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Landwirt und Bodenretter

Ein Bericht von Petra Völzing

Josef Braun nutzt Erkenntnisse aus der Wissenschaft und indianische Weisheiten, um auf innovative Weise Landwirtschaft tierfreundlich, boden- und klimaschonend zu gestalten.

Was Josef Braun zu sagen hat, passt gut in die evangelische Kirche Schönau, denn mit dem sogenannten Schöpfungsfenster – einer Photovoltaikanlage, die seit bald 20 Jahren das Kirchendach ziert – setzten die Schönauer Stromrebellen schon früh ein viel beachtetes Zeichen für eine neue, saubere Energiezukunft. Der Landwirt aus dem oberbayrischen Freising arbeitet seinerseits an einer zukunftsfähigen Landwirtschaft. Der grundlegende Antrieb für den gläubigen Katholiken ist die Verantwortung für den Erhalt der Schöpfung.

Angefangen hat er in den 1970er-Jahren als konventioneller Landwirt, und genau wie bei den Gründern der EWS kam der entscheidende Anstoß, etwas zu verändern, durch die Katastrophe von Tschernobyl, 1986. Josef Braun wollte nun stärker im Einklang mit der Natur wirtschaften und stellte seinen Betrieb 1988 auf Bioland um. Seitdem hat er auf seinem Hof mit konsequent ganzheitlichem Denken, Innovationsgeist und Kreativität sehr viel vorangebracht. Dafür kombiniert er seine eigenen Erfahrungen mit Erkenntnissen aus der Wissenschaft und dem Erfahrungsschatz alter Kulturen, die noch sehr intensiv mit der Natur leben.

Die Lebendigkeit der Böden wiederherstellen

Sein Hof, den er mit seiner Frau Irene betreibt, umfasst 54 Hektar Land. Die Familie hält Kühe, Schweine und seit Neuestem auch Hühner. Auf ihrem Hof gibt es eine Käserei. Seine Produkte, darunter Getreide, Fleisch, Käse und Honig, verkauft er direkt in seinem Hofladen. Tochter Johanna nutzt einen ausgebauten Stall für kulturelle und gastronomische Angebote. Bei seiner Arbeit als Landwirt schenkt Josef Braun nahezu jedem Aspekt seine besondere Aufmerksamkeit. Vor allem mit dem Boden verbindet ihn sehr viel, und sein Ziel ist es, dessen Lebendigkeit wiederherzustellen und zu erhalten. Er verweist dabei auf die Bedeutung der Mikroorganismen und der Regenwürmer.

Die Monokulturen haben die Böden zerstört.

Josef Braun, Biobauer

Durch die schweren Maschinen wird der Boden verdichtet, es gibt immer weniger Regenwürmer, die den Boden lockern und aufwerten. Die Folge ist, dass die Böden nicht mehr genug Wasser aufnehmen können, um das Grundwasser aufzufüllen. Und bei Starkregen fließt es über die Oberfläche ab und trägt zu den verheerenden Hochwassern bei, die auch in Deutschland immer häufiger auftreten. Insgesamt ist das natürliche Gleichgewicht nachhaltig gestört. Auch über dem Boden leidet die Artenvielfalt der Tiere durch die Monokulturen immens. Um den Boden locker und saugfähig zu erhalten, verwendet Josef Braun seit vielen Jahren nur leichtes Ackergerät. Auf einen Pflug verzichtet er weitgehend, weil sein Boden sich durch die natürliche Lebendigkeit selbst lockert.

Außerdem setzt Braun bei der Bewirtschaftung auf vernetzte Systeme: «Wir müssen die Trennung zwischen Garten, Forst und Ackerland konsequent überdenken und Mischsysteme anlegen», sagt der Biobauer. Von Christian Ammer, Professor für Waldbau und Waldökologie an der Georg-August-Universität Göttingen, weiß er: Mischwald hat die doppelte Photosyntheseleistung wie etwa Mais. Deshalb setzt Josef Braun auf Agroforst und pflanzt auf seinen Äckern auch Streifen von schnell wachsenden Bäumen, wie zum Beispiel Pappeln. «Die energiereichen Produkte der Photosynthese gehen auch direkt in den Boden, Humus wird schneller aufgebaut und mehr CO2 im Boden gespeichert.»

Erfolgreich mit durchdachter Kreislaufwirtschaft

Josef Braun steht hinter der Kanzel in der Kirche.
Foto: Albert Schmidt

Josef Braun hat auf seinem Hof eine bis ins Detail durchdachte nachhaltige Kreislaufwirtschaft aufgebaut. Seine Bäume verarbeitet er zu Hackschnitzeln und mit dem aus diesem Rohstoff produzierten Holzgas betreibt er ein Blockheizkraftwerk. Die so produzierte Wärme nutzt der findige Landwirt, um Heu für seine Kühe zu trocknen, den Strom verwendet er soweit möglich selbst. Auf dem Dach hat er zudem eine Indach-Photovoltaikanlage installiert. Die darunter entstehende Wärme saugt er ab und nutzt sie zusätzlich für die Heutrocknung. «Durch die Kühlung der PV-Module von unten kann ich darüber hinaus deren elektrische Leistung um bis zu zehn Prozent erhöhen», erklärt er.

Auch die im Vergaser entstandene Holzkohle wird sinnvoll genutzt: Zusammen mit Mist dient sie dazu, die Böden schneller fruchtbar zu machen, denn mit ihrer großen Oberfläche bindet die Kohle Nährstoffe und auch CO2 sehr gut. Josef Braun betrachtet die Nutzung der Pflanzenkohle allerdings nicht als Wundermittel: «Sie ist nur ein kleiner Baustein in diesem System.»

Mit der Haltung seiner Kühe hat er sich eingehend unter Nachhaltigkeits- und Klimaschutzaspekten beschäftigt. Kühe gelten als Klimakiller, weil sie mit ihrem Verdauungsapparat das Klimagas Methan produzieren. Er hat Wege gefunden, wie dieser Methanausstoß stark verringert werden kann. Seine Kühe ernährt er ausschließlich mit Heu von einer artenreichen Kräuterweide. Dank der Wirkstoffe in den Pflanzen, zum Beispiel der in Kümmel enthaltenen Tannine, würde die Methangasbildung um bis zu 50 Prozent verringert. Josef Braun hält zudem nur wenige Tiere, und die dürfen auch ein weit höheres Lebensalter erreichen als die deutsche Durchschnittsmilchkuh. Natürlich sei auch die Milch dieser Kühe besser. Sie würde zum Beispiel einen höheren Anteil ungesättigter Fettsäuren als konventionell erzeugte Milch enthalten.

Wissenschaftliche Fakten und indianische Weisheiten

Josef Braun betrachtet die Natur ganzheitlich. Er nutzt wissenschaftliche Erkenntnisse, hat aber auch viel von den Indianern gelernt. Deren Kultur sei in hohem Maße erdverbunden. Dort lege man beispielsweise Erde auf Wunden, weil sie in gesundem, lebendigem Zustand auch Heilkräfte besitze. Seine regional verwurzelte Arbeit sieht er durchaus in einem globalen Kontext. Er kritisiert die weltweite Zerstörung kleinbäuerlicher Strukturen durch die aggressive Exportpolitik der globalisierten Welt und betont, dass die Ernährung der Menschen weltweit sichergestellt wäre, wenn überall wieder ganzheitliche, naturnahe Wirtschaftsweisen etabliert werden würden.

Josef Braun wirbt deshalb aus seiner regionalen Arbeit heraus für eine globale Vernetzung: «Wir müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen für unsere Mitmenschen und für die Natur», sagt er, und seine Zuversicht und Tatkraft wirken ermutigend auf die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer unter dem Schönauer Schöpfungsfenster.

 

Josef Braun lehnt an einem Baum.

Josef Braun hat nach einer konventionellen Ausbildung zum Landwirt 1983 den Hof seiner Eltern übernommen. Diesen bewirtschaftet er gemeinsam mit seiner Frau und einer seiner vier Töchter. 1988 stellte er den Betrieb gemäß der Bioland-Richtlinien um. Der Hof umfasst 54 Hektar landwirtschaftliche Fläche. Josef Braun hält 22 Kühe, 400 Hühner und sechs Mastschweine. Er betreibt auf seinem Hof eine Käserei. Im Hofladen verkauft die Familie Getreide, Käse, Milch, Honig, Fleisch und Wurst aus eigener Produktion.

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25. Juli 2018 | Energiewende-Magazin