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EWS Insights: «Handeln – hier und jetzt!»

Ein Bericht von Tom Jost

Was machen die EWS in welchen Bereichen? Beim 22. Schönauer Stromseminar gab es dazu wieder vielfältige Antworten und spannende Einblicke.

Angesichts der Ereignisse in der Welt werde ihm manchmal angst und bange, so Sebastian Sladek, als er auf dem diesjährigen Stromseminar die «EWS Insights» ankündigte. Bis 2030 bliebe nicht mehr viel Zeit, um die globalen Treibhausgasemissionen um 65 Prozent zu reduzieren und die Klimaveränderungen noch aufzuhalten, erklärte der EWS-Vorstand. Der dafür notwenige Transformationsprozess sei riesig und auch mit Schmerzen verbunden. Aber: «400 Menschen sind hier heute zusammengekommen, die eben nicht auf die Politik warten, sondern gemeinsam die Veränderungen anpacken wollen. Auch wenn er sich oft anfühlt wie ein Kampf gegen Windmühlen – dieser Kampf für Windmühlen.» Und natürlich auch für die gesellschaftliche Weiterentwicklung.

EWS Insights: «Wärmewende jetzt!»

Vor einer grün-gelben Stele mit dem Slogan "Gemeinsam was bewegen" spricht ein Martin Halm zum Publikum.
Martin Halm eröffnete den EWS-Nachmittag. Foto: Albert J. Schmidt

Martin Halm, Geschäftsführer der EWS Netze GmbH, und Alexander Sladek, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau eG

Für viele Immobilienbesitzer in Deutschland sei es noch immer eine offene Frage, wie sie ihre Gebäude klimagerecht beheizen sollen. Die Antwort könnte lauten: Solarthermie, Fernwärme, Nahwärme, Geothermie, Wärmepumpe, Holz – oder ein Mix aus diesen Komponenten. Erdgas hingegen sollte aus Sicht der EWS keine Rolle mehr spielen. «Unser Gasausstieg ist beschlossene Sache und wird Schritt für Schritt vollzogen», versicherte EWS-Vorstand Alexander Sladek, ergänzte aber, dass man möglicherweise einige Kundinnen und Kunden mit Biogas weiterversorgen werde.

Sladek hat unlängst an einem Runden Tisch der Energie- und Wohnungswirtschaft teilgenommen, um an der Erarbeitung eines Konzeptpapiers mitzuwirken. Denn schließlich benötigt die Wärmeerzeugung den größten Teil der verfügbaren Energie – «und viele in der Politik denken, Deutschland sei eine Kupferplatte, auf der man alles elektrisch regeln könne. Unsere Position lautet dagegen: Wärmenetze, wo es geht, und Wärmepumpen, wo es nötig ist und die Netze stabil sind.» Die Hoffnung auf importierten grünen Wasserstoff zum Heizen bezeichnete er als «blauäugig». Es brauche eine «saubere Debatte» über Notwendigkeit, Zumutbarkeit und soziale Entlastung, um wieder Vertrauen in die Politik zu schaffen, vor allem aber eine integrierte Energieplanung, die auch Strom- und Gasnetze einschließe.

Dass man mit Wärmenetzen schon 2006 Vorreiter im Landkreis Lörrach gewesen sei, daran erinnerte Martin Halm. Inzwischen ist die EWS Netze GmbH in zehn Gemeinden aktiv – und das anfängliche Problem, Bürgerinnen und Bürger vom Sinn der Nahwärme zu überzeugen, habe sich in Nichts aufgelöst. «Das hat sich in den letzten 18 Monaten von allein erledigt», berichtete der Netze-Chef und führte als Beispiel den Ortsteil Höllstein in der Gemeinde Steinen an: Da seien es von 235 Gebäuden im Ort bereits 185, die sich ans neue Netz anschlössen. Nahwärmelösungen böten ein Wahnsinnspotenzial für Dezentralisierung und auch für die Demokratisierung, erklärte Alexander Sladek, weil es lokale Projekte seien.

Vor der Bühne steht Alexander Sladek, vertieft im Gespräch fünf Zuschauern.
War sehr gefragt: Alexander Sladek beantwortete nach der Bühnenpräsentation noch zahlreiche Fragen der Zuschauerinnen und Zuschauer. Foto: Albert J. Schmidt

Keine Patentlösung, aber viele Möglichkeiten in den Regionen

Freilich sind Nahwärmenetze eine Investition mit hohem Kapitalbedarf, und angesichts steigender Zinsen stelle sich die Wirtschaftlichkeitsfrage noch einmal verstärkt. Man könne Netze nur realisieren, wenn die Anschlussdichte groß genug ist – und die betroffene Gemeinde auch mal mit einer Bürgschaft einspringe. Martin Halm berichtete von einem Bürgermeister, der für seine Gemeinde unbedingt ein Wärmenetz gebaut sehen wollte, aber anderntags als Verwaltungsrat der örtlichen Sparkasse den nötigen Kredit ablehnte.

Womit sollen wir uns also künftig auf Temperatur halten? Es gebe nicht die eine Lösung für alle, bedauerte Alexander Sladek. Wo München auf Geothermie zurückgreifen könne, sei die Hochrheinregion dafür eher ungeeignet. Auch Solarthermie komme noch zu kurz. «Hier im Schwarzwald besorgen wir das vorwiegend über Holzhackschnitzel. Vermutlich haben wir noch für hundert Jahre genug Bäume, die als Sturmschaden, Borkenkäferholz oder einfach wegen des Klimawandels rausmüssen.» Andererseits gebe es nicht weit entfernt eine Menge unvermeidbarer industrieller Abwärme, die sich womöglich nutzen ließe. Zurzeit überlege man mit mehreren Gemeinden, ob sich nicht eine «dicke Leitung» von Lörrach bis Schopfheim lohnen könnte.

So oder so: Über Projektmangel im Wärmebereich können die EWS nicht klagen. Man habe fast jeden Tag einen Anruf, berichtete Martin Halm, auch von kleineren Energiegenossenschaften, die fragten, ob man sie «an die Hand nehmen könne». Das sehe man als eine der großen Aufgaben: «Wir in Schönau haben doch früher auch ganz viel externe Unterstützung bekommen!»

EWS Insights: «Dächer vollpacken, Energie teilen!»

Ein junger Mann mit zurückgegeltem Haar und einem Mikrofon im gesicht, spricht auf der Bühne.
Peter Ugolini-Schmidt Foto: Albert J. Schmidt

Anne Dittrich, Leiterin der Abteilung Energielösungen, und Peter Ugolini-Schmidt, Energiepolitischer Sprecher

Lange auf der Schleichspur, hat Deutschland zuletzt bei der Photovoltaik wieder einen Gang hochgeschaltet. Mit dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde das Ausbauziel bis 2030 auf 215 Gigawatt (GW) Leistung festgelegt. Und das Tempo zieht bereits spürbar an: Von dem für dieses Jahr eingeplanten 9-GW-Zubau waren im Juni schon mehr als 63 Prozent realisiert.

Diese Entwicklung unterstützen die EWS mit eigenen Investitionen – und außerdem mit gezielten Hilfestellungen, wenn ihre Kundinnen und Kunden selbst tätig werden möchten. Über den Förderbeitrag «Sonnencent» sind bisher rund 5.700 ihrer PV-Anlagen mit einem Zuschuss gefördert worden. Seit fast zwei Jahren gibt es ein zusätzliches Angebot, das aus einem EWS-Modellprojekt entstanden ist. «Wir bieten Beratung und Projektierung, die dann oft in eine schlüsselfertige Solaranlage zwischen 5 und 30 Kilowattpeak Leistung mündet», erläuterte Anne Dittrich. Etwa 400 Mal sei man dafür schon angefragt worden.

Umfassende Beratung – schnelle Realisierung

«Die Menschen haben in ihrem Umkreis nach Unterstützung und Angeboten gesucht – und bekamen keine», berichtete Dittrich. Voll ausgelastete Solarmonteure haben oft keine Zeit, um vor der Installation aufwendig zu recherchieren: Was benötigt der Kunde überhaupt? Eigenstrom, Batteriespeicher, Wallbox – und in welcher Dimension? «Wir raten gegenwärtig zum Beispiel von der Ladestation ab, weil sie noch nicht in beide Richtungen funktioniert. Wenn man dagegen schon mit einem Elektroauto plant, kann man sich den Batteriespeicher sparen, denn das Auto ist dann so ein Speicher.» Man möchte, so Anne Dittrich, vor allem die Menschen befähigen, eine mündige Entscheidung zu treffen.

Und wer baut die Anlage dann? Die EWS arbeiten bei diesem Kunden-Komplettangebot mit lokalen Solarbetrieben zusammen. Für diese hat die Kooperation den Vorteil, dass sie sich nicht langwierig mit der Befragung und Projektierung aufhalten müssen, um dann den Auftrag doch nicht zu bekommen. Die Installateure setzen mit ihrer Kompetenz eine durchgeplante Anlage schneller um, schaffen also mehr Aufträge in der gleichen Zeit. In den letzten Wochen hätten die EWS übrigens neue Handwerkspartner in Nordrhein-Westfalen, Hannover und Berlin an Bord geholt.

 

Auf der Bühne steht links eine junge Frau und spricht zum Pubilkum, rechts ein junger Mann und hört zu.
Neue Beratungsangebote zur Planung und Projektierung privater PV-Anlagen – das war ein Thema des Vortrags von Anne Dittrich und Peter Ugolini-Schmidt. Foto: Albert J. Schmidt

 

Größere Unsicherheiten – das merke man in den Beratungsgesprächen immer wieder – gebe es noch im Bereich der Mehrfamilienhäuser. Zwar haben die EWS mit der «Energieagentur Regio Freiburg» hierzu bereits einen Leitfaden entwickelt, aber in der Gesetzgebung sei «noch viel Luft nach oben», das ist auch die Meinung von Peter Ugolini-Schmidt. Zu den Aufgaben des Energiepolitischen Sprechers der EWS gehört der Blick auf das Kleingedruckte von allem, was aus dem Berliner Regierungsviertel kommt. «Und bei der Regulierung des Solarstroms im Bereich Wohngebäude beobachten wir gerade eine kleine Zeitenwende.»

Neue Möglichkeiten für Dach-PV auf Mietshäusern

Der Referentenentwurf vom Juni sei noch nicht der große Durchbruch, zeige aber Verbesserungen gegenüber den früheren Jahren. So soll der Netzanschluss von Solaranlagen (bis 30 kWp) Leistung vereinfacht werden. An die Adresse von Wohnungseigentümern, Hausverwaltungen und Immobiliengesellschaften richtet sich ein Konzept zur gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, das neben dem Mieterstrommodell eine neue Möglichkeit eröffnet, Menschen in Mehrfamilienhäusern mit Energie zu versorgen, die über ihren Köpfen gewonnen wird.

Von der Neuregelung würden auch Energiegenossenschaften profitieren, die mit «Energy Sharing» Mitglieder regional mit Strom aus eigenen PV- und Windkraftanlagen beliefern könnten. Auf diese Weise wäre eine direkte Teilhabe auch ohne Solardach möglich, zudem würde die Akzeptanz solcher Anlagen steigen, so Ugolini-Schmidt: «Wir glauben, dass dieser Strom auch anders behandelt werden sollte, als ihn an die Netzbetreiber abzuführen und über die Strombörse zwangszuvermarkten.» Zeitgleicher Verbrauch und Netzentlastung sollten also belohnt werden. «Es gibt noch eine Menge zu tun», war das Fazit des EWS-Sprechers, «aber wir sehen schon viele Schritte in die richtige Richtung.»

EWS Insights: «Mobilitätswende beschleunigen!»

Eine Frau in rotem Pullover, mit Kopfmikrofon steht vor einer Stele auf der Bühne und spricht.
Stefanie Janssen Foto: Albert J. Schmidt

Stefanie Janssen, Leiterin Förderprogramm «Sonnencent», und Armin Komenda, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau eG

Dass der «Sonnencent»-Fördertopf sich füllt, wenn nur genügend Sonne scheint, wäre eine naheliegende Vermutung – stimmt aber so nicht. Denn der Solidarbeitrag von EWS-Kundinnen und -Kunden wird auch bei Regen, Schnee und Hagel pro bezogener Kilowattstunde Ökostrom entrichtet. Umgekehrt werden mit dem Etat von rund 2,3 Millionen Euro, der etwa im vergangenen Jahr zur Verfügung stand, auch keineswegs nur Solarstrom-Projekte unterstützt: «Wir fördern beispielsweise nachhaltige Mobilität und sind von vielen Ideen einfach begeistert», berichtete Stefanie Janssen erfreut.

Davon profitieren auch Kinder aus Brennpunkt-Stadtteilen, die mit gezielten Projekten fürs – vor allem sichere – Radfahren begeistert werden sollen. Es gibt beispielsweise Radkurse für Migrantinnen und Mobilitätsangebote für Menschen mit körperlicher Beeinträchtigung. Was aber in der Stadt angeboten werden kann, ist in ländlichen Gebieten ein Problem: «Wer mal von Freiburg nach Schönau gependelt ist, weiß, dass die Empfehlung, mal aufs Rad zu steigen, nicht funktioniert.»

Klimafreundliche Mobilität in die Fläche bringen

So ist man beim Förderprogramm angetan von neuen Ideen, die zum Beispiel die Mobilität in der Fläche einfacher machen, etwa von der App für Mitfahrgelegenheiten, welche man im Landkreis Oberallgäu entdeckte. Damit sie in der Breite wirkt, wurde sie in Kooperation mit örtlichen Vereinen entwickelt und promotet. In der Gemeinde Titisee-Neustadt flossen Sonnencents dagegen an eine Bürgerenergiegenossenschaft, die ein ländliches Carsharing plus Bürgerbus etablierte. «Wir kommen trotzdem nicht an deutlich besseren ÖPNV-Angeboten vorbei», mahnte Stefanie Janssen, «und auch nicht an der Elektromobilität als Ersatz für Verbrenner.»

 

Auf der Bühne sind Armin Kommenda und Stefanie Janssen im angeregten Austausch.
Armin Komenda und Stefanie Janssen informierten unter anderem über von den EWS geförderte Projekte, die im Rahmen der drängenden Mobilitätswende Angebote und Lösungen in komunalen Bereichen verwirklichen. Foto: Albert J. Schmidt

 

Das war das Stichwort für EWS-Vorstand Armin Komenda, der Neues zur Ladestrom-Genossenschaft «Ladegrün!» zu berichten hatte. Hier haben sich neben den EWS weitere reine Ökostromanbieter wie Green Planet Energy und Naturstrom engagiert, zudem auch die Inselwerke und die GLS-Bank. Gemeinsamer Plan ist der Aufbau eines Ladenetzes für Elektromobilität, das ausschließlich mit Ökostrom versorgt wird. Die neue Genossenschaft mit Sitz in Berlin hat mittlerweile 20 Mitarbeitende und ein permanent wachsendes Ladenetz. «Vor allem im halböffentlichen Bereich wurden bisher 140 Ladepunkte errichtet, für das laufende Jahr sind 200 bis 250 geplant», berichtete Komenda. «In den beiden nächsten Jahren sollen dann jeweils 700 bis 800 Lademöglichkeiten hinzukommen.»

Frage aus dem Publikum: Das wäre doch sicher eine Idee, die auch das eine oder andere Stadtwerk zum Mitmachen animieren könnte? Armin Komenda schmunzelte: «Ökostromanbieter sind grundsätzlich einen Schritt weiter als normale Stadtwerke – aber wir würden da die Kooperation nicht verweigern.»

EWS Insights: «Erneuerbare ausbauen!»

Auf der Bühne steht im Vordergrund Sebastian Sladek und spricht ins Publikum, im Hintergrund Ralf Meyer in kurzen Hosen.
Sebastian Sladek und Ralf Meyer Foto: Albert J. Schmidt

Ralf Meyer, Leiter Finanzen und Geschäftsführer der EWS Projekt GmbH, und Sebastian Sladek, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau eG

Zwei Publikumsfragen an den Anfang gestellt: Ist es Resultat eines Umdenkens, dass die EWS aktuell 14 Prozent ihres Stromabsatzes mit eigenen Anlagen erzeugen? Und was kommt da mittelfristig auf das Unternehmen zu: Windparks, Freiland- Solaranlagen, Agri-Photovoltaik? In der Tat sei es Resultat eines Umdenkens, bestätigte Sebastian Sladek. Damals, 1997 und 1998, als man endlich das Schönauer Stromnetz übernehmen konnte und zum Versorger geworden war, wollte man nicht auch noch in den Kraftwerksbetrieb einsteigen: «Denn sonst führt das zu genau jener Machtkonzentration, gegen die wir zehn Jahre lang gekämpft haben. Lieber sollten unsere Kundinnen und Kunden Kraftwerksbetreiber werden, zu ihrer Unterstützung haben wir den ‹Sonnencent› aufgelegt.» Angesichts der fortschreitenden Klimakatastrophe habe man später entschieden, doch selbst in den Bau von Stromerzeugungsanlagen zu investieren – aber zunächst nur an wenigen Projekten gearbeitet.

Mit Bürgerbeteiligung Akzeptanz für Windkraft schaffen

Inzwischen komme aber Bewegung in die Sache: Im Frühjahr 2023 sei der Windpark Thomasburg in Betrieb gegangen – mit 16,5 Megawatt (MW) Leistung ausreichend, um 12.000 EWS-Kundenhaushalte zu versorgen, sagte Ralf Meyer. Dass es recht zügig ablief mit der Errichtung nahe der Elbe, verdanke man vor allem aufgeschlossenen Grundstückseignern. «Sie sind auf uns zugekommen», berichtete Meyer, «sie verkörpern den EWS-Geist einer solidarischen Energiewirtschaft und haben sogar auf einen Teil der Pacht verzichtet.» Mit diesem Geld unterstützt der «Thomasburger Förderverein Frische Brise» nun soziale und ökologische Projekte.

Dass Partizipation die Akzeptanz von Windprojekten erhöht, zeigt sich auch an einem Projekt, das schon aufgegeben schien und jetzt doch wieder Rückenwind bekommt. Am Zeller Blauen, einem über 1.000 Meter hohen Berg im Wiesental, sollen vier neue Rotoren auf Forstgelände des Landes Baden-Württemberg errichtet werden, die Genehmigung liegt bereits vor. Weil aber auch in den drei Gemeinden rund um den künftigen Bauplatz Interesse an der Windkraft erwacht ist, könnten daraus bis zu neun Anlagen werden, berichtete Ralf Meyer erfreut. Das Projekt wird zusammen mit zwei weiteren Bürgergenossenschaften verfolgt, die auch wichtige Aufgaben bei Planung und Dialog übernehmen. Die gemeinschaftliche Anstrengung könnte in einen Windpark mit bis zu 60 MW münden, der 2027 in Betrieb gehen würde.

 

Aus den Zuschauerreihen heraus fotografiert: Ralf Meyer, ein junger Mann mit Brille, in kurzen Hosen.
Ralf Meyer berichtete unter anderem über die soeben in Betrieb gegangene Windkraftanlage in Thomasburg. Foto: Maximilian Held

 

Große Solarprojekte mit Augenmaß angehen

Möglichst eigene Erzeugungsanlagen bauen, um sich von den Achterbahnfahrten am Strommarkt zu entkoppeln – das wird auch in Solarprojekten Niederschlag finden. Bei Photovoltaikfeldern im Freiland waren Vorstand und Mitglieder der EWS lange skeptisch. «Aber wir brauchen schnell mehr Erzeugung», erklärte Sebastian Sladek das angezogene Tempo. So ist gegenwärtig der Solarpark Döggingen 1 mit 4,7 MW Leistung im Bau, er soll im Herbst in Betrieb gehen. Folgen werden drei weitere PV-Felder mit insgesamt 22,5 MW, die in der zweiten Jahreshälfte 2024 erstmals Strom liefern sollen.

«Wir behalten aber unserer Skepsis», versprach Sladek, «und werden niemals mit wirklich ertragreichen landwirtschaftlichen Flächen in Konkurrenz treten.» Und aufgeständerte Agri-PV-Anlagen? Ein Modellprojekt am Bodensee habe den zweifachen Ertrag real nachgewiesen, allerdings sei die Modul-Aufständerung sehr teuer. Hoffnung kommt von zwei Konstrukteuren aus dem Publikum, die sich umgehend zu Wort meldeten: Sie hätten ein Stahlseil-System entwickelt, das mit deutlich weniger Materialeinsatz auskomme.

EWS Insights: «Innovationen fördern!»

Vor der grünen Stele mt der Aufschrift "Schönauer Stromseminar" steht ein juner Mann mit roten Haaren und referiert.
Philipp Appenzeller Foto: Albert J. Schmidt

Philipp Appenzeller, EWS-Regionalmanager, und Svenja Dannewitz sowie Simon Wind, beide Preisträgerinnen und Preisträger des «MakeItMatter-Awards» 2023

Einen weiten Bogen schlug Philipp Appenzeller, als er über die EWS sagte: «Wir waren auch mal innovativ und neu, und niemand dachte, dass daraus ein Unternehmen werden kann.» Wurde es aber. Das Neue findet Freunde und Nachahmer, wenn es gute Ideen mit sich bringt. Dann wird es vielleicht auch zum Erfolg – etwa so, wie die Bürgerenergie in Deutschland zur treibenden Kraft für die Energiewende geworden ist.

Um Klimaneutralität zu erreichen, genügen aber technische Lösungen in der Energiebranche nicht. Wir benötigen Innovationen in der gesamten Wirtschaft – diese kommen häufig von Start-ups und jungen Gründerinnen und Gründern, die sich erst noch beweisen müssen. «Und trotzdem spürt man schon: Da ist eine ganz große Idee.» Für die EWS hält Appenzeller deshalb auch engen Kontakt zur Gründerplattform «Smart Green Accelerator» und dem Wettbewerb «MakeItMatter», an dem sich in diesem Jahr 130 Start-ups beteiligt haben. Von allen waren neue Ideen gefordert, die einen ökologischen, ökonomischen und sozialen Nutzen besitzen – und natürlich sollten die jungen Unternehmen selbst auch nachhaltig wirtschaften.

Batterierecycling – neu gedacht

Sechs Start-ups waren für die mit insgesamt 40.000 Euro EWS-Preisgeld dotierten Treppchen-Plätze nominiert, drei von ihnen wurden in der letzten Juniwoche ausgezeichnet. «Tozero» aus München, gelandet auf Platz drei, hat beispielsweise ein neues Verfahren zum Recycling von Batterien entwickelt: Es verbraucht sehr viel weniger Energie als bisherige Modelle – vor allem aber können damit sämtliche kritischen Materialien wie Lithium, Nickel, Kobalt und weitere Substanzen zurückgewonnen werden.

 

Eingerahmt von Philipp Appenzeller und Eva Stegen stehen die beiden Gewinner des «MakeItMatter-Awards» auf der Bühne.
Philipp Appenzeller und Eva Stegen stellten stolz zwei Vertreter der diesjährigen Gewinner-Start-ups des «MakeItMatter-Awards» – Simon Wind von «Skyseed» und Svenja Dannewitz von «Senara» – vor. Foto: Albert J. Schmidt

 

Eine klimafreundliche Alternative zur konventionellen Milchwirtschaft

Der zweite Preis ging an das Start-up «Senara» aus Freiburg: Mit einem neuen Verfahren ist es dem jungen Unternehmen gelungen, auf Basis von Zellen aus der Kuhmilch ohne genetische Veränderungen in Bioreaktoren echte Milch zu produzieren. Dazu benötige man nur wenige Kühe. Zudem enthalte die so gewonnene Milch keine Antibiotika und sei durch bestimmte Proteine besonders verträglich, erklärte die Geschäftsführerin Svenja Dannewitz. Der Clou dabei sei aber, dass die Produktion bis zu 99 Prozent weniger CO2, Stickoxide und Methan verursache als die konventionelle Milchindustrie mit ihrer Stallhaltung.

Wiederaufforstung leicht gemacht

Sieger beim «MakeItMatter-Award» wurde in diesem Jahr «Skyseed»: Das Team aus Külsheim und Berlin forstet insbesondere schwer zugängliche Schadensflächen im Wald mit Saatpellets auf, die von halbautomatischen Drohnen ausgebracht werden. Das geht viel schneller als das mühevolle Pflanzen von Setzlingen: Ein Hektar Fläche lässt sich in sechs bis zehn Minuten aussäen. «Auf diese Weise kann man auch zunächst Kraut- und Strauchpflanzen ausbringen, die Bodenerosion verhindern», erläuterte Mitgründer Simon Wind, «außerdem säen wir Arten wie Erlen, Lärchen oder Birken aus, die gut mit Hitze umgehen können. Ziel ist, wieder ein gesundes Wald-Ökosystem zu schaffen.»

«Make it matter» heißt frei übersetzt: «Mach’s zu was Besonderem». Die Preisträger-Start-ups – daran besteht kein Zweifel – passten damit zum Schönauer Stromseminar wie der badische Gutedel zum anschließenden intensiven Abendschwatz. Und auf die 2024er-Neuauflage der «EWS Insights» kann man heute schon gespannt sein!

 

Mehr vom Stromseminar 2023

  • Katja Diehl steht mit einem großen Blumenstrauß und der Trophäe, einem roten Blitz zusammen mit Sebastian Sladek auf der Bühne.

    Die Schönauer Stromrebellin 2023

    Die diesjährige Preisträgerin ist die Aktivistin und Autorin Katja Diehl, Vorkämpferin für eine klimaschonende und menschenfreundliche Mobilität.

  • Zwischen den Zuschauern haben sich einige Personen aus dem Publikum vor einem Mikrophon aufgereiht.

    Fotogalerie Schönauer Stromseminar 2023

    Spots auf das Stromseminar 2023: Zwei Tage voller spannender Diskussionen, Vorträge, mit kurzweiliger Unterhaltung und vielen Begegnungen.

01. August 2023 | Energiewende-Magazin