofen kalt. Jetzt aber stellt der Solarbäcker aus dem südbadischen Ehrenkirchen den mit Teig gefüllten Brotbacktopf auf eine Ablage inmitten seines Parabolspiegels und justiert die Spiegel zur Sonne hin aus. «In einer guten halben Stunde kommen wir wieder», sagt er mit unüberhörbarer Vorfreude, «dann ist das Brot fertig.»

Hermann Barth ist keiner, der kleine Brötchen backt. Ihm geht es um nichts weniger als um die Energiewende und um Klimaschutz. «Wir haben schon seit über 30 Jahren eine große Solarthermie angeschafft», weist er auf das Dach des alten Bauernhauses, «und vor gut 20 Jahren folgte eine Photovoltaikanlage.» Im Keller ergänzt seit zehn Jahren ein kleines Blockheizkraftwerk die Wärme- und Stromproduktion der Solaranlagen.

 

Zurück zur Selbstversorgung

Was treibt ihn an? Ist es der Wunsch nach Autarkie? «Auch», betont der Mittsechziger, «Unabhängigkeit ist mir sehr wichtig. Im Garten baue ich meine eigenen Kartoffeln an und an einem Hang am Dorfrand die Trauben für meinen eigenen Wein.» Barth ist auf dem Bauernhof aufgewachsen, damals war Selbstversorgung mit Obst und Gemüse, mit Eiern und Fleisch vielerorts noch selbstverständlicher Bestandteil der Landwirtschaft. «In der heutigen industriellen Landwirtschaft ist das alles nicht mehr gefragt», sagt er mit Bedauern, «mit ihren Monokulturen und dem hohen Pestizideinsatz trägt sie selbst zum Artensterben und zum Klimawandel bei.»

Autarkie bedeutet für Hermann Barth aber nicht, sich auf seine Scholle zurückzuziehen. «Die Energiewende ist eine sehr große gesellschaftliche Aufgabe, wir können sie nicht allein der Politik überlassen, zumal diese in den letzten 15 Jahren die Energiewende eher behindert als befördert hat.» Der Wunsch, das technische Wissen und eigene Ideen weiterzugeben, spiegelt sich denn auch in seinem beruflichen Werdegang. Mit 15 Jahren lernte er zunächst Maschinenschlosser, später wurde er Flugzeugmechaniker. Als Sozialpädagoge arbeitete er schließlich an der Schnittstelle von Technik und Pädagogik, begleitete Jugendlichen auf ihrem Weg ins Berufsleben und versuchte seine Begeisterung dafür zu vermitteln, selbst etwas auf die Beine zu stellen.

Klimafreundliche Kochstellen für Indien

Die soziale Arbeit führte ihn über Umwege schließlich auch zur Solarbäckerei. «Die Jugendhilfeeinrichtung, bei der ich seit 1988 arbeitete, vermittelte damals Jugendliche, die pädagogisch nicht mehr erreichbar waren, in eine Missionsstation nach Indien», erinnert er sich. «Als ich sie dort mehrmals besucht hatte, reifte der Wunsch, den Menschen, die sich um unsere teils sehr schwierigen Jugendlichen kümmerten, etwas zurückzugeben. Und ich sah, dass vor allem Frauen dort oft stundenlang damit beschäftigt waren, Holz fürs Kochen zu sammeln.» So entstand die Idee, gemeinsam mit den deutschen Jugendlichen und indischen Mitarbeitenden sonnenbetriebene Kochstellen zu bauen. Die einfachen, aber effektiven Solaröfen, von einem Schweizer Ingenieur entwickelt, erleichtern seither nicht nur den Frauen die Arbeit, sondern tragen auch zum Natur- und Klimaschutz bei.

Hermann Barth experimentiert seit Ende der 1980er Jahre mit einem solchen Solarofen im heimischen Ehrenkirchen. «Kartoffeln garen, Eier hart kochen oder Brot backen, ist bei klarer Sonneneinstrahlung auch in unseren Breiten möglich» weiß er aus Erfahrung. Irgendwann aber reichte ihm das einfache Modell nicht mehr aus. «Vor gut 25 Jahren habe ich dann bei der EG Solar in Altötting einen Bausatz für einen äußerst effektiven Parabolspiegel – den SK14 – bestellt. Auf die Idee, damit Brot zu backen, kam ich aber erst sehr viel später. Und anfangs war das Brot auch nicht zu genießen. Die Kruste war keine Kruste mehr, sie war schwärzer als die Nacht.»

Gebacken mit Sonne und Liebe

Inzwischen ist der Solarbäcker in seiner näheren Umgebung bekannt für sein gutes Brot, das er gerne im Freundeskreis, in der Nachbarschaft und in der Familie verschenkt. Das Geheimnis seiner gelungenen Brote ist kein wirkliches, dazu ist Hermann Barth viel zu mitteilsam. «Ich backe in einem gusseisernen Topf, der mit einem Kuchengitter als Abstandshalter und einer doppelten Lage Backpapier ausgelegt wird. Bei guter Sonneneinstrahlung ist das Brot nach spätestens 45 Minuten fertig und hat eine krosse, braune Kruste.»

Inzwischen fängt bei den Barths die Backsaison bereits im Februar, spätestens im März an und dauert bis Ende Oktober. «Der Parabolspiegel bringt in den Sommermonaten eine Leistung von mindestens 700 Watt. Damit kann man wirklich alles kochen. Manchmal koche ich Apfelmus, an anderen Tagen mache ich Bratkartoffeln mit Spiegelei. Und Feigenmarmelade habe ich auch schon eingekocht.»

Wenn im Spätherbst die Sonne flach steht, braucht das Brot zwar mehr Zeit. Das hält den Solarbäcker aber nicht ab, nach einer guten halben Stunde holt er den Laib aus dem Topf. Dazu reicht er Wein vom eigenen Berg. «Beides selbst gemacht», betont er, «und beides mit Sonnenenergie produziert.»