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Ein Leben für die Solarkraft

Ein Porträt von Sebastian Drescher

Der Erfinder Jürgen Kleinwächter tüftelt seit Jahrzehnten an Solarkraftwerken für den Globalen Süden. Jetzt soll endlich der Durchbruch gelingen.

Es ist nicht ganz leicht, einen Termin mit Jürgen Kleinwächter zu finden. Gerade war er beruflich für einige Tage in Portugal. Nun hat er weitere Geschäftstermine, trifft Geldgeber, schmiedet Pläne mit seinen Technikern. Kleinwächter ist 75 Jahre alt – aber an Ruhestand ist für ihn nicht zu denken.

Besucher empfängt er zuhause in Egisholz, einem kleinen Dorf bei Lörrach im äußersten Südwesten Deutschlands. Kleinwächter lebt mit seiner Frau in einem einfachen Bauernhaus. Im angebauten Wintergarten ist es kühl an diesem Februarmorgen, die Sonne braucht noch etwas Zeit, um den Raum zu erwärmen. Der Gastgeber setzt Kaffee auf und bittet freundlich an den großen Holztisch.

In den nächsten Stunden wird Kleinwächter von seinem Leben erzählen: Es ist die Geschichte eines Tüftlers, für den der wirtschaftliche Erfolg nie an erster Stelle stand. Sie handelt vom Scheitern und Weitermachen. Und von der Frage, wem Technik dienen sollte.

Ich habe viele Fehler gemacht und oft zu spät die richtigen Schlüsse gezogen.

Jürgen Kleinwächter, Erfinder und Solarpionier, Egisholz

Kleinwächter wirkt zupackend und offen. Unter der bunt bestickten Filzmütze blickt man in das Gesicht eines Mannes, der gerne lacht, meist über sich selbst. Dann sagt er Dinge wie: «Ich habe viele Fehler gemacht. Und oft zu spät die richtigen Schlüsse gezogen.» Seine Stimme ist klar und kräftig, manchmal schlägt der südbadische Dialekt durch. Zwischendurch wird er laut, zum Beispiel, wenn es um die wachsende Ungleichheit zwischen dem armen und reichen Teil der Welt geht. Seine Mission, sagt er, sei es immer gewesen, Solartechnik für den Globalen Süden zu entwickeln: «Wir brauchen einfache Lösungen, mit denen Menschen in ärmeren Ländern umweltfreundlich und selbstbestimmt Energie produzieren können. Und dafür eignet sich die Solarenergie besonders gut.»

Ein Schreibtisch mit vielen Papieren drauf vor einer Fensterfront ins Grüne. Am Tisch sitzt Herr Kleinwächter und liest.
Homeoffice: Jürgen Kleinwächter in seinem Wintergarten in Egisholz. Foto: Christina Stohn
Auf der Fensterbank steht ein Parabolspiegel, in dem sich der Himmel spiegelt.
Kleiner Lichtfänger: Modell eines Parabolspiegels, der Sonnenlicht auf einen Punkt konzentriert. Foto: Christina Stohn
Eine Finger zeigt auf ein Schwarz-Weiß-Foto mit einem Parabolspiegel.
Technikgeschichte: Kleinwächter zeigt Bilder und Skizzen seiner Erfindungen. Foto: Christina Stohn

Zum Beweis greift er zu einem kleinen Parabolspiegel, der auf dem Fensterbrett liegt – eine seiner ersten Erfindungen. «Der Spiegel fängt das Sonnenlicht ein und konzentriert es auf einen Punkt. Damit kann man auf einfache Weise hohe Temperaturen erzielen, die sich zum Kochen oder für die Stromproduktion nutzen lassen.» Der Clou daran sei die leichte Spiegelfolie, die sich unter Luftdruck automatisch zu einem Hohlspiegel verforme.

Ein letzter großer Anlauf für den Solarpionier

Der studierte Physiker forscht seit fast 50 Jahren an kreativen Solartechnologien. Er leitete Unternehmen, in denen Dutzende Ingenieure an solarthermischen Anlagen und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen arbeiteten. Unter Fachleuten und in der Presse gilt Kleinwächter als Solarpionier. Aber nur wenige seiner Ideen haben sich bislang durchsetzen können. Mit der Firma «Sun Orbit» in Hettingen auf der Schwäbischen Alb nimmt er nun einen letzten Anlauf. Kleinwächter ist Mitgesellschafter, hält sich aber aus dem Tagesgeschäft raus. Zwei Techniker und ein Ingenieur kümmern sich darum, einer Handvoll Entwicklungen den letzten Schliff zu geben.

Dazu gehört auch eine Anlage, mit der Kleinwächter nun der große Wurf gelingen soll: ein kompaktes Kraftwerk, das die eingefangene Energie der Sonne speichert und zu jeder Tageszeit zum Kochen, Heizen und zur Stromproduktion freisetzen kann. Sein Grundsatz sei immer die Multifunktionalität gewesen, sagt Kleinwächter: «Photovoltaik ist eine tolle Sache. Aber die Solarbranche denkt heute in Monokulturen und vernachlässigt andere Nutzungsoptionen.»

Die Sonnenenergie lässt sich viel umfassender und besser nutzen.

Jürgen Kleinwächter, Erfinder und Solarpionier, Egisholz

Anhand einer Skizze erklärt Kleinwächter, wie die Anlage funktioniert. Die Grundidee: Ein Spiegel konzentriert Sonnenlicht auf eine Stahlkiste, die Magnesiumhydrid enthält – eine Verbindung aus Magnesium und Wasserstoff. Ab 300 Grad Celsius setzt das Magnesium den Wasserstoff frei, der über ein Rohr in eine zweite Kiste drückt und sich dort mit einer Eisen-Titan-Mischung verbindet, einem sogenannten Niedrigtemperaturhydrid. Nachts trennt die Umgebungswärme den Wasserstoff wieder. Der strömt zurück und gibt bei der Reaktion mit dem Magnesium Wärme frei. «Man muss sich das wie ein Pingpongspiel vorstellen, das ganz ohne Steuerung automatisch abläuft», sagt Kleinwächter.

Warmwasser, Kochwärme, Strom – alles aus einer Anlage

Die Hitze des Reaktors soll direkt zum Kochen und für Warmwasser genutzt werden. Um Strom zu erzeugen, will Kleinwächter den Speicher mit einem Stirlingmotor kombinieren, der Wärme in Bewegungsenergie und Strom umwandeln kann. Den Speicher hat er gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut für Kohlenforschung in Mülheim an der Ruhr entwickelt, eine private Firma baut das Gehäuse des Reaktors. Sun Orbit steuert den Spiegel und den Stirlingmotor bei und stellt die Komponenten zusammen.

Ein aus Messing gebautes Modell eines Sterlingmotors.
Stirlingmotor

Stark vereinfacht funktioniert der Stirlingmotor, indem die eine Seite eines Zylinders erhitzt, die andere durch Umgebungstemperatur gekühlt wird. Die Luft dazwischen dehnt sich aus, sobald sie erwärmt wird, und zieht sich beim Abkühlen wieder zusammen. Diese Druckveränderung treibt wiederum einen Arbeitskolben an, der ein Schwungrad in Bewegung setzt.

Die Anlage könne eine zehnköpfige afrikanische Familie rund um die Uhr mit Energie versorgen, schwärmt Kleinwächter. Der Reaktor sei wartungsarm, die Metalle müssten nicht ausgetauscht werden und seien – anders als das Lithium für moderne Batterien – günstig und ohne Umweltschäden zu haben. Auch der Spiegel ist langlebig und dank einer transparenten Hülle gegen Wind und Sand geschützt. Maximal 5.000 Euro soll das Minikraftwerk einmal kosten, finanziert durch Mikrokredite. Geld will er durch die Vergabe von Lizenzen an Unternehmen in den Industrieländern verdienen – wo das Sonnenkraftwerk mit größerem Speicher ebenfalls Anwendung finden könne – und damit den Transfer in den Süden beschleunigen.

Kleinwächter weiß, dass er mit seinem Idealismus bis heute bei vielen aneckt, die eher pragmatisch denken. Aber das kümmert ihn wenig: «Ich habe es oft als Lob empfunden, wenn andere mich als Spinner bezeichnet haben», sagt er.

Wissen bedeutet für mich, Verantwortung zu übernehmen.

Jürgen Kleinwächter, Erfinder und Solarpionier, Egisholz

Diese Überzeugung hat viel mit den Lehren zu tun, die er aus der deutschen Geschichte gezogen hat – und aus der Rolle, die Menschen wie sein Vater Hans Kleinwächter darin gespielt haben. Der träumte als junger Physiker vom Weltraum, ließ sich aber wie so viele von den Nationalsozialisten instrumentalisieren und forschte in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf Usedom an der Entwicklung des «Aggregats 4», der ersten Großrakete mit Flüssigkeitstriebwerk, die ab September 1944 als «Vergeltungswaffe 2» (V2) über 8.000 Menschen, hauptsächlich in London und Antwerpen, den Tod brachte.

Eine Geschichte von Auflehnung und Versöhnung

Jürgen Kleinwächter, 1944 geboren, wuchs in einer Forschungskolonie in der Nähe von Paris auf. Dort arbeitete sein Vater nach Kriegsende mit anderen deutschen Raum- und Luftfahrtspezialisten für das französische Raketenprogramm. Sohn Jürgen schaute fasziniert zu und erlebte auch mit, wie bei den Tests Raketen explodierten. Zugleich hörte er in der französischen Schule von den Verbrechen des Naziregimes und begann zu ahnen, dass auch sein Vater daran nicht unschuldig gewesen sein konnte.

Wie viele junge Menschen in dieser Zeit rebellierte Kleinwächter gegen die Generation seiner Eltern. Zum offenen Streit kam es, als sein Vater Anfang der 1960er-Jahre zeitweise als Raketenbauer für Ägypten tätig wurde – und damit ein Regime unterstützte, das dem Staat Israel mit Vernichtung drohte. Die Familie Kleinwächter war damals zurück nach Deutschland gezogen, Sohn Jürgen besuchte seinen Vater in Ägypten. «Er hat behauptet, es gehe nur um die zivile Raumfahrt. Aber ich habe die hohen Militärs in der Forschungsanlage gesehen und ihm kein Wort geglaubt», erzählt Kleinwächter. Seine Vermutung sollte sich auf drastische Weise bestätigen, als Agenten des israelischen Geheimdiensts Mossad im Jahr 1963 in Lörrach einen Mordversuch auf Hans Kleinwächter verübten. Jürgen Kleinwächter kann sich noch gut erinnern, wie er draußen auf der Straße Schüsse und Schreie hörte und sein Vater unversehrt, aber mit einem Loch im Schal in die Wohnung stürzte.

Ein junger Mann und ein gleich großer Roboter fahren auf Skiern einen Hang hinunter.
In den 1960er-Jahren bastelte der passionierte Skiläufer an einem Roboter. Foto: Archiv Kleinwächter

Während seines Studiums der Physik und Astrophysik in Grenoble lernte Jürgen Kleinwächter französische Wissenschaftler kennen, die ein ganz anderes Technikverständnis offenbarten als die deutschen Raketenbauer. Die Franzosen hatten zuvor in Algerien mit Solartechnik experimentiert und unter anderem große Hohlspiegel entwickelt, die in ihrem Brennpunkt sogar Metalle zum Schmelzen bringen konnten. Kleinwächter war beeindruckt von ihrem Erfindungsreichtum. Vor allem aber überzeugte ihn deren Philosophie, den Menschen in den Mittelpunkt der Forschung zu stellen.

Der junge Physiker fand in der Solarenergie seine Lebensaufgabe, die ihn auch wieder mit seinem Vater zusammenbringen sollte. «Er hat damals in einem Interview gesagt, dass er es nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne, dass so viele Menschen auf der Welt an Hunger sterben, obwohl wir die Mittel haben, das zu vermeiden. Das fand ich gut», sagt Kleinwächter. 1971 gründeten beide gemeinsam eine Forschungsfirma in Lörrach, die der Sohn später übernahm.

Von Erfindungen, Durststrecken und Fehlschlägen

Rund 200 Patente hat er seitdem angemeldet. Kleinwächter erfand eine Schwimmbadheizung mit Kunststoffkollektoren, die sich gut verkaufte. Gemeinsam mit seinem Vater entwickelte er Spiegelsysteme, die unter anderem zur Tageslichtbeleuchtung in der BMW-Zentrale in München und am Flughafen in Manchester verbaut wurden. Prestigeprojekte, die Geld brachten, aber Kleinwächter nicht zufriedenstellten.

Leider hat mich das Kaufmännische nie genug interessiert.

Jürgen Kleinwächter, Erfinder und Solarpionier, Egisholz

Denn vor allem seine Entwicklungen, die Menschen in ärmeren Ländern helfen sollten, nahmen nicht richtig Fahrt auf. Obwohl er viele Forschungsgelder einwerben konnte, scheiterte er immer wieder daran, die Produkte tatsächlich auf den Markt zu bringen. Er habe zu viel gewollt, meint Kleinwächter rückblickend. Statt sich auf einzelne Komponenten zu konzentrieren, kam er immer wieder mit neuen Ideen an. «Die ganze Technik ist auch eine Spielwiese, und es ist schön, neue Dinge zu erfinden», sagt er. «Leider hat mich das Kaufmännische nie genug interessiert. Ich war oft naiv und habe mich als wissenschaftlicher Leiter auf die zuständigen Kaufleute verlassen.»

Gleich drei Mal musste Kleinwächter mit seinen Firmen Konkurs anmelden, weil ihn große Investoren fallen ließen oder diese selbst pleitegingen. Sein idealistischer Ansatz war nur schwer mit der marktwirtschaftlichen Logik in Einklang zu bringen. Er benötigte viel Geld, um teure Tests und Entwicklungen zu finanzieren. Zugleich versuchte er als überzeugter Anhänger der «Open-Source-Hardware-Bewegung», seine Technologie so zu entwerfen, dass sie möglichst einfach nachgebaut werden kann.

Neben einem ca 3 Meter im Durchmesser großen Parabolspiegel stehen interessierte Männer.
«ISES Solar World Congress» 1987 in Hamburg: Jürgen Kleinwächter (zweiter von links) und sein Vater Hans Kleinwächter (zweiter von rechts) stellen einen Spiegel vor, der Sonnenlicht auf eine russische Galliumarsenid-Solarzelle konzentriert. Foto: Archiv Kleinwächter
Drei Fotos auf denen verschiedene größere und kleinere Parabolspiegel zu sehen sind.
1978 arbeitete die Firma der Kleinwächters an Parabolspiegeln, die Sonnenlicht auf eine Brennlinie konzentrieren. Das Bild in der Mitte zeigt eine Anlage mit Empfängerrohr – Vorgänger der Anlagen, die heute zur Gewinnung von Prozesswärme genutzt werden. Foto: Archiv Kleinwächter
Drei Herren in Anzügen und jeweils mit einem Bierglas in der Hand, stehen nebeneinander.
Pioniere unter sich: Jürgen Kleinwächter (links) 1987 mit dem schwedischen Ingenieur Stig Carlqvist, der an der Weiterentwicklung des Stirlingmotors forschte, und dem SPD-Politiker und Solarvordenker Hermann Scheer (rechts). Foto: Archiv Kleinwächter
Zwei Fotos mit einem einer zweisitzigen Kutsche ähnelnden Fahrzeug, das auch einen Fahrradantrieb hat.
Schon früh mobil: Ende der 1970er-Jahre entwickelte Kleinwächters Team eines der ersten Solarmobile Europas. Der Membranspiegel im Hintergrund war Teil eines solarthermischen Kraftwerks auf dem Testfeld in Lörrach. Foto: Archiv Kleinwächter

Solarenergie: auch eine soziale und kulturelle Frage

Inzwischen arbeitet Kleinwächter vor allem mit gemeinnützigen Initiativen und lokalen Partnern zusammen. In Indien installierte er solarbetriebene Wasserpumpen. In Tamera, einem Ökodorf in Portugal, baute er ein Gewächshaus auf, das nebenbei zur Energiegewinnung genutzt wird. Bis heute sind das nur einzelne Pilotprojekte – aber Kleinwächter hofft, dass sie Nachahmer finden. Auf seinen Reisen habe er viel darüber gelernt, wie wichtig es sei, soziale und kulturelle Gewohnheiten bei der Einführung neuer Technik zu berücksichtigen, sagt Kleinwächter. «Die einfachen Solarkocher konnten sich in Ländern des Globalen Südens nie richtig durchsetzen, weil die Menschen eben auch nachts kochen wollen.»

Man kann Kleinwächters Geschichte als eine lange Reihe von Fehlschlägen lesen. Vielleicht aber war er einfach nur seiner Zeit voraus. Die Technikgeschichte ist reich an Ideen, die anfangs unterschätzt wurden oder sich erst nach Jahrzehnten durchsetzen konnten. Auch die Erfindung der Glühbirne hielt manch ein Gelehrter zunächst für einen Irrweg. Und nachdem Ferdinand Porsche bereits 1902 mit dem Hybridwagen Lohner-Porsche ein Autorennen gewann, sollte es noch rund 100 Jahre dauern, bis die Technologie endlich Verbreitung fand.

Lizenznehmer anstelle großer Konzerne als Partner

Kleinwächter jedenfalls ist überzeugt, dass die Zeit reif ist für sein Sonnenkraftwerk. Auch weil er mit dem Stirlingmotor, einer wesentlichen Komponente der Anlage, nach Jahrzehnten der Forschung entscheidende Fortschritte gemacht hat. Die Wärmekraftmaschine, die der schottische Pfarrer Robert Stirling Anfang des 19. Jahrhunderts erfunden hatte, fristete lange Zeit ein Schattendasein, weil grundsätzlich hohe Temperaturen von über 500 Grad Celsius nötig waren, um den Motor anzutreiben. Kleinwächter investierte in die Weiterentwicklung, verbesserte die Dichtungen des Motors und baute eine leistungsfähige Membran im Zylinder ein, die den Druck überträgt. Heute laufe seine Maschine mit 70 bis 180 Grad Celsius, die problemlos mit Sonnenlicht erreichbar seien.

Ein erstes Modell des Niedrigtemperaturmotors, der «Sunpulse Plus», stehe kurz vor der Markteinführung, erzählt Kleinwächter stolz. Bei der Verbreitung setzt er heute nicht mehr auf große Konzerne, sondern auf Lizenznehmer in verschiedenen Ländern. Eine Firma in Mexiko wolle im Sommer die Produktion aufnehmen, auch in Indien gebe es schon einen Interessenten.

Links und rechts eines großen schwarzen Maschinenrades stehen zwei Männer und lächeln.
Olivier Paccoud, Ingenieur für Elektrotechnik, mit Jürgen Kleinwächter in den Firmenräumen von «Sun Orbit» in Hettingen. Beide arbeiten seit vielen Jahren zusammen. Foto: Christina Stohn
Eine Reihe orange farbener Maschinen in einer kleinen Fabrikationshalle, mit Blick auf einen winterlichen Wald.
Kurz vor der Marktreife: Kleinwächters Stirlingmotor «Sunpulse Plus» wandelt Wärme in Bewegungsenergie und Strom um. Firmen in Mexiko und Indien wollen den Motor künftig in Serie bauen. Foto: Christina Stohn
Dieselbe Maschine hat hinter dem Rad einen orangenen konisch zulaufenden Korpus.
Der etwas leistungsstärkere Stirlingmotor «Sunpulse 500» ist für für die Nutzung in Deutschland gedacht – etwa, um in Eigenheimen mit der Wärme einer Pelletheizung Strom zu produzieren. Foto: Christina Stohn

Einen ersten Prototyp des Sonnenkraftwerks will Kleinwächter im Herbst vorstellen. Als Ort hat er dafür das «Arava Institute for Environmental Studies» in Israel ausgewählt. In dem Forschungs-Kibbuz in der Wüste Negev beschäftigen sich Israelis und Palästinenser gemeinsam mit ökologischer Landwirtschaft, Bewässerungssystemen und Solarenergie. Seine Erfindung, so Kleinwächters Hoffnung, soll auch einen Beitrag zum Frieden im Nahen Osten leisten.

Falls das Sonnenkraftwerk und der Stirlingmotor eines Tages tatsächlich in Serie gehen und Abnehmer finden, hätte Kleinwächter damit eine Revolution in der Solartechnik angestoßen. Allein für die Aussicht darauf hat sich sein unermüdlicher Einsatz gelohnt. In jedem Fall aber hat der empathische Querdenker neue Wege in der Solarforschung geebnet, die andere weitergehen können. Die Energie der Sonne, das ist Kleinwächters Botschaft, können und müssen wir noch weitaus besser nutzen, als wir es heute tun.

In der Zwischenzeit hat die Sonne auch in Egisholz ganze Arbeit geleistet. Es ist angenehm warm geworden in Kleinwächters Wintergarten, längst ist die Mittagszeit verstrichen. Zum Abschied führt uns der Gastgeber durch seinen mit alten Obstbäumen bestandenen Garten, der einen weiten Blick auf die Ausläufer des Schwarzwalds eröffnet. Kleinwächter ist gerne dort oben in den Wäldern unterwegs – weit weg von seiner geliebten Technik. Denn die Natur, so meint er, sei der wahre Lehrmeister der Solarenergie: Wir müssten ihr nur besser zuhören.

 

Ein netter älterer Mann mit einer bestickten Kappe
Jürgen Kleinwächter

wurde 1944 in Dresden geboren. Er wuchs in Frankreich auf und studierte Physik und Astrophysik in Grenoble. Ab 1971 forschte er mit verschiedenen Firmen an der Entwicklung von Solaranlagen. Er ist Mitbegründer der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien «EUROSOLAR» und war unter anderem als technischer Berater für die UNESCO tätig. Kleinwächter ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt im südbadischen Egisholz nahe Lörrach.

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31. März 2020 | Energiewende-Magazin