25 Jahre Netzübernahme

Die Geschichte der EWS ist geprägt von vielfältigen Initiativen und Kampagnen, die häufig im Schulterschluss mit Akteuren aus der Zivilgesellschaft vorangetrieben wurden.

Die Initiativkraft der Schönauer Stromrebellen lebt fort

Der Spirit und die Kraft, die den Boden für die Stromnetzübernahme durch die Elektrizitätswerke Schönau am 1. Juli 1997 um 12 Uhr gelegt haben, zeigt sich in zwei gewonnenen Bürgerentscheiden sowie der legendären Spendenkampagne «Ich bin ein Störfall» im Frühjahr 1996. Mittels dieser sollte ein Kauf des Stromnetzes vom damaligen Monopolversorger Kraftübertragungswerke Rheinfelden ermöglicht werden. Dieser forderte eine astronomisch hohe Ablösesumme von mehreren Millionen Mark. Doch das Schönauer Bürger:innenprojekt ließ sich davon nicht schrecken. Mit Unterstützung der GLS Bank wurde bei den Top 50-Werbeagenturen angefragt, eine Spendenkampagne zu entwickeln.

Mit zwei Einschränkungen: Die Kampagne musste kostenfrei sein und die Werbeagentur durfte nicht mit der etablierten Stromwirtschaft in Verbindung stehen. Erfreulicherweise meldeten sich gleich mehrere Werbeagenturen mit unterschiedlichen Vorschlägen zurück. Den Zuschlag für diesen ungewöhnlichen Deal erhielt schließlich die Frankfurter Werbeagentur D'Arcy, Masius, Benton & Bowles (DMB&B). Mit dem Slogan «Ich bin ein Störfall» wurde die Kampagne ein voller Erfolg – bundesweit griffen große Medien wie SPIEGEL und Stern diese auf. Auch Umwelt- und Naturschutzorganisationen wie BUND, Greenpeace, NABU und WWF unterstützten diese. Und tatsächlich gelang es am Ende, über eine Million Mark an Spenden zu sammeln, um den überhöhten Kaufpreis bezahlen zu können (Die ganze Geschichte im Energiewende-Magazin).

Nach der Liberalisierung des Strommarktes im April 1998 konnten die EWS ihren Ökostrom schließlich auch bundesweit anbieten. Damit traten sie jetzt in einen Wettbewerb mit den großen Stromkonzernen – und zwar erfolgreich! Denn durch ihr langes und glaubwürdiges Engagement für die Energiewende im Schulterschluss mit den Bürger:innen und zivilgesellschaftlichen Akteuren hatten sie einen Wettbewerbsvorteil. Dabei bewahrten sich die EWS auch ihre Initiativkraft und stießen weitere Kampagnen an. Nun folgend eine Auswahl:

Juli 2009: «100 gute Gründe gegen Atomkraft»

2009 brachte die Atomlobby die Atomkraft wieder ins Gespräch (als Klimaretter, als Preisgarant, sogar als Bioenergie) – in der Hoffnung, dass eine neue Regierung den Atomausstieg rückgängig machen würde. Die EWS reagierten mit der Kampagne «Wrack ab!». Auf der Website www.100-gute-gruende.de wurden sauber recherchierte Argumente gegen Atomkraft präsentiert.

Damals hatten die «100 guten Gründe gegen Atomkraft» in der Szene viele auch als Booklet im Hosentaschenformat. Dank Ursula Sladek schafften sie es sogar bis ins Weiße Haus in die Hände von US-Präsident Barack Obama (Hier die ganze Geschichte dazu).

Die «100 guten Gründe gegen Atomkraft» waren ein wichtiges Instrument, um Fakten gegen die Klimaschutz-Märchen der Atom-Lobby setzen zu können! Die Website wurde im Jahr 2021 in enger Zusammenarbeit mit der Initiative «.ausgestrahlt» komplett neu aufgesetzt und aktualisiert. Am 26. April 2021 eröffneten die EWS anlässlich des 35. Jahrestags der Tschernobyl-Katastrophe gemeinsam mit dem «Freiburger Kulturaggregat e.V.» und «.ausgestrahlt» eine virtuelle Ausstellung zum Thema.

November 2015: Kampagne «Kein Geld für Atom – stoppt Brüssel!»

2014 genehmigte die EU-Kommission massive Subventionen für den Bau zwei weiterer Reaktoren am Atommeiler Hinkley Point in England – dagegen legten die EWS noch im selben Jahr «Beschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 107 AEUV durch Genehmigung wettbewerbsverfälschender staatlicher Beihilfen» ein.

Diese Beschwerde bildete den Grundstein einer im Frühjahr 2015 startenden großen Protestkampagne der EWS gemeinsam mit 30 Partnern – darunter u.a. BUNDjugend, Deutsche Umweltstiftung und «.ausgestrahlt».

171.000 Bürger:innen beteiligten sich daran. Im Rahmen einer großen Presseaktion wurden die Beschwerdebriefe der EU-Kommission übergeben. Ein starkes Signal! Doch letztlich konnte das Projekt final nicht gestoppt werden. Mittlerweile verzögert sich die Fertigstellung des Atommeilers aufgrund von aus dem Ruder laufenden Kosten und bautechnischen Verzögerungen noch bis mindestens 2027 – Ausgang offen! (Hier die ganze Geschichte im EWS-Magazin)

März 2017: Appell an die Bundesregierung für eine nationale CO2-Abgabe

Am 27. März 2017 wurde der Verein CO₂-Abgabe e.V. von 20 Unternehmen, Klimaschutzakteuren und interessierten Bürger:innen in Freiburg gegründet - mit dabei auch die Schönauer Stromrebell:innen Ursula und Michael Sladek. Die EWS starteten schon bald gemeinsam mit dem Verein einen Appell an die Bundesregierung, zur Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen die Verbrennung von fossilen Energieträgern wie Kohle, Heizöl, Erdgas oder Kerosin mit einer CO₂-Abgabe zu belegen.

Dabei fanden die Vorschläge u.a. Eingang in ein Papier der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages zu möglichen Modellen für Deutschland. Am 21. Mai 2022 benannte sich der Verein schließlich in Klimaschutz im Bundestag e.V. um, da eine thematische Erweiterung über die CO₂-Abgabe-Forderung hinaus als notwendig angesehen wurde. Wesentliches Ziel ist es, Bundestagsabgeordnete zu konkreten Klimaschutzinitiativen zu bewegen und mit den Bürger:innen dazu ins Gespräch zu bringen. Der Verein wird dabei von zahlreichen Organisationen und Unternehmen unterstützt: u.a. von Fridays for Future, Deutsche Umwelthilfe, GermanZero, Bund der Energieverbraucher, GLS Bank, EWS Schönau, Naturstrom und prominenten Botschafter:innen wie Prof. Dr. Ernst von Weizsäcker oder Prof. Volker Quaschning.

November 2020: Kampagne «Dächer vollpacken»

Gepaart mit einer Petition an die energie- und klimapolitischen Sprecher der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Die LINKE und FDP haben die EWS im Herbst 2020 eine Kampagne ins Leben gerufen, die die Entfesselung der «kleinen» Photovoltaik zum Ziel hat. Untermauert wurde diese Forderung durch eine von den EWS bei Energy Brainpool in Auftrag gegebenen Studie, die im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Diese ergab ein Potenzial von 140 GW Erzeugungskapazität, das bis 2030 auf deutschen Dächern realisiert werden könne. Gerade in den Städten könnte viel Strom verbrauchsnah erzeugt, deren Anteil am deutschen Strommix verdreifacht und die Elektrifizierung vorangetrieben werden. Um dies zu erreichen, schlug die Studie ein Bündel an verschiedenen politischen und regulatorischen Maßnahmen vor.

März 2022: «Gas sparen gegen den Krieg»

Im Zuge des völkerrechtswidrigen und verbrecherischen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben die EWS mit einer Kampagne auf die große Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas aufmerksam gemacht und dazu aufgerufen, sich endlich aus dieser zu lösen. Dazu wurden nützliche Gasspar-Tipps vorgestellt. Binnen kurzer Zeit erklärten sich 1.750 Haushalte aus dem Kreise unserer Kund:innen dazu bereit, ihren Gasverbrauch um durchschnittlich 18 Prozent zu senken.

Zudem spendeten die EWS pro Teilnehmer:in 20 Euro zugunsten der kriegsbetroffenen Menschen in der Ukraine an die dort tätige Organisation «Ärzte für die Welt». Dabei kamen insgesamt 35.000 Euro zusammen. Hier weitere Infos zur Kampagne