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Der Klimaherd wirkt

Georg Amshoff von «greenap» im Gespräch mit Petra Völzing

Bei der EWS-Weihnachtsaktion 2017 für gesundheits- und klimaschonende Herde In Indien kamen 80.000 Euro zusammen. Nun kann das Projekt ausgeweitet werden.

Manchmal sind es die ganz einfachen Ideen, die eine große Wirkung entfalten. Die Hälfte der Menschheit kocht bis heute auf offenem Feuer. Kleine, gezielte Änderungen an den einfachen Kochstellen können bewirken, dass weniger gesundheitsschädlicher Rauch und Ruß entstehen – und gleichzeitig deutlich weniger CO2.

Georg Amshoff setzt sich mit seinem Verein «green energy against poverty» (greenap) für Entwicklungsmaßnahmen ein, die die Lebensqualität verbessern und gleichzeitig das Klima schonen. Im Gespräch erzählt er, was er mit dem Geld aus der EWS-Weihnachtsaktion vorhat, und berichtet von der Herdbauerin Savita Sardar.

 

Eine indische Familie kocht in einem Haus an einer offenen Feuerstelle
Das Ziel der der Aktion «Klimaherde»: effizientere Kochstellen, die die Lebensqualität verbessern und dem Klima helfen. Foto: Allison Joyce

 

Herr Amshoff, im vergangenen Jahr haben Sie gemeinsam mit Ihren indischen Partnerorganisationen begonnen, Bewohner des Gangesdeltas zu Herdbauern auszubilden. Wie sieht es heute auf der Insel Manmathnagar aus?

Das Projekt läuft weiterhin sehr gut. Auf der Insel gibt es eine Menge Aktivitäten, und die Mehrzahl der ausgebildeten Herdbauer ist weiter dabei, alte Kochstellen durch die neuen Herde zu ersetzen, die ja viel weniger Rauch produzieren und zudem erheblich weniger Brennmaterial verbrauchen. Aber natürlich geht es, wie so häufig, auch hier nicht so schnell, wie wir uns das wünschen würden. Es sind noch eine Menge Herde zu bauen, und auch in der Umsetzung hapert es manchmal.

Woran liegt das?

Die alten Herde funktionieren ja – warum sollen sie dann Geld für effizientere Herde ausgeben, fragen sich die Menschen. Und Qualm hat schon immer zum Kochen gehört. Haben nicht auch schon Großmütter und Urgroßmütter so gekocht? Deshalb muss einiges an Überzeugungsarbeit geleistet werden. Und die Menschen müssen erfahren können, dass die neuen Herde viel besser sind und dauerhafte Vorteile bringen, die die Investition lohnen. Außerdem wollen wir mit den Herdbauern einen neuen Wirtschaftszweig etablieren, das geht – wie überall auf der Welt – nicht von heute auf morgen. Weil viele sehr arme Familien sich den neuen Herd nicht leisten können, denken wir auch über neue Finanzierungsmodelle mit Ratenzahlung nach.

Ein Mann im rosa Hemd steht auf einem Dorfplatz
Chefausbilder Ravindra Deshmukh von «Samuchit» Foto: Allison Joyce

Was unternehmen Sie aktuell?

Im Frühjahr wird Ravindra Deshmukh von der Organisation Samuchit, der die Herdbauer ausgebildet hat, erneut auf die Insel kommen und schauen, an welchen Stellen noch technische Verbesserungen möglich sind. Er wird überprüfen, ob die bereits gebauten Lehmherde fachgerecht getrocknet und eingebaut wurden, und wird die Herdbauer, wo nötig, weiter schulen. Auch unsere Partner vom Kolkata Mary Ward Social Centre (KMWSC) sind weiterhin vor Ort aktiv. Es ist wichtig, die frisch geschulten Herdbauer weiterhin zu begleiten und ihnen Hilfestellungen zu geben, damit sie sich mit ihrem neuen Beruf etablieren können.

Was wird vor Ort unternommen, um die Menschen auf die neuen Herde aufmerksam zu machen?

Es gibt ganz unterschiedliche Werbemaßnahmen. Unsere Partner haben zum Beispiel an der Anlegestelle für die kleinen Fährboote und an Schulen große Banner aufgehängt: mit Bildern von den neuen Herden und von der Herdbauerschulung und – ganz wichtig – mit den Handynummern der Herdbauer, damit die Leute Kontakt aufnehmen können. Sehr erfolgreich war auch ein Gesundheitscamp. Solche Camps werden von vielen NGOs organisiert. Dort behandeln Ärzte die mittellose Menschen kostenfrei.

Geht es da auch um gesundheitliche Aufklärung?

Ja, bei diesem Gesundheitscamp ging es schwerpunktmäßig um Atemwegserkrankungen, die bei den Ärmsten sehr häufig vorkommen, eben wegen der qualmenden Herde. Die Herdbauer hatten auf dem Camp die Gelegenheit, ihre Herdmodelle einer Öffentlichkeit vorzustellen. Während die Menschen auf die Behandlung warteten, konnten sie sich über die Vorteile der effizienten Herde informieren, sie begutachten und ausprobieren. Die Gesundheitscamps sind immer sehr gut besucht, das war natürlich eine tolle Gelegenheit.

 

Zwei indische Frauen in roten Saris bauen gemeinsam einen Lehmherd
Savita Sardar gemeinsam mit einer Workshop-Teilnehmerin beim Bau eines Klimaherdes Foto: Allison Joyce

 

Wie geht es der Herdbauerin Savita Sardar, die wir in unserem ersten Projektbericht vorgestellt haben?

Savita ist weiterhin eine treibende Kraft des Projektes und wirbt ebenfalls aktiv für die neuen Herde. Gerade war Weltfrauentag. Da gibt es in Indien traditionell viele Veranstaltungen.  Da wird auf die schwierige Lage der Frauen hingewiesen, und diese Veranstaltungen sind auch eine Anerkennung der Leistungen von Frauen. Unsere Partnerorganisation hat einen Empfang für Frauen organisiert, und die Veranstaltung richtig groß aufgezogen mit Bühne und großen Lautsprechern. Die Inder lieben es laut. Während des Programms bekam Savita die Gelegenheit, die neuen Herde einem großen weiblichen Publikum zu präsentieren, und die Frauen sind ja am nächsten dran an dieser Thematik. Das war für Savita natürlich etwas ganz Besonderes und sicher auch aufregend, denn sie war bis dahin nie auf einer Bühne gestanden.

Gibt es konkrete Pläne, wie Sie die 80.000 Euro aus der EWS-Weihnachtsaktion einsetzen werden?

Sowohl für die Menschen als auch für das Klima ist natürlich eine weite Verbreitung von effizienten Herden sehr wichtig. Wir haben daher gerade beschlossen, ein weiteres Herdprojekt zu unterstützen. Diesmal bei den Adivasi, einer indigenen Bevölkerungsgruppe an der Südostküste Indiens. Auch hier wird Samuchit genau ermitteln, welche Anforderungen diese Menschen an ihre Kochstellen haben. Dabei geht es auch um zur Verfügung stehendes Brennmaterial, um verwendetes Geschirr und um Koch- und Essgewohnheiten.

Unser Ziel ist es, sicherstellen, dass die Menschen genau den Herd bekommen, der für sie wirklich passt. Denn nur so ist gewährleistet, dass sie diesen auch dauerhaft nutzen. Für diese wichtige Arbeit im Projektprozess, also für die Analyse der konkreten Bedürfnisse vor Ort und für Effizienztests der in Frage kommenden Herdmodelle, wollen wir auch das Geld von der Weihnachtsaktion nutzen. Dieses Projekt soll in den nächsten Wochen beginnen. 

 

Mann mit grauem Bart und wenig Haaren und langhaarige Frau mit Brille blicken in die Kamera

Die Hilfsorganisation «green energy against poverty e.V.» mit Sitz in Bonn wurde von Georg Amshoff und Sabine te Heesen gegründet und will mithilfe von Erneuerbaren Energien die Armut in Ländern des Globalen Südens bekämpfen und gleichzeitig gegen den Klimawandel angehen. So werden Entwicklungsprojekte für die Ärmsten im umfassenden Sinn nachhaltig und sozial.

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27. März 2018 | Energiewende-Magazin