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Die Geschichte der Atomkraft in Deutschland endet mit diesem Jahr. Das verdient, gebührend gefeiert zu werden, und genau das haben wir auf dem großen Abschaltfest getan.

Feiern bis zum Abschalten

Das sieht auch eine fahrradfreundliche Stadt wie Freiburg nicht alle Tage: Ein großer Fahrradkoso fuhr in die Altstadt ein, winkend, klingelnd und mit den gelben Flaggen der Anti-Atombewegung geschmückt. Nach 1.200 zurückgelegten Kilometern durch drei Länder erreichte «die längste Anti-Atom-Demo der Welt» ihr Ziel. Drei Wochen war die Anti-Atom-Radtour Süd, organisiert von der Organisation .ausgestrahlt, unterwegs gewesen, um ein starkes Zeichen für die Energiewende und das endgültige Abschalten aller Atomanlagen zu setzen. Nun wurde der Protestzug von strahlendem Sonnenschein und dem Anti-Atom-Fest auf dem Platz der Alten Synagoge in Freiburg empfangen. Während die Fahrradständer ausgeklappt und riesige Seifenblasen von Kindern gejagt wurden, wechselten sich auf der Bühne Livemusik und Redebeiträge ab. 

Rikscha-Service vom EWS Store

Mitten drin Renate, die rüstige Rentnerin, die es sich nicht nehmen ließ, sich gemeinsam mit einer Freundin der letzten Etappe der Demo-Tour anzuschließen. Da sie auf ihre alten Tage nicht mit der Fahrradtour hätte mithalten können, wollten wir es ihr trotzdem ermöglichen, ein Zeichen für eine lebenswerte, enkeltaugliche Zukunft zu setzen. Simone, Managerin des Freiburger EWS Store, organisierte eine elektrisch unterstützte Rikscha und kutschierte die Damen mit dem Tour-Endspurt mit.

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Statement gegen eine unnötige Debatte 

Um 18 Uhr ging die Feier in der FABRIK für Handwerk, Kultur und Ökologie e.V. weiter. Unter Federführung von EWS-Veranstaltungsmanager Martin Wiedemann wollten wir mit dem großen Abschaltfest das erfolgreiche Ende eines jahrzehntelangen Kampfes gegen die nukleare Risikotechnologie in Deutschland zelebrieren. Dass die ganze Zeit eine Debatte über mögliche Laufzeitverlängerungen der letzten drei deutschen Kernkraftwerke durch die Medien geisterte, sollte der Stimmung keinen Abbruch tun. Ganz im Gegenteil, der Versuch von Atomlobby und konservativen Parteien, unter großem medialen Getöse den Ausstieg in letzter Minute noch zu kippen, stellte den Abend unter das Motto «Jetzt erst recht!» 

So fuhren am Abend die Radfahrer:innen in die Fabrik, schnappten sich Bier oder Limo und lauschten den Redebeiträgen. Denn zu diskutieren gab es viel. «Es ist Zeit, die Ärmel hochzukrempeln,» betonte Sebastian Sladek, Vorstand der EWS, der sich darüber ärgerte, dass über Streckbetrieb geredet wird, obwohl wir in der aktuellen Situation viel dringender darüber sprechen müssten, wie wir endlich die Energiewende vorantreiben können.

Auch EWS-Gründerin Ursula Sladek ließ es sich nicht nehmen, zum großen Abschaltfest zu kommen, sehr zur Freude vieler Besucher:innen – steht sie doch für eine beachtliche Erfolgsgeschichte von Bürgerengagement gegen die fossil-atomare Lobby. Und so machte sie in ihrer Rede auch allen Mut: Ihre Erfahrung, dass man etwas ändern kann, wenn man nur will, wollte sie auch heute weitergeben.

Video: So war das Abschaltfest

Armin Simon, Sprecher von .ausgestrahlt, berichtete von der Radtour und erklärte den Gästen noch einmal, was die Anti-AKW-Bewegung eigentlich alles erreicht hat. Denn sie war nie nur gegen Atomkraft, sondern hat auch als Pionier den Siegeszug der Erneuerbaren Energien vorangetrieben. Und auch er machte Mut, mit dem Abschaltfest den Kampf nicht einzustellen, sondern weiterzumachen. Denn das Engagement gegen Atommeiler und für die Energiewende hält weltweit noch viele Aufgaben bereit.

Ein Fest für alle

Auch wenn engagierte Reden, die auch von der Zuhörerschaft lautstark goutiert wurden, bei so einem Motto nicht fehlen dürfen, lag beim Abschaltfest der Schwerpunkt doch auf dem zweiten Wortteil.

Für das leibliche Wohl standen Cocktails, Pizza und das Angebot des Restaurants Vorderhaus bereit. Für die musikalische Untermalung sorgten der Liedermacher Buki und das Duo Me And the Scotsman. Bei den Livebands kochte dann die Stimmung hoch: Die Band UNOJAH präsentierte ihren bunten Cocktail aus Reggae, Latin, Pop, Hip Hop, Oriental und Weltmusik und gab sich so als Botschafter der kulturellen Vielfalt. Und die «Latin Rap Pharaona der Schweiz», La Nefera, zog die Zuhörerschaft mit wuchtigem Sound und ihrer starken Bühnenpräsenz in ihren Bann. Wer sich zwischendrin etwas ausruhen wollte, konnte im Kinosaal ein themengerecht kuratiertes Kurzfilmprogramm sehen, realisiert in Kooperation mit dem Kommunalen Kino sowie den örtlichen Fridays-For-Future- und Students-For-Future-Gruppen.

Für die Tanzwütigen hatte DJ Trackspatz im Clubsaal etwas mitgebracht: Bass, Bass, Bass. Und so wurde es spät und später, die Diskussionen unter den Besucher:innen in kleinen Gruppen fröhlicher, die Tänze zappeliger und sogar der Biervorrat zumindest an einem Stand zeitweise bedrohlich knapp. Bis dann auch im letzten Raum das Licht anging, war die Nacht schon ziemlich fortgeschritten.

Und das war es, unser Abschaltfest. Man muss sagen: Eine Party wie diese gibt's nur einmal. Doch angesichts des Anlasses ist das auch völlig okay.