Gruppenfoto der BürgerEnergie Berlin vor dem Roten Rathaus.
Mitstreiter:innen

Seit zehn Jahren kämpft die BEB dafür, eine Bürgerbeteiligung am Berliner Stromnetz durchzusetzen – und hat nun beste Aussichten auf Erfolg. Langjähriger Partner: die EWS.

First we take Schönau, then we take Berlin

Fotos: Saskia Uppenkamp

Jetzt oder nie! – dieser Slogan machte die Genossenschaft BürgerEnergie Berlin (kurz: BEB) seit 2011 weit über Berlin hinaus bekannt. Das Land Berlin suchte damals nach einem neuen Betreiber für das Berliner Stromnetz und Luise Neumann-Cosel, Arwen Colell und ihre Mitstreiter:innen warfen dafür unerschrocken den Hut ihrer frisch gegründeten Bürgergenossenschaft in den Ring. Sie wollten verhindern, dass der Atom- und Kohlekonzern Vattenfall auch für die nächsten 20 Jahre mit dem Stromnetz die Energiepolitik der Hauptstadt dominiert. Stattdessen wollten sie mit einer Beteiligung der Bürger*innen den Netzbetrieb auf eine dezentrale und nachhaltige Energieversorgung ausrichten.

Bürger:innen sollen mitbestimmen

Als Aktivistinnen der Anti-Atom-Bewegung wussten die beiden Mitgründerinnen von anderen guten Beispielen in Deutschland – gerade die Geschichte der EWS hatte ja schon früher gezeigt, was möglich ist, wenn sich engagierte Bürger:innen zusammentun. Und was seinerzeit bei den Schönauer Stromrebellen funktioniert hat, wurde zur Blaupause für das größte Stromnetz Deutschlands. 
Statt Profitmaximierung wollte die Genossenschaft lieber Klimaschutz, Energiewende und gesellschaftliche Teilhabe zum Leitgedanken des Netzbetriebes machen. Eine Idee, mit der sie viele Menschen als Mitstreiter:innen gewinnen konnten – heute bringen sich schon über 3.000 Menschen für die Beteiligung am Netz ein. 
Nach gut zehn Jahren hartnäckiger und beständiger Arbeit ist die Genossenschaft nun auf der Zielgeraden: Im Juli 2021 kaufte das Land Berlin das Stromnetz von Vattenfall zurück, zudem wurde Arwen Colell in den Aufsichtsrat des landeseigenen Stromnetzes berufen. Der im Herbst gewählte rot-grün-rote Senat hat die Beteiligung der BEB am Stromnetz in den Koalitionsvertrag geschrieben. Zum anstehenden runden Geburtstag gibt’s also ordentlich was zu feiern.

Genossenschaftliche Verbundenheit

Nicht nur über das Thema Netzübernahme sind die BEB und die EWS schon lange eng verbunden. Als Kooperationspartner vertreibt die BEB den Ökostrom der EWS, damit Berlins Stromkonsum klimafreundlicher wird. Und nicht nur das: «Mit den EWS ziehen wir an vielen gemeinsamen Strängen», erzählt BEB-Vorstand Christoph Rinke. «Dazu zählen Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Klimaschutz wie die Lange Nacht des Klimas, aber vor allem politische Veranstaltungen, etwa zur CO₂-Abgabe, dem Klimaschutzgesetz oder der urbanen Energiewende. Und weil es der EWS genauso wie uns ums Handeln geht, setzen wir in Berlin gemeinsam Mieterstrom-Projekte um.» 

Klimaschutz selbst in die Hand nehmen

Neben Teilhabe und Mitbestimmung will die BEB mit der Netzbeteiligung vor allem den Ausbau Erneuerbarer Energie nach vorn bringen.  Mit ihren Bürgerkraftwerken sorgt sie auch schon jetzt selbst für mehr Sonnenenergie von Berlins Dächern. Vor kurzem erst nahm ihr neuestes Mieterstromprojekt den Betrieb auf: Ein Hochhaus in Berlin-Neukölln wurde mit PV-Modulen auf dem Dach ausgerüstet. Dafür tat sich die BEB mit einer Wohnungsbaugenossenschaft zusammen. Die Mieter:innen profitieren von einem günstigen Mieterstromtarif. Etwa ein Drittel des Strombedarfes kann nun nachhaltig vom Dach gedeckt werden. Der restliche Strom wird von den EWS geliefert. Gerade in Zeiten, wo hohe Mietkosten für soziale Spannungen sorgen, zeigen Genossenschaften so, wie die essenzielle Daseinsvorsorge zu fairen Preisen organisiert werden kann.
Für diejenigen, die nicht das Glück haben, in einer solchen Anlage zu wohnen, hat die BEB eine weitere pragmatische Lösung parat: Sie berät Interessierte zu sogenannten Balkonkraftwerken. Die handlichen Solarmodule können von jede:m ganz einfach installiert und über eine Steckdose angeschlossen werden. Und zukünftig soll das nicht nur auf Balkonen möglich sein, sondern auch in Berliner Gartenlauben.

Jetzt geht es erst richtig los 

Das politische und gesellschaftliche Klima, in dem sich die Energiegenossenschaft bewegt, ist 2022 ein deutlich anderes als noch zu Gründungszeiten. Inzwischen ist die Wichtigkeit des Klimaschutzes im allgemeinen Bewusstsein und auch in der Politik angekommen. Die amtierende Koalition im Roten Rathaus will das Berliner Klimaschutzgesetz deutlich ehrgeiziger gestalten und Berlin zur Solar City machen. Dennoch ist die Arbeit der BEB nicht getan – die entscheidende Phase beginnt gerade erst. Mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Beteiligung der BEB am Stromnetz bietet sich eine große Chance, dass Bürger:innen selbst über die Infrastruktur ihrer Stadt mitbestimmen, politische Entscheidungen kritisch begleiten und Klimaschutz aktiv vorantreiben können. Und dazu braucht es Menschen von der Sorte, die die BürgerEnergie Berlin in den vergangenen Jahren so weit gebracht haben: Menschen mit Leidenschaft, Engagement, Kreativität und Entschlossenheit. 
 

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