Direkt zum Inhalt der Seite springen

Für ein Europa ohne Atomkraft

Fessenheim kann nur der Anfang sein

Am 30.06. ging das marode AKW Fessenheim vom Netz – ein Anfang. Zu diesem Anlass erinnern wir an die Geschichte des Protests und betrachten die aktuelle Situation. Atomkraft hat sich als gefährlicher und teurer Irrweg erwiesen. Fordern Sie die Bundesregierung hier auf, sich dafür einzusetzen, dass aus dem Atom-Fördervertrag EURATOM ein Atomausstiegs-Vertrag wird.

Steinalt, überholt, überflüssig – und immer noch gefährlich wirkmächtig: der Euratom-Vertrag von 1957, der bis heute Bau und Entwicklung neuer Atomkraftwerke in der EU fördert. Ohne derlei Subventionsmechanismen wäre der Neubau von AKW in Europa wohl kein Thema mehr: Denn Strom aus neuen Atomkraftwerken ist weitaus teurer als Strom aus Erneuerbaren – und Abriss der AKW und Lagerung des Atommülls verschlingen Milliarden. Fordern Sie jetzt mit .ausgestrahlt die Bundesregierung auf, Euratom endlich abzuschaffen!

Adieu Fessenheim

Bürgerlicher Protest begleitete das Atomkraftwerk Fessenheim von Anfang an. Da es nur 40 km von Schönau entfernt liegt, gehörte auch bei den späteren Elektrizitätswerken Schönau das Engagement gegen die Reaktoranlage von Beginn an dazu. Am 30.6.2020 wird die unsichere Anlage nun endgültig vom Netz genommen. Wir erinnern an dieser Stelle an den bunten, lauten, fantasievollen und letztlich erfolgreichen Protest.

Countdown Fessenheim – Tag der Abschaltung AKW Fessenheim ist Geschichte

Gestern Nacht ging das unsichere französische Atomkraftwerk für immer vom Netz. EWS-Mitarbeiter und -Weggefährten sprechen die Worte zum letzten Geleit.

Das Atomkraftwerk in Fessenheim scheint mit seiner Schließung mehr als einverstanden zu sein – sonst hätte es sich wohl nicht schon drei Tage vorher freiwillig abgeschaltet. Gut, dass endlich Schluss ist mit der jahrelangen Diskussion um das Ende von Fessenheim – vielen Dank allen, die sich auf unterschiedlichste Weise ständig dafür eingesetzt haben!  Ursula Sladek, Mitbegründerin der EfaZ "Eltern für atomfreie Zukunft", ehem. Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied der EWS Elektrizitätswerke Schönau eG
	 Wir „Eltern für atomfreie Zukunft“, die „Eltern“ der EWS Schönau,  haben nie aufgegeben, unser Ziel zu erreichen.  Eine Atomfreie Zukunft kommt mit dem Abschalten von Fessenheim wieder ein Stückchen näher. Aber keine Zeit auszuruhen, kümmern wir uns ums Klima!  Wolf-Dieter Drescher,  Mitbegründer der EfaZ "Eltern für atomfreie Zukunft"
Ich kann mich noch an den Schrecken erinnern, als Tschernobyl explodierte. Seither bin ich Teil der Anti-Atom-Bewegung. Mir ist klar, dass Fessenheim nicht abschaltet wird, weil man dort endlich zur Vernunft gekommen wäre, sondern vielmehr, weil die Atomkraft auch ökonomisch ruinös ist. Aber wenn es um ein derart großes Risiko geht, finde ich, heiligt der Zweck die Mittel und so ist mir auch dieser Weg zum Ausstieg recht. Tanja Gaudian, Referentin für Förderprogramm und Öffentlichkeitsarbeit, Elektrizitätswerke Schönau Vertriebs GmbH
	 Merci à tous, Danke an alle im Dreiländereck, die über Jahre drangeblieben sind und sich für die Abschaltung des Atomkraftwerks eingesetzt haben. Die Risiken sind damit leider nicht vom Tisch. Ich wünsche mir sehr, dass unsere Region am Oberrhein eine Vorbildregion in Europa in Sachen Erneuerbare Energien und Bürgerenergie wird. Daran können wir alle mitwirken. Marissa Walzer, Leiterin Vertrieb, Elektrizitätswerke Schönau Vertriebs GmbH
In der Nähe von Wackersdorf bin ich aufgewachsen, um dann in der Nähe von Fessenheim mein Zelt aufzuschlagen.  Gut, dass dieses Kapitel geschlossen wird – auch wenn die Geschichte noch lange nicht zu Ende ist.  Stefanie Jansen,  Leitung Förderprogramm, Elektrizitätswerke Schönau Vertriebs GmbH
Die übermächtige Atomindustrie hat ja immer wieder furchtbare Ohnmachtsgefühle bei den Menschen erzeugt, die ständig mit der Bedrohung leben mussten. Was für eine Befreiung, dass wir nun wirklich aus der Evakuierungszone von Fessenheim rauskommen, ohne selbst fliehen zu müssen. Wenn sie doch bloß endlich überall aufhörten, Existenzen zu bedrohen. Susanna Zäh, Mitstreiterin der Schönauer Energie-Initiativen
Geschafft. Jahrzehntelanges Engagement, eine grenzüberschreitende Solidarität und ein nie verzagender Mut von tausenden von Menschen haben Politik und Atomkraftwerksbetreiber zur Aufgabe von Fessenheim gezwungen. Jetzt gilt es, sich aktiv um die ehemaligen Gegner zu kümmern. Eine neue Herausforderung.    Dr. Michael Sladek, Mitbegründer der EfaZ "Eltern für atomfreie Zukunft", ehem. Vorstandsmitglied der Elektrizitätswerke Schönau eG
Fessenheim hat nicht nur Atome, sondern auch die Bevölkerung gespaltet. Mit immer neuen Vorwänden wurden wir hingehalten. Dabei ging‘s weder um „Blackout“ noch um „Klimaschutz“. Sondern um die Atommacht Frankreich, deren Infrastruktur ohne die zivile Atomkraft nicht organisierbar wäre.  Dr. Eva Stegen, Energiereferentin, EWS Elektrizitätswerke Schönau eG
Als Anwohner innerhalb des 25 Kilometer Radius war die Bedrohung aus Fessenheim ein ständiger Begleiter. Mit erschreckender Normalität las man die regelmäßigen Störfälle in der Zeitung. Daher danke ich allen, die sich über viele Jahre hinweg für die Stilllegung eingesetzt haben.  Marco Geiger, Vorstandsreferent, EWS Elektrizitätswerke Schönau eG
Am 1. Mai 1986 besuchten wir als Dorfgemeinschaft Böllen das AKW Fessenheim.  Auf unsere Frage nach den Strahlenwerten wurde uns versichert, daß keinerlei Erhöhung zu messen wäre.  In Maulburg bei E+H hingegen zeigte eine komplette Messreihe an diesem Wochenende ungewöhnlich erhöhte Strahlung an…  Kurz danach waren wir Gründungsmitglieder der EFAZ.  Endlich wird nun das unglaubwürdige und marode AKW Fessenheim abgeschaltet.  Veronika Springhart, Mitbegründerin der EfaZ "Eltern für atomfreie Zukunft"

Countdown Fessenheim – noch 1 Tag Interview mit Axel Mayer und Jean-Paul Lacote

Axel Mayer und Jean Paul Lacote am Geländer stehend
Jean Paul Lacote (li) und Axel Mayer (re)

Das Energiewende-Magazin hat zwei langjährige Vertreter des badisch-elsässischen Atomwiderstandes zum Gespräch gebeten: Axel Mayer war schon vor 45 Jahren auf dem Bauplatz in Wyhl am Kaiserstuhl dabei, er war bis zu seinem Ruhestand Ende 2019 Geschäftsführer des «Bund für Umwelt und Naturschutz» (BUND), Regionalverband Südlicher Oberrhein. Jean-Paul Lacote ist seit Jahrzehnten bei der Umweltschutzorganisation «Alsace Nature» aktiv und hat tiefen Einblick in die französische Atomwirtschaft, unter anderem als Mitglied der Kontrollkommission «CLIS» des AKW Fessenheim. 

Das Gespräch lesen Sie auf den Seiten des Energiewende-Magazins. Zudem können Sie es sich als Podcast anhören.

 

Countdown Fessenheim – noch 2 Tage Stimmen aus der Region

50 Jahre stand die badisch-elsässische Region unter dem Eindruck der nuklearen Gefahr in nächster Nachbarschaft. Entsprechend wird das Ende auch in der Umgebung begrüßt.

Statement und Foto von Fritz Keller
Foto und Statement von Bärbel Schäfer

Countdown Fessenheim – noch 3 Tage Rückbau von Atomanlagen: strahlende Gefahrenquelle

Portraitfoto des Interviewpartners
Roland Wolff

Nach dem Abschalten kommt das Aufräumen. Auch der Rückbau von Nuklearanlagen birgt noch Strahlungsrisiken für Arbeiter und die Umgebung. Wir haben dazu mit dem Strahlenschutzexperten Roland Wolff gesprochen.

EWS: Bitte stellen Sie sich und Ihr Fachgebiet kurz vor.

Wolff: Mein Name ist Roland Wolff. Ich bin Medizinphysiker und Sachverständiger für Strahlenschutz, Medizinphysik und Strahlenphysik (DGuSV). Meine Schwerpunkte liegen bei der Ermittlung und/oder der Bewertung von Strahlenexpositionen sowie im medizinischen Strahlenschutz. Im Rahmen dieser Tätigkeit erstelle auch ich Gutachten zur Bewertung von beruflichen Strahlenbelastungen und deren gesundheitlichen Folgen.

EWS: Sie haben unlängst eine Studie mit publiziert, bei der Sie Krebserkrankungen bei drei Arbeitnehmern, die am Rückbau von Atomkraftwerken beteiligt waren, vorstellen. Was sind Ihre Schlüsse?

Wolff: Die drei Krankheitsfälle waren ein Zufallsbefund im Rahmen dreier Begutachtungen. Ein Arbeiter ist an einem sogenannten Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) erkrankt, zwei weitere Arbeiter an chronisch lymphatischer Leukämie (CLL), also Krebserkrankungen des Lymphsystems.
Meinen Kollegen und mir fiel auf, dass die Betroffenen zum Zeitpunkt der Diagnose zwischen 46 – 52 Jahren alt waren. In dieser Altersklasse treten diese Erkrankungen sehr selten auf. Alle Patienten waren unter anderem beim Rückbau oder Abriss einer ehemaligen Brennelementefabrik beschäftigt, in der auch Mischoxid-Brennelemente hergestellt wurden, die Uran und Plutonium enthalten. Beides spricht dagegen, dass die Lymphome zufällig oder spontan aufgetreten sind.
Aus der Literatur ist bekannt, dass NHL und CLL durch ionisierende Strahlung ausgelöst werden können.
Plutonium und Uran senden Alpha-Strahlung aus. Sie haben in Gewebe Reichweiten von etwa 0,01 mm. Auf dieser äußerst kleinen Strecke geben sie ihre gesamte Energie ab und schädigen Zellen bzw. das Erbgut. Bei einer Bestrahlung von außen schützt uns die intakte Haut. Gelangen Alpha-Strahler dagegen über Atemwege oder Nahrung in den Körper, werden sie über den Stoffwechsel und das Blut- und Lymphsystem weiter transportiert. Durch bestimmte Zellen des Immunsystems werden diese aufgenommenen Partikel über die Lymphbahnen in die Lymphknoten transportiert. NHL und CLL können daher vereinfacht gesagt durch Bestrahlung von Zellen im Lymphsystem hervorgerufen werden. Man spricht vom „kritischen Organ“. Dieser Anreicherungseffekt in den Lymphknoten ist von außen nicht messbar.
Bei zwei Arbeitern wurde außerdem während der Abbrucharbeiten eine Strahlenbelastung durch Neutronen nachgewiesen, was durch Anwesenheit von Plutonium erklärt werden kann. Bei zwei Arbeitern wurde durch Stuhl- bzw. Urinanalyse inkorporiertes Uran nachgewiesen, bei einem Arbeiter inkorporiertes Plutonium.

EWS: Was geschieht beim Rückbau eines Atomkraftwerkes? Wo liegen die Gefahren für die Arbeiter?

Wolff: Beim Rückbau eines Atomkraftwerkes oder allgemein kerntechnischer Anlagen wie Brennelementfabriken wird die komplette Anlage von innen nach außen abgebaut. Es handelt sich um den Abriss und Abbruch des Inventars und der Gebäude. Als Ziel des sogenannten Rückbaus wird oft die „grüne Wiese“ genannt.
Zuerst werden die Brennelemente aus dem Reaktor entfernt, in CASTOR-Behälter überführt und diese gelagert. Danach beginnt der Rückbau. Es handelt sich um den Abbruch und Abriss des Inventars wie z.B. Rohre, Betonteile, und der Gebäude. Die Strahlenbelastung der Mitarbeiter beim Rückbau, oft Fremd- oder Leiharbeiter, wird durch amtliche Messungen der Personendosis überwacht. Es gelten Zutrittsbeschränkungen.
Das Strahlenschutzrecht kennt den Grundsatz der Dosisminimierung, d.h. Einhaltung der Grenzwerte und den Grundsatz der Dosisoptimierung. Das heißt, die Dosis muss durch technische und organisatorische Maßnahmen minimiert werden, so dass die Grenzwerte unterschritten werden. Die Mitarbeiter müssen vor Inkorporationen, also der Aufnahme radioaktiver Partikel in den Körper, geschützt werden. Ein spezieller Aspekt sind hier Stäube, die beim Rückbau entstehen. Weiterhin ist eine Kontamination der Umwelt zu vermeiden.

EWS: Wie sollte darauf arbeitsrechtlich und sicherheitstechnisch reagiert werden? 

Wolff: Es ist noch nicht anerkannt, dass diese Krebsarten durch ionisierende Strahlung hervorgerufen werden. Dabei gibt es Studien, die das Gegenteil zeigen, z.B. bei der Berufsgruppe der Radiologen oder Kinder nach CT-Untersuchungen.
Bei der Beurteilung der beruflichen Strahlenbelastung wird das rote Knochenmark als kritisches Organ angesehen und die Knochenmarkdosis abgeschätzt. Die Messung der inkorporierten (aufgenommenen) Radioaktivität und die folgende Abschätzung der Strahlenbelastung basiert auf einem mathematischen Modell des Stoffwechsels, das Knochenmark wird dabei als kritisches Organ angesehen. Nach unserer Literaturrecherche sind dagegen die reifen Lymphozyten als kritisches Organ anzusehen, da sich hier, wie oben ausgeführt, Uran- und Plutoniumpartikel anreichern. Dieser Anreicherungseffekt ist von außen nicht messbar. Dies führt zu einer Unterschätzung der relevanten Organdosis.
Weitere Grundlage der Abschätzung der Strahlenbelastung sind die Studien der Überlebenden der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki. Diese waren jedoch einer einmaligen relativ kurzen Strahlenexposition ausgesetzt. Dagegen sind beruflich strahlenexponierte Arbeiter einer chronischen Langzeitbelastung ausgesetzt. Ein weiterer Punkt ist, dass die Hiroshima- und Nagasaki-Studien meistens Todesfälle als Strahlenfolge untersucht haben und daraus das Strahlenrisiko abschätzen. Betrachtet man dagegen das Auftreten von Erkrankungsfällen, ergibt sich ein höheres Strahlenrisiko.
Damit eine Berufskrankheit als solche anerkannt wird, bedarf es einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass die Erkrankung durch berufliche Strahlenbelastung bedingt ist. Der Gesetzgeber hat im Sozialgesetzbuch die Voraussetzungen geschaffen, den aktuellen Stand der Wissenschaft unabhängig von geltenden Verordnungen anzuwenden. Wir sprechen uns dafür aus, dass außer der Strahlenbelastung von außen stärker auf inkorporierte Radionuklide geachtet wird.
Inkorporierte Uran- und Plutoniumverbindungen sind ein spezielles Problem beim Strahlenschutz für Arbeiter in Uranbergwerken, z.B. WISMUT, Wiederaufarbeitungs- und anderen Nuklearanlagen sowie im sogenannten Rückbau. Dies sollte bei der Begutachtung von Berufskrankheiten sowie im praktischen Arbeitsschutz berücksichtigt werden.

Weiterführende Literatur: 

https://link.springer.com/article/10.1007/s40664-020-00391-w 
http://www.offene-akademie.org/?p=1034 
https://www.rad-proceedings.org/paper.php?id=196 

 

Countdown Fessenheim – noch 4 Tage Warum Fessenheim so gefährlich war

Video

Ja, ich möchte Inhalte von YouTube angezeigt bekommen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Charlotte Mijeon von sortirdunucleaire.fr

Ein Reaktor auf Erdbebengebiet, veraltete Technik, fehlerhafte Bauteile, intransparente Kommunikation seitens des Betreibers ... wenn das Kernkraftwerk Fessenheim zum 1.7. endgültig abgeschaltet wird, atmet eine ganze Region auf. Das französische Netzwerk Sortir du nucléaire hat sich engagiert für die Schließung eingesetzt. Seine Sprecherin Charlotte Mijeon hat uns erzählt, wo die Bündnispartner die Gefahren der Anlage Fessenheim und der Atomenergie insgesamt sehen.

Countdown Fessenheim – noch 5 Tage Atomausstieg – und alles ist gut?

Video

Ja, ich möchte Inhalte von YouTube angezeigt bekommen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Jochen Stay von .ausgestrahlt zur Lage des Ausstiegs

"Ihr steigt schon mein ganzes Leben lang aus!" Auf dem Schild des jungen Demo-Teilnehmers zeigt sich das ganze Dilemma: Seit 2000, von der rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder beschlossen, zieht sich der Prozess des Atomausstiegs hin, zwischenzeitlich wurde er zurückgenommen, um dann unter dem Eindruck der Katastrophe von Fukushima wieder in Kraft zu treten. 2022 soll nun der letzte Atomreaktor vom Netz gehen. Doch damit ist noch nicht jede Frage geklärt. Ein kleiner Überblick, wie es um den deutschen Atomausstieg steht.

Die Lage

Nach dem Abschalten von Atomreaktoren in Grafenrheinfeld, Grundremmingen und Philippsburg sind auf deutschem Boden noch sechs Kernkraftwerke am Netz. Bis spätestens 2021 sollen Grohnde, Brokdorf und Grundremmingen C vom Netz, zum Jahresende 2022 müssen Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland stillgelegt sein.

Die Anlagen

Wenn ein Atomkraftwerk vom Netz genommen ist, beginnt die eigentliche Arbeit erst. Die Kolosse aus Stahl und Beton müssen rückgebaut werden. Ein Vorgang, der die Betreiber viel Geld kostet und sich über Jahrzehnte hinziehen kann.

Die Rückstände

Dabei fallen große Mengen radioaktiv kontaminierten Schutts an. Genau wie beim kritischsten Teil des AKWs, der Brennstäbe, weiß man noch nicht, wohin damit. Die Frage nach dem Endlager für Atommüll ist noch ungeklärt. Bis 2031 soll die Kommission einen Lagerort gefunden haben, in dem der strahlende Müll über eine Million Jahre sicher aufbewahrt werden soll. Einstweilen verbleiben die Rückstände in Zwischenlagern – ein Sicherheitsrisiko. Bürgerbeteiligung ist bei der Endlagersuche nicht vorgesehen – zu diesem Thema hier.

Finanzielle Fragen

Offen ist weiterhin, ob das Geld, das im Zwischen- und Endlagerfond ist, für die entstehenden Kosten reichen. Dass auf den Steuerzahler neue Kosten zukommen, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden.

Atomkraft vs. Energiewende

Die Entwicklungen dieses Jahres zeigen, dass die Ausstiegspläne aus Atomkraft und Kohle von der Realität überholt werden. Durch den verringerten Strombedarf in der Corona-Krise konnte erstmals die Hälfte des deutschen Strombedarfs aus regenerativen Energien gedeckt werden. Doch Atomkraft ist wenig flexibel, deswegen mussten zu Zeiten mit hohem Wind- oder Sonnenstromaufkommen die Erneuerbaren abgeriegelt werden, um die Netze stabil zu halten. Die Kernkraftwerke blockieren also kurz gesagt die Netze mit mehr Strom, als benötigt wird.

Countdown Fessenheim – noch 6 Tage Ein Bild und seine Geschichte

Ein Bild und seine Geschichte: Wer in den 80er Jahren im Badisch-Elsässischen aufwuchs, war mit einer starken Anti-Atomkraftbewegung groß geworden. So auch Alexander und Sebastian Sladek, die schon als Kinder ihre engagierten Eltern auf einer Protesttour begleiteten. Heute sind sie im Vorstand der EWS und erinnern sich noch einmal an die Zeit der Tschernobyl- und Fessenheim-Proteste.

Video

Ja, ich möchte Inhalte von YouTube angezeigt bekommen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Eine schrecklich engagierte Familie

Countdown Fessenheim – noch 7 Tage Walter Mossmann – Ballade von Heiteren

Video

Ja, ich möchte Inhalte von YouTube angezeigt bekommen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Walter Mossman – Ballade von Heiteren

Der Freiburger Liedermacher Walter Mossmann (1941-2015) war eine bedeutsame Stimme der Anti-Atombewegung. Als Kommentator und Mahner begleitete er den Badisch-Elsässischen Protest in den 70er Jahren mit eindringlichen und direkten Liedtexten. Die "Ballade von Heiteren" schrieb er über einen gewaltsamen Einsatz im französischen Ort Heiteren, bei welchem ein Rundhaus, das als Versammlungsort der Fessenheim-Protestbewegung diente, von der Polizei niedergebrannt wurde. Das Lied ist ein Zeugnis seiner Zeit, seine Botschaft aber auch 50 Jahre später noch aktuell.

Countdown Fessenheim – noch 8 Tage AKW Fessenheim – eine kleine Chronik

  • Schon in den 60er Jahren überlegt die Électricité de France (EDF), in Fessenheim Atomkraftwerke zu bauen.
  • 1970 starten drei Frauen als «die Wespen von Fessenheim» Informations- und Protestkampagnen.
  • 1971 wird mit dem Bau des Block 1 begonnen. Die Standortwahl auf dem Erdbebengebiet Oberrhein sorgt damals schon für Kritik. Die Kernspaltung beginnt 1977, zum 1.1.1978 geht der Druckwasserreaktor ans Netz.
  • Am 1.2.1972 beginnt der Bau von Block 2, welcher 1.4.1978 den kommerziellen Betrieb aufnimmt.
  • Seit der Planungsphase bildet sich eine aktive Protestbewegung im Dreyeckland, die Aktivisten in Deutschland, Frankreich und der Schweiz zusammenführt.
  • Der erste Protestmarsch wird am 12. April 1971 in Fessenheim abgehalten. Bis zur finalen Stilllegung wird der bürgerliche Protest im Elsass, in Südbaden und der Schweiz dabei bleiben: Nai hämmer gsait!
  • Durch Bauplatzbesetzungen verhindern die Aktivisten 1975 den Bau eines AKW in Wyhl; im französischen Gerstheim und der Bretagne werden 1976/77 weitere Kernkraftwerke verhindert.
  • 1977 wird ein Hochspannungsmast in Heiteren, der den Strom aus Fessenheim weiterleiten sollte, durch Atomkraftgegner besetzt.
  • Der eigentlich geheim gehaltene Katastrophenschutzplan für Fessenheim wird 1977 aus dem Rathaus Lörrach geschmuggelt und veröffentlicht.
Collage verschiedener Plakate
Erinnerungsstücke aus 50 Jahren Protestkultur
Verschiedene Plakate
Der Katastrophenplan, der eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war
Video

Ja, ich möchte Inhalte von YouTube angezeigt bekommen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

ARD-Report über den schweren Zwischenfall von 2014

  • Die erste Panne tritt schon 1979 auf, als Risse im Reaktordruckbehälter entdeckt werden.
  • 1986 erschüttert der Reaktorunfall in Tschernobyl die Welt. Der Super-GAU markiert die Ursprünge einer Anti-Atom-Bürgerinitiative in Schönau, aus der später die Elektrizitätswerke Schönau hervorgehen sollten.
  • Ursprünglich waren auf dem Gelände noch zwei weitere Reaktorblöcke vorgesehen. Das Vorhaben für Block 3 und 4 wird 1991 endgültig aufgegeben.
  • 1997: «Der Atomcountdown läuft» ist das Motto einer großen Demo in Breisach, an der auch viele Schönauer beteiligt sind.
  • Zwischen 1989 und 2020 kommt es insgesamt zu weit über 200 meldepflichtigen Störfällen.
  • Alles im grünen Bereich: Wegen «vorbildlicher» Maßnahmen zum Umweltschutz (Schutz von Flora und Fauna, Mülltrennung) erhält die Reaktoranlage 2003 das Umweltzertifikat nach ISO 14001. Umweltschutzorganisationen kritisieren den durchsichtigen Greenwashing-Versuch.
  • Im Jahrhundertsommer 2003 muss der Reaktor von außen mit Wasser gekühlt werden, um eine Überhitzung und die darauffolgende Abschaltung zu vermeiden. Immer öfter muss das kühlturmlose AKW heruntergefahren werden.
  • Die Nuklearkatastrophe von Fukushima im März 2011 gibt der Anti-Atom-Bewegung weltweit Aufwind. Zu einer Demonstration in Neuenburg kommen 10.000 Teilnehmer.
  • 2012 wird erstmals die Schließung von Fessenheim von der Regierung Hollande angekündigt.
  • 2014 führt eine Überschwemmung in mehreren Kraftwerksbereichen zum kritischen Ausfall des Sicherheitssystems. Durch Zugabe von Bor wird der Reaktor notabgeschaltet, da sich die Brennstäbe nicht mehr steuern ließen. Der Öffentlichkeit wird der Vorfall erst zwei Jahre später durch Recherchen des WDR und der Süddeutschen Zeitung bekannt.
  • Zum 29. Jahrestag von Tschernobyl 2015 verdeutlicht der «Fast-Marathon» von Fessenheim nach Schönau die Strecke und Geschwindigkeit, mit welcher sich eine radioaktive Wolke ausbreiten würde.
  • 2015 wird das französische Atomausstiegsgesetz verkündet, was aber von der EDF kreativ so ausgelegt wird, dass Fessenheim am Netz bleiben muss, bis das neue AKW in Flamanville fertiggestellt sei.
  • 2016: Pfusch an nuklearen Großkomponenten fliegt auf. 21 von 58 französischen Reaktoren werden vorübergehend stillgelegt. Der Skandal um minderwertigen Stahl aus der Areva-Schmiede in Creusot führt am 13. Juni 2016 in Fessenheim zur umgehenden Stilllegung von Block 2. Hier wird in einem Dampferzeuger das problematischste aller Bauteile entdeckt. Nach zehnmaligem Aufschub zwischen dem 31. Juli 2017 und dem 9. April 2018 geht Block 2 wieder ans Netz.
  • Am 22.2.2020 geht Reaktor 1 vom Netz.
  • Reaktor 2 wird am 30.6. abgeschaltet.
  • Der in Fessenheim produzierte Atommüll wird noch ca. eine Million Jahre strahlen.