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Kein Geld für Atom – stoppt Brüssel!

Die Kampagne

80 Postsäcke voller Beschwerdebriefe – der Protestaktion gegen die Subventionsbewilligung der EU-Kommision für den AKW-Neubau «Hinkley Point C» schlossen sich europaweit rund 180.000 Bürger an.

Die Initiatoren waren sichtlich stolz, als sie Ende November 2015 das Ergebnis ihrer Kampagne «Kein Geld für Atom – stoppt Brüssel!» präsentierten: 1,8 Tonnen Protestbriefe konnten innerhalb rund eines Jahres gesammelt werden, im Durchschnitt etwa 500 pro Tag. Der Adressat war kein Geringerer als der Generalsekretär der Kommission der Europäischen Gemeinschaft als offizieller Ansprechpartner für Beschwerden. Denn in jedem der rund 180.000 Briefumschläge steckte die Aufforderung einer Bürgerin oder eines Bürgers der EU, den im Oktober 2014 gefällten Beschluss der EU-Kommission «Support SA.34947» – Beihilfen für «Hinkley Point C» – zurückzunehmen.

Rote Karte für neue AKW in Europa

«Die Entscheidung der EU-Kommission, großzügige Beihilfen für den Bau zweier britischer Atomreaktoren zu gewähren, ist ein Skandal», so Sebastian Sladek, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke Schönau (EWS). «Gemeinsam mit 180.000 Bürgerinnen und Bürgern erhöhen wir nun den politischen Druck auf die Kommission und zeigen damit neuen AKWs in Europa die Rote Karte.» Der genossenschaftliche Energieversorger hatte mit seiner bereits Ende November 2014 an die EU-Kommission gerichteten «Beschwerde wegen Verstoßes gegen Art. 107 AEUV durch Genehmigung wettbewerbsverfälschender staatlicher Beihilfen für das Atomkraftwerk Hinkley Point C» den Anstoß für die Protestaktion gegeben. Für die Kampagne gegen die AKW-Subvention konnten anschließend mehr als 30 Umweltverbände, Bürgerinitiativen und Institutionen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich, Schottland und Spanien als Partner gewonnen werden. Darunter unter anderem WWF Deutschland, BUNDjugend oder die Deutsche Umweltstiftung und bekannte Vertreter der Anti-Atom-Bewegung wie die deutsche Anti-Atom-Organisation «.ausgestrahlt» oder «GLOBAL 2000» aus Österreich.

Protest gegen EU-Kommissionsentscheidung

Am 8. Oktober 2014 waren in Brüssel die Pläne der britischen Regierung abgenickt worden, den AKW-Neubau im Südwesten Englands mit staatlichen Förderungen massiv zu unterstützen. So sollen für den Bau notwendige Kredite durch staatliche Bürgschaften in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro abgesichert werden. Zudem wird für den in «Hinkley Point C» produzierten Strom auf Kosten der Steuerzahler eine vergleichsweise üppige Vergütung von rund 11 Cent pro Kilowattstunde garantiert – 35 Jahre lang, zuzüglich Inflationsausgleich. Die Brüsseler Entscheidung ist damit nicht nur ein Affront gegen die Anti-Atom-Bewegung, sondern auch gegen die Akteure der Erneuerbaren Energien. EWS-Geschäftsführer Sebastian Sladek und seine Mitstreiter befürchten, dass der Kommissionsbeschluss «die Blaupause für eine europäische Atomrenaissance» sein wird. Ein Präzedenzfall, der im Dominoeffekt weiteren AKW-Neubauten in Europa «Tür und Tor» öffnet. Ziel der im Dezember 2014 gestarteten Kampagne «Kein Geld für Atom – stoppt Brüssel!» war es deshalb, gemeinsam möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zu mobilisieren und durch eine Flut an Beschwerden ein klares Signal zu setzen: gegen den Ausbau der Atomenergie und für eine nachhaltige Energiepolitik in Europa.

Das Kampagnenvideo

Video

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Das Video zur Kampagne «Kein Geld für Atom – stoppt Brüssel!»

Mit so viel Rückenwind hatten die Initiatoren des Bürgerprotestes allerdings nicht gerechnet: Schon drei Monate nach dem Start war das anfangs gesteckte Ziel von 50.000 Unterstützern erreicht. Im Mai 2015 hatten sich bereits weit mehr als 100.000 Mitstreiter der offiziellen Beschwerde der EWS angeschlossen. Bis zum Abschluss der Kampagne konnten rund 180.000 offizielle Beschwerdebriefe von Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Europa gezählt werden. Das Ergebnis gab EWS-Geschäftsführer Sebastian Sladek zusammen mit den Kampagne-Partnern Jochen Stay (.ausgestrahlt), Reinhard Uhrig (GLOBAL 2000) und Thomas Jorberg (GLS Bank) am 27. November 2015 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Freiburg im Breisgau bekannt. In 80 Postsäcke verpackt, bildeten die gesammelten Beschwerdebriefe dafür eine imposante Kulisse.

Jochen Stay, Sebastian Sladek, Thomas Jorberg und Reinhard Uhrig bei der Abschlusspressekonferenz
Jochen Stay, Sebastian Sladek, Thomas Jorberg und Reinhard Uhrig bei der Abschlusspressekonferenz

Dass der Widerstand zehntausender Bürger gegen die bewilligten Beihilfen für «Hinkley Point C» in Brüssel als Signal deutlich angekommen ist, zeigt die Reaktion des zuständigen Kommissariats: Eine persönliche Entgegennahme der rund 180.000 Beschwerdeschreiben lehnte man hier mit der Begründung ab, man würde sich doch nicht «öffentlich durch den Kakao ziehen» lassen. Der 1,8 Tonnen schwere Bürgerprotest wurde deshalb am 1. Dezember 2015 auf einen LKW verladen und per Kurier nach Brüssel geschickt.

Ein offizielles Statement seitens der EU-Kommission zu der LKW-Ladung an Bürgerbeschweren gibt es bislang nicht. In Schönau ist man aber zuversichtlich, dass die 1,8 Tonnen Protestbriefe auch politisch Gewicht haben werden. Denn Widerstand gegen das Brüsseler Votum pro AKW-Subvention hat sich längst auch von anderer Seite formiert. Allen voran reichte die Republik Österreich im Juli 2015 Klage gegen die Entscheidung der EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof ein. Die mit der «stoppt Brüssel»-Kampagne angestoßene Flut an Beschwerden soll die Klage solidarisch unterstützen. «Jetzt geht’s eigentlich erst richtig los», sagt EWS-Geschäftsführer Sebastian Sladek. «Wir wollen Brüssel jedenfalls noch ein bisschen weiter ärgern! Wichtig ist, dass das Thema deutlich mehr in die Öffentlichkeit rückt, auch über die Medien.»

15. Juni 2016 | Energiewende-Magazin