Im 19. Jahrhundert wurde die Idee der Genossenschaft geboren. Als treibende Kräfte dahinter galten damals Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch, der 1849 mit der Gründung der Schuhmachergenossenschaft dieses Modell als unternehmerische Rechtsform begründete. Mittlerweile gibt es verschiedene Arten von Genossenschaften. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie nicht wie herkömmliche Unternehmen dem Prinzip der Gewinnmaximierung folgen, sondern im Sinne der Förderung ihrer Mitglieder wirtschaften und demokratisch strukturiert sind. Alle Genossenschaftsmitglieder besitzen jeweils eine Stimme, die gleich viel zählt – unabhängig davon, wie viele Genossenschaftsanteile sie besitzen.
Das eingebrachte Kapital eines Mitglieds ist also nicht entscheidend für die Möglichkeit der Partizipation. Damit wird der Gemeinschaftsgedanke gefördert und die gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht. Die EWS leben dieses Prinzip nicht erst seit ihrer Gründung als Energiegenossenschaft am 18. September 2009. Denn bereits auf dem Weg dorthin, seit den Anfängen der Stromrebellen im Zuge des Super-GAUs in Tschernobyl und als Bürgerinitiative, wurde eine solidarische und demokratische Kultur gepflegt und das bürgerschaftliche Engagement gefördert. Dieses Selbstverständnis vermochte ein breites Spektrum an zivilgesellschaftlichen Kräften zu bündeln, mittels deren Unterstützung schließlich per Bürgerentscheid das Stromnetz im baden-württembergischen Schönau in Bürgerhand zurückgeholt werden konnte. Hier Infos zum Aufbau der EWS-Genossenschaft
Bürgerenergie als Schlüssel zur Energiewende
Wie bedeutungsvoll die Energiewende aus Bürgerhand ist, veranschaulicht die obige Grafik. Demnach befanden sich 2019 immerhin 30,2 Prozent der bundesweit installierten Leistung zur Stromerzeugung aus Erneuerbare-Energien-Anlagen in Privateigentum.
Da wir als Unternehmen genossenschaftlich organisiert sind, gehören wir den mittlerweile über 12.000 Bürger:innen, die durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen als Mitglied bei uns engagiert sind. Diese tragen wesentlich dazu bei, dass die Energiewende vorangetrieben wird. Denn jeder Einzelne bringt neben Kapital für die Umsetzung der Energiewende auch unsere gemeinsamen Anliegen in den gesellschaftlichen Diskurs und hilft dabei, noch mehr Menschen dafür zu gewinnen. Energiegenossenschaften wie die EWS sind der Schlüssel dafür, dass die Energiewirtschaft dezentral, demokratisch und nachhaltig ausgestaltet und die fossil-atomare Stromerzeugung aus dem Markt gedrängt wird. Denn in bürgerschaftlicher Eigenregie und konzernunabhängig sowie in Kooperation mit Partnern planen, errichten und betreiben wir bundesweit Photovoltaikanlagen, Wärmenetze und Windparks.
Hier sei beispielsweise der Solarpark Hertengenannt, den wir gemeinsam mit weiteren Genossenschaften betreiben. Flankiert wird unser Engagement für über 5.600 Rebellenkraftwerke aus Bürgerhand auch von unserem Förderprogramm «Sonnencent». Darüber hinaus haben wir gemeinsam mit den Ökostrom-Anbietern Green Planet Energy eG, Inselwerke eG und naturstrom AG sowie der GLS Bank eG im Jahr 2020 die Berliner Genossenschaft Ladegrün! eGgegründet, die als bundesweit einziger Anbieter eine komplett grüne Ladeinfrastruktur mit 100 Prozent Ökostrom bereitstellt.
Ein Paradebeispiel für die gelebte Bürger-Energiewende ist Dr. Arwen Colell, die für das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) arbeitet sowie Gründungs- und Aufsichtsratsmitglied der BürgerEnergie Berlin ist. Sie hat zu Energiegenossenschaften geforscht und betont im folgenden Video die Wichtigkeit gemeinschaftsorientierten Handelns für das Gelingen der Energiewende.
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Stärkung der Bürgerenergiebewegung auf allen Ebenen
Was wir nach innen leben, treiben wir auch nach außen voran: Dafür vernetzen wir uns regional, bundesweit und global mit gleichgesinnten Akteuren, um auch neue Geschäftsmodelle für die Energiewende voranzubringen. So sind wir beispielsweise Mitglied im Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV), mit dem wir schon mehrmals einen Ideenwettbewerb für Energiegenossenschaftenmit einem Gesamtpreisgeld von 50.000 Euro ausgelobt haben. Ziel der Wettbewerbe war es, Energiegenossenschaften mit neuen Geschäftsmodellen wie zum Beispiel Einsparcontracting oder Mieterstrom voranzubringen. Mehr dazu im EWS Energiewende-Magazin
Auch bundesweit engagieren wir uns u. a. mit dem Bündnis Bürgerenergie (BBEn), dem Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und dem Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) für eine von den Bürger:innen getragene Energieversorgung. Damit verbunden veröffentlichen wir unsere Einschätzungen und Positionen durch Stellungnahmen und Pressemitteilungen und beauftragen auch Studien zur Bürger-Energiewende, um über deren Resultate in eine öffentliche Debatte mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zu treten.
Auf internationaler Ebene sind wir ebenfalls aktiv: Als Mitglied der «European federation for renewable energy cooperatives» (REScoop.eu) setzen wir uns gemeinsam mit anderen Bürgerenergiegesellschaften dafür ein, dass die Energiewende auch europaweit gelingt. Dazu ein Statement von Dirk Vansintjan, Präsident von REScoop.eu und Stromrebell 2019:
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REScoop.eu gelang es, im Zuge der in 2018 eingeführten EU-Richtlinie zu Erneuerbaren Energien wichtige Erleichterungenfür die bürgergetragene erneuerbare Energieversorgung durchzusetzen. Danach müssen Erneuerbare Energie-Gemeinschaften u.a. eine demokratische Unternehmensführung besitzen, unabhängig von äußeren kommerziellen Interessen und auf das Gemeinwohl ausgerichtet sein sowie Bürger:innen eine Beteiligung ermöglichen.
Ein Beispiel für die erfolgreiche europaweite Zusammenarbeit im Sinne der Bürgerenergie ist die Energiegenossenschaft «Coopérnico» in Portugal. Diese erhielt von Energiegenossenschaften in Belgien, den Niederlanden und Spanien eine Anschubfinanzierung für ein Projekt, mittels dessen Solarpanels auf den Dächern sozialer Einrichtungen für die Eigenstromversorgung angebracht wurden – organisiert durch «REScoop» (siehe EWS Energiewende-Magazin).
Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende 2023
Übrigens findet am 28. Februar der Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende 2023 (Weitere Infos)statt, dessen Ausrichtung von den Elektrizitätswerken Schönau gefördert wird. Dieser steht im Zeichen des 10-jährigen Jubiläums der beim Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. (DGRV) angesiedelten Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften. Auch wir sind dort prominent vertreten.
Weiterführende Informationen
- Warum Genossenschaften so wichtig für die Energiewende sind, fragten wir vor einiger Zeit auch namhafte Persönlichkeiten auf diesem Gebiet. Hier ihre Video-Statements
- REScoop.eu hat ein Video über die 7 genossenschaftlichen Prinzipien mit Beispielen von Energiegenossenschaften erstellt. Jetzt hier anschauen
- Interview mit Werner Böhnke, ehemaliger Vorsitzender der Raiffeisen-Gesellschaft, zur Idee der Genossenschaft. Hier im EWS Energiewende-Magazin nachlesen
- Hier alle Artikel zum Thema Bürgerenergie im EWS Energiewende-Magazin.